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Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889.

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weisen die einstige Wichtigkeit und ausgedehnte Verwendung des Krapps. Heute
ist der Krapp ein Färbematerial von fast historischem Wert und seine Ver-
wendung auf ein Minimum zurückgegangen. Seit Graebe und Lieber-
mann
1868 das künstliche Alizarin entdeckt und den Nachweis ge-
liefert haben, daß das synthetisch gewonnene Alizarin die gleichen Färbungen
von Türkischrot gebe, wie der Krapp, und nachdem schließlich die Identität
dieses Alizarins (aus Dibrom-Anthrachinon) mit dem bereits 1826 von
Robiquet & Colin aus Krapp hergestellten Alizarin festgestellt war, ging
der Krapp-Verbrauch und infolgedessen der Krapp-Anbau von Jahr zu Jahr
zurück und ist heute kaum noch nennenswert. Es ist auch füglich zu be-
zweifeln, ob heute noch ein Färber Türkischrot mit Krapp färbt, denn das
Färben mit künstlichem Alizarin gibt feurigere Farbtöne neben billigeren
Preisen.

Da das Türkischrot (Vitalis nennt es 1854 noch Adrianopelrot)
von jeher seines brillanten Lüstres, sowie seiner Echtheit gegen Licht und wässerige
Alkalien (Seifen) wegen berühmt, zugleich aber eine der am schwierigsten
herzustellenden Farben war, so bildeten sich bald Färbereien, welche das
Färben von Türkischrot als Spezialität betreiben. Im Laufe der Jahre
hat sich das Färben mit Alizarin zu einem besonderen Industriezweige aus-
gebildet und die heutigen Türkischrot-Färbereien sind großartige Etablissements,
mit allen Hilfsmitteln der industriellen Technik ausgestattet. In Deutschland
finden sich solche vorzugsweise im Wupperthale; in England vornehmlich in
Glasgow.

Türkischrot wird entweder auf Garn oder auf Gewebe gefärbt.
Die Methoden der Vorbereitung von Garn und Geweben sind anfänglich
die gleichen; im weiteren Verlauf des Verfahrens weichen sie jedoch wesent-
lich voneinander ab, je nach der Methode, nach welcher man arbeitet.

Das Verfahren zum Türkischrotfärben der Garne ist heute noch so
ziemlich dasselbe, wie bei der früheren Verwendung von Krapp. Dieses
Verfahren wird allgemein als die Weißbad-Methode bezeichnet. Das
Verfahren zum Färben von Geweben, wie es vielfach noch heute angewendet
wird, ist von Steiner in die Praxis eingeführt worden und heißt nach
ihm Steiners Verfahren. Das neueste Verfahren endlich, auf der Ver-
wendung des Türkischrotöls basierend, und auf Garne und Zeuge anwendbar,
wird als Türkischrotöl-Verfahren bezeichnet.

§ 81. Das Türkischrotfärben nach der Weißbad-Methode.

Das Weißbad-Verfahren besteht aus einer langen Reihenfolge von Ope-
rationen, die hier in aller Kürze aufgezählt werden sollen.

Erste Arbeit: Abkochender Baumwolle. Die einzelnen Strähne
des ungebleichten Garnes werden mit einem Baumwollenfaden in ge-
eigneter Weise unterbunden (Fitzen) und dann in Hochdruckkochkesseln mit
Sodalösung während 6 bis 8 Stunden gekocht. Die Sodalauge darf 3/4
bis 1° Be. stark sein. Darauf wird in fließendem Wasser gut ausgespült*),
im Squeezer ausgequetscht und an der Luft oder im Trockenraume getrocknet.

*) Romen dagegen erklärt das Auswaschen für überflüssig.

weiſen die einſtige Wichtigkeit und ausgedehnte Verwendung des Krapps. Heute
iſt der Krapp ein Färbematerial von faſt hiſtoriſchem Wert und ſeine Ver-
wendung auf ein Minimum zurückgegangen. Seit Graebe und Lieber-
mann
1868 das künſtliche Alizarin entdeckt und den Nachweis ge-
liefert haben, daß das ſynthetiſch gewonnene Alizarin die gleichen Färbungen
von Türkiſchrot gebe, wie der Krapp, und nachdem ſchließlich die Identität
dieſes Alizarins (aus Dibrom-Anthrachinon) mit dem bereits 1826 von
Robiquet & Colin aus Krapp hergeſtellten Alizarin feſtgeſtellt war, ging
der Krapp-Verbrauch und infolgedeſſen der Krapp-Anbau von Jahr zu Jahr
zurück und iſt heute kaum noch nennenswert. Es iſt auch füglich zu be-
zweifeln, ob heute noch ein Färber Türkiſchrot mit Krapp färbt, denn das
Färben mit künſtlichem Alizarin gibt feurigere Farbtöne neben billigeren
Preiſen.

Da das Türkiſchrot (Vitalis nennt es 1854 noch Adrianopelrot)
von jeher ſeines brillanten Lüſtres, ſowie ſeiner Echtheit gegen Licht und wäſſerige
Alkalien (Seifen) wegen berühmt, zugleich aber eine der am ſchwierigſten
herzuſtellenden Farben war, ſo bildeten ſich bald Färbereien, welche das
Färben von Türkiſchrot als Spezialität betreiben. Im Laufe der Jahre
hat ſich das Färben mit Alizarin zu einem beſonderen Induſtriezweige aus-
gebildet und die heutigen Türkiſchrot-Färbereien ſind großartige Etabliſſements,
mit allen Hilfsmitteln der induſtriellen Technik ausgeſtattet. In Deutſchland
finden ſich ſolche vorzugsweiſe im Wupperthale; in England vornehmlich in
Glasgow.

Türkiſchrot wird entweder auf Garn oder auf Gewebe gefärbt.
Die Methoden der Vorbereitung von Garn und Geweben ſind anfänglich
die gleichen; im weiteren Verlauf des Verfahrens weichen ſie jedoch weſent-
lich voneinander ab, je nach der Methode, nach welcher man arbeitet.

Das Verfahren zum Türkiſchrotfärben der Garne iſt heute noch ſo
ziemlich dasſelbe, wie bei der früheren Verwendung von Krapp. Dieſes
Verfahren wird allgemein als die Weißbad-Methode bezeichnet. Das
Verfahren zum Färben von Geweben, wie es vielfach noch heute angewendet
wird, iſt von Steiner in die Praxis eingeführt worden und heißt nach
ihm Steiners Verfahren. Das neueſte Verfahren endlich, auf der Ver-
wendung des Türkiſchrotöls baſierend, und auf Garne und Zeuge anwendbar,
wird als Türkiſchrotöl-Verfahren bezeichnet.

§ 81. Das Türkiſchrotfärben nach der Weißbad-Methode.

Das Weißbad-Verfahren beſteht aus einer langen Reihenfolge von Ope-
rationen, die hier in aller Kürze aufgezählt werden ſollen.

Erſte Arbeit: Abkochender Baumwolle. Die einzelnen Strähne
des ungebleichten Garnes werden mit einem Baumwollenfaden in ge-
eigneter Weiſe unterbunden (Fitzen) und dann in Hochdruckkochkeſſeln mit
Sodalöſung während 6 bis 8 Stunden gekocht. Die Sodalauge darf ¾
bis 1° Bé. ſtark ſein. Darauf wird in fließendem Waſſer gut ausgeſpült*),
im Squeezer ausgequetſcht und an der Luft oder im Trockenraume getrocknet.

