Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779.der ältesten und neuern Schriftsteller. keit mit ihnen für das höchste Verdienst einesWerks an. Durch die Veränderungen hingegen, welche unterdessen in Sprache und Religion und Wissenschaften und sogar Aberglauben vorgegan- gen waren, wurde diese Nachahmung zum Theil unmöglich. Man konnte nicht mehr völlig sich in den Gesichtspunkt setzen, aus dem die Alten die Dinge angesehen hatten, oder man kam immer von Zeit zu Zeit wieder zu dem seinigen zurück. So vermischten sich die Farben des Antiken und des Modernen; Begriffe, die ihre Gegenstände nur in jener Zeit hatten, mit einer Ausführung derselben, die nur auf die unsrige paßte. Und diese Nachahmung mußte nothwendig M 5
der aͤlteſten und neuern Schriftſteller. keit mit ihnen fuͤr das hoͤchſte Verdienſt einesWerks an. Durch die Veraͤnderungen hingegen, welche unterdeſſen in Sprache und Religion und Wiſſenſchaften und ſogar Aberglauben vorgegan- gen waren, wurde dieſe Nachahmung zum Theil unmoͤglich. Man konnte nicht mehr voͤllig ſich in den Geſichtspunkt ſetzen, aus dem die Alten die Dinge angeſehen hatten, oder man kam immer von Zeit zu Zeit wieder zu dem ſeinigen zuruͤck. So vermiſchten ſich die Farben des Antiken und des Modernen; Begriffe, die ihre Gegenſtaͤnde nur in jener Zeit hatten, mit einer Ausfuͤhrung derſelben, die nur auf die unſrige paßte. Und dieſe Nachahmung mußte nothwendig M 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0191" n="185"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">der aͤlteſten und neuern Schriftſteller.</hi></fw><lb/> keit mit ihnen fuͤr das hoͤchſte Verdienſt eines<lb/> Werks an. Durch die Veraͤnderungen hingegen,<lb/> welche unterdeſſen in Sprache und Religion und<lb/> Wiſſenſchaften und ſogar Aberglauben vorgegan-<lb/> gen waren, wurde dieſe Nachahmung zum Theil<lb/> unmoͤglich. Man konnte nicht mehr voͤllig ſich<lb/> in den Geſichtspunkt ſetzen, aus dem die Alten die<lb/> Dinge angeſehen hatten, oder man kam immer<lb/> von Zeit zu Zeit wieder zu dem ſeinigen zuruͤck.<lb/> So vermiſchten ſich die Farben des Antiken und<lb/> des Modernen; Begriffe, die ihre Gegenſtaͤnde<lb/> nur in jener Zeit hatten, mit einer Ausfuͤhrung<lb/> derſelben, die nur auf die unſrige paßte.</p><lb/> <p>Und dieſe Nachahmung mußte nothwendig<lb/> mehr auf den aͤußern Bau, auf die Wahl der Ver-<lb/> zierungen, auf die Form des Werks gehen, als<lb/> auf das innere Weſen deſſelben. Man uͤberlie-<lb/> fert uns die Alten als Muſter der Vortrefflichkeit,<lb/> die das Zeugniß aller Jahrhunderte fuͤr ſich ha-<lb/> ben. Aber dieſe Vortrefflichkeit nehmen wir an-<lb/> fangs nur auf Treu und Glauben an, und weit<lb/> eher, als wir ſie durch uns ſelbſt in ihren Werken<lb/> <fw place="bottom" type="sig">M 5</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [185/0191]
der aͤlteſten und neuern Schriftſteller.
keit mit ihnen fuͤr das hoͤchſte Verdienſt eines
Werks an. Durch die Veraͤnderungen hingegen,
welche unterdeſſen in Sprache und Religion und
Wiſſenſchaften und ſogar Aberglauben vorgegan-
gen waren, wurde dieſe Nachahmung zum Theil
unmoͤglich. Man konnte nicht mehr voͤllig ſich
in den Geſichtspunkt ſetzen, aus dem die Alten die
Dinge angeſehen hatten, oder man kam immer
von Zeit zu Zeit wieder zu dem ſeinigen zuruͤck.
So vermiſchten ſich die Farben des Antiken und
des Modernen; Begriffe, die ihre Gegenſtaͤnde
nur in jener Zeit hatten, mit einer Ausfuͤhrung
derſelben, die nur auf die unſrige paßte.
Und dieſe Nachahmung mußte nothwendig
mehr auf den aͤußern Bau, auf die Wahl der Ver-
zierungen, auf die Form des Werks gehen, als
auf das innere Weſen deſſelben. Man uͤberlie-
fert uns die Alten als Muſter der Vortrefflichkeit,
die das Zeugniß aller Jahrhunderte fuͤr ſich ha-
ben. Aber dieſe Vortrefflichkeit nehmen wir an-
fangs nur auf Treu und Glauben an, und weit
eher, als wir ſie durch uns ſelbſt in ihren Werken
M 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |