Als Säuren bezeichnet man alle jene chemischen Stoffe in gasförmiger, flüssiger oder fester Form, welche die Eigenschaft haben, sich mit Basen und Metalloxyden zu Salzen zu verbinden; ihren Namen führen sie daher, daß ihre wässerige Lösung sauer schmeckt; die für die Säuren charakteristische Eigenschaft ist ihre Wirkung auf dem blauen Lackmusfarbstoff, welcher dadurch zwiebelrot gefärbt wird. -- Von den Säuren, welche Gasform besitzen, kommt eigentlich nur die schweflige Säure zur Verwendung. Die Kohlen- säure kommt weder in Gasform, noch in ihrer komprimierten Form als flüssige Kohlensäure in Gebrauch, und die Blausäure, wenn überhaupt, dann nur in wässeriger Lösung. Die in der Färberei meist gebrauchten Säuren kommen zum Teil als Flüssigkeiten in den Handel, teils sind sie feste Krystalle oder gestaltlose Pulver. Fast alle Säuren sind in Wasser leicht löslich; einige wenige sind unlöslich, lösen sich dann aber in stark alkalischen Lösungen, z. B. Kieselsäure.
1. Salpetersäure, Scheidewasser, HNO3, hat ihren Namen vom Sal- peter, aus dem sie durch Destillation mit Schwefelsäure in eigenen Fabriken gewonnen wird. Die Salpetersäure des Handels ist eine klare, farblose oder gelb gefärbte, an der Luft rauchende Flüssigkeit von eigentümlichem unan- genehmem Geruch. Sie färbt die Haut gelb, ebenso Wolle und Seide. An feuchter Luft stößt sie einen weißen, beißenden Dampf aus, weshalb sie in Glasflaschen mit Glasstöpfel oder in steinernen Flaschen mit Schraubenstöpseln aufbewahrt werden muß. Die käufliche Säure ist zwar mit mancherlei anderen Stoffen (salpetrige Säure, Salzsäure, Schwefelsäure, Eisen u. a. m.) verunreinigt; für ihre Verwendung in der Färberei ist sie jedoch genügend rein. Sie enthält gemeinhin 50 bis 52 Prozent an wasserfreier Säure, was einem spezifischen Gewicht von 1,2 bis 1,4 und einer Stärke von 35 bis 36° Be. entspricht. Mit Wasser ist sie in jedem Verhältnisse mischbar. Anwendung: Zur Auflösung von Metallen bei der Bereitung von Beizen (z. B. des Zinns), und zur Lösung metallischer Niederschläge (z. B. des Eisenoxydes bei Darstellung des salpetersauren Eisens). Pflanzen- farben, selbst die des Indigos, werden dadurch zerstört, weshalb man sie auch zum Beizen von Indigo benutzt hat.
2. Schwefelsäure, Vitriolöl, H2 S O4, kommt in 2 verschiedenen Marken in den Handel, welche beide in der Färberei starke Verwendung finden.
[Abbildung]
Fig. 21
B.
§ 87. Die Säuren.
Als Säuren bezeichnet man alle jene chemiſchen Stoffe in gasförmiger, flüſſiger oder feſter Form, welche die Eigenſchaft haben, ſich mit Baſen und Metalloxyden zu Salzen zu verbinden; ihren Namen führen ſie daher, daß ihre wäſſerige Löſung ſauer ſchmeckt; die für die Säuren charakteriſtiſche Eigenſchaft iſt ihre Wirkung auf dem blauen Lackmusfarbſtoff, welcher dadurch zwiebelrot gefärbt wird. — Von den Säuren, welche Gasform beſitzen, kommt eigentlich nur die ſchweflige Säure zur Verwendung. Die Kohlen- ſäure kommt weder in Gasform, noch in ihrer komprimierten Form als flüſſige Kohlenſäure in Gebrauch, und die Blauſäure, wenn überhaupt, dann nur in wäſſeriger Löſung. Die in der Färberei meiſt gebrauchten Säuren kommen zum Teil als Flüſſigkeiten in den Handel, teils ſind ſie feſte Kryſtalle oder geſtaltloſe Pulver. Faſt alle Säuren ſind in Waſſer leicht löslich; einige wenige ſind unlöslich, löſen ſich dann aber in ſtark alkaliſchen Löſungen, z. B. Kieſelſäure.
1. Salpeterſäure, Scheidewaſſer, HNO3, hat ihren Namen vom Sal- peter, aus dem ſie durch Deſtillation mit Schwefelſäure in eigenen Fabriken gewonnen wird. Die Salpeterſäure des Handels iſt eine klare, farbloſe oder gelb gefärbte, an der Luft rauchende Flüſſigkeit von eigentümlichem unan- genehmem Geruch. Sie färbt die Haut gelb, ebenſo Wolle und Seide. An feuchter Luft ſtößt ſie einen weißen, beißenden Dampf aus, weshalb ſie in Glasflaſchen mit Glasſtöpfel oder in ſteinernen Flaſchen mit Schraubenſtöpſeln aufbewahrt werden muß. Die käufliche Säure iſt zwar mit mancherlei anderen Stoffen (ſalpetrige Säure, Salzſäure, Schwefelſäure, Eiſen u. a. m.) verunreinigt; für ihre Verwendung in der Färberei iſt ſie jedoch genügend rein. Sie enthält gemeinhin 50 bis 52 Prozent an waſſerfreier Säure, was einem ſpezifiſchen Gewicht von 1,2 bis 1,4 und einer Stärke von 35 bis 36° Bé. entſpricht. Mit Waſſer iſt ſie in jedem Verhältniſſe miſchbar. Anwendung: Zur Auflöſung von Metallen bei der Bereitung von Beizen (z. B. des Zinns), und zur Löſung metalliſcher Niederſchläge (z. B. des Eiſenoxydes bei Darſtellung des ſalpeterſauren Eiſens). Pflanzen- farben, ſelbſt die des Indigos, werden dadurch zerſtört, weshalb man ſie auch zum Beizen von Indigo benutzt hat.
2. Schwefelſäure, Vitriolöl, H2 S O4, kommt in 2 verſchiedenen Marken in den Handel, welche beide in der Färberei ſtarke Verwendung finden.
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[Abbildung Fig. 21 B.]
§ 87. Die Säuren.
Als Säuren bezeichnet man alle jene chemiſchen Stoffe in gasförmiger,
flüſſiger oder feſter Form, welche die Eigenſchaft haben, ſich mit Baſen
und Metalloxyden zu Salzen zu verbinden; ihren Namen führen ſie daher,
daß ihre wäſſerige Löſung ſauer ſchmeckt; die für die Säuren charakteriſtiſche
Eigenſchaft iſt ihre Wirkung auf dem blauen Lackmusfarbſtoff, welcher dadurch
zwiebelrot gefärbt wird. — Von den Säuren, welche Gasform beſitzen,
kommt eigentlich nur die ſchweflige Säure zur Verwendung. Die Kohlen-
ſäure kommt weder in Gasform, noch in ihrer komprimierten Form als
flüſſige Kohlenſäure in Gebrauch, und die Blauſäure, wenn überhaupt, dann
nur in wäſſeriger Löſung. Die in der Färberei meiſt gebrauchten Säuren
kommen zum Teil als Flüſſigkeiten in den Handel, teils ſind ſie feſte Kryſtalle
oder geſtaltloſe Pulver. Faſt alle Säuren ſind in Waſſer leicht löslich;
einige wenige ſind unlöslich, löſen ſich dann aber in ſtark alkaliſchen Löſungen,
z. B. Kