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Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779.

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der ältesten und neuern Schriftsteller.
schen messen; und dieß also sezt endlich die vor-
her schwankende und oft niedergerißne Gränze
zwischen Leuten von Stande und gemeinen Leuten
fest, und hebt alle Möglichkeit zur Wiedervereini-
gung auf. Beyläufig zu sagen: die Begriffe und
die Gesinnungen des gemeinen Mannes sind bey
weitem nicht so sehr von der feinern Welt ihren
unterschieden, als die Verschiedenheit des Aus-
drucks vermuthen läßt. Es gehört aber, auch
selbst für den denkenden Mann, etwas dazu, seine
eignen Vorstellungen unter einer niedrigen ihm
ungewöhnlichen Bezeichnung wieder zu erkennen.
Was gesunder Verstand, natürlicher Scharfsinn,
und Witz durch Erfahrung gebildet geben kann,
das hat der geringere Theil des menschlichen Ge-
schlechts mit dem größern gemein, und oft in ei-
nem höhern Grade. Aber die Gewohnheit macht,
daß wir dieß alles nicht mehr für das halten, was
es ist, wenn es uns nicht unter der Gestalt, auf
die Art gewendet, mit den Worten gesagt vor-
kömmt, wie wir es zu denken gewohnt sind. Die
Vernunft muß ein mehr didaktisches Ansehen kri[e]-

der aͤlteſten und neuern Schriftſteller.
ſchen meſſen; und dieß alſo ſezt endlich die vor-
her ſchwankende und oft niedergerißne Graͤnze
zwiſchen Leuten von Stande und gemeinen Leuten
feſt, und hebt alle Moͤglichkeit zur Wiedervereini-
gung auf. Beylaͤufig zu ſagen: die Begriffe und
die Geſinnungen des gemeinen Mannes ſind bey
weitem nicht ſo ſehr von der feinern Welt ihren
unterſchieden, als die Verſchiedenheit des Aus-
drucks vermuthen laͤßt. Es gehoͤrt aber, auch
ſelbſt fuͤr den denkenden Mann, etwas dazu, ſeine
eignen Vorſtellungen unter einer niedrigen ihm
ungewoͤhnlichen Bezeichnung wieder zu erkennen.
Was geſunder Verſtand, natuͤrlicher Scharfſinn,
und Witz durch Erfahrung gebildet geben kann,
das hat der geringere Theil des menſchlichen Ge-
ſchlechts mit dem groͤßern gemein, und oft in ei-
nem hoͤhern Grade. Aber die Gewohnheit macht,
daß wir dieß alles nicht mehr fuͤr das halten, was
es iſt, wenn es uns nicht unter der Geſtalt, auf
die Art gewendet, mit den Worten geſagt vor-
koͤmmt, wie wir es zu denken gewohnt ſind. Die
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[127/0133] der aͤlteſten und neuern Schriftſteller. ſchen meſſen; und dieß alſo ſezt endlich die vor- her ſchwankende und oft niedergerißne Graͤnze zwiſchen Leuten von Stande und gemeinen Leuten feſt, und hebt alle Moͤglichkeit zur Wiedervereini- gung auf. Beylaͤufig zu ſagen: die Begriffe und die Geſinnungen des gemeinen Mannes ſind bey weitem nicht ſo ſehr von der feinern Welt ihren unterſchieden, als die Verſchiedenheit des Aus- drucks vermuthen laͤßt. Es gehoͤrt aber, auch ſelbſt fuͤr den denkenden Mann, etwas dazu, ſeine eignen Vorſtellungen unter einer niedrigen ihm ungewoͤhnlichen Bezeichnung wieder zu erkennen. Was geſunder Verſtand, natuͤrlicher Scharfſinn, und Witz durch Erfahrung gebildet geben kann, das hat der geringere Theil des menſchlichen Ge- ſchlechts mit dem groͤßern gemein, und oft in ei- nem hoͤhern Grade. Aber die Gewohnheit macht, daß wir dieß alles nicht mehr fuͤr das halten, was es iſt, wenn es uns nicht unter der Geſtalt, auf die Art gewendet, mit den Worten geſagt vor- koͤmmt, wie wir es zu denken gewohnt ſind. Die Vernunft muß ein mehr didaktiſches Anſehen krie-

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Zitationshilfe: Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/133>, abgerufen am 23.11.2024.