*) Romen dagegen erklärt das Auswaſchen für überflüſſig.
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[608/0656] weiſen die einſtige Wichtigkeit und ausgedehnte Verwendung des Krapps. Heute iſt der Krapp ein Färbematerial von faſt hiſtoriſchem Wert und ſeine Ver- wendung auf ein Minimum zurückgegangen. Seit Graebe und Lieber- mann 1868 das künſtliche Alizarin entdeckt und den Nachweis ge- liefert haben, daß das ſynthetiſch gewonnene Alizarin die gleichen Färbungen von Türkiſchrot gebe, wie der Krapp, und nachdem ſchließlich die Identität dieſes Alizarins (aus Dibrom-Anthrachinon) mit dem bereits 1826 von Robiquet & Colin aus Krapp hergeſtellten Alizarin feſtgeſtellt war, ging der Krapp-Verbrauch und infolgedeſſen der Krapp-Anbau von Jahr zu Jahr zurück und iſt heute kaum noch nennenswert. Es iſt auch füglich zu be- zweifeln, ob heute noch ein Färber Türkiſchrot mit Krapp färbt, denn das Färben mit künſtlichem Alizarin gibt feurigere Farbtöne neben billigeren Preiſen. Da das Türkiſchrot (Vitalis nennt es 1854 noch Adrianopelrot) von jeher ſeines brillanten Lüſtres, ſowie ſeiner Echtheit gegen Licht und wäſſerige Alkalien (Seifen) wegen berühmt, zugleich aber eine der am ſchwierigſten herzuſtellenden Farben war, ſo bildeten ſich bald Färbereien, welche das Färben von Türkiſchrot als Spezialität betreiben. Im Laufe der Jahre hat ſich das Färben mit Alizarin zu einem beſonderen Induſtriezweige aus- gebildet und die heutigen Türkiſchrot-Färbereien ſind großartige Etabliſſements, mit allen Hilfsmitteln der induſtriellen Technik ausgeſtattet. In Deutſchland finden ſich ſolche vorzugsweiſe im Wupperthale; in England vornehmlich in Glasgow. Türkiſchrot wird entweder auf Garn oder auf Gewebe gefärbt. Die Methoden der Vorbereitung von Garn und Geweben ſind anfänglich die gleichen; im weiteren Verlauf des Verfahrens weichen ſie jedoch weſent- lich voneinander ab, je nach der Methode, nach welcher man arbeitet. Das Verfahren zum Türkiſchrotfärben der Garne iſt heute noch ſo ziemlich dasſelbe, wie bei der früheren Verwendung von Krapp. Dieſes Verfahren wird allgemein als die Weißbad-Methode bezeichnet. Das Verfahren zum Färben von Geweben, wie es vielfach noch heute angewendet wird, iſt von Steiner in die Praxis eingeführt worden und heißt nach ihm Steiners Verfahren. Das neueſte Verfahren endlich, auf der Ver- wendung des Türkiſchrotöls baſierend, und auf Garne und Zeuge anwendbar, wird als Türkiſchrotöl-Verfahren bezeichnet. § 81. Das Türkiſchrotfärben nach der Weißbad-Methode. Das Weißbad-Verfahren beſteht aus einer langen Reihenfolge von Ope- rationen, die hier in aller Kürze aufgezählt werden ſollen. Erſte Arbeit: Abkochender Baumwolle. Die einzelnen Strähne des ungebleichten Garnes werden mit einem Baumwollenfaden in ge- eigneter Weiſe unterbunden (Fitzen) und dann in Hochdruckkochkeſſeln mit Sodalöſung während 6 bis 8 Stunden gekocht. Die Sodalauge darf ¾ bis 1° Bé. ſtark ſein. Darauf wird in fließendem Waſſer gut ausgeſpült *), im Squeezer ausgequetſcht und an der Luft oder im Trockenraume getrocknet. *) Romen dagegen erklärt das Auswaſchen für überflüſſig.

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Zitationshilfe: Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889, S. 608. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ganswindt_faerberei_1889/656>, abgerufen am 25.11.2024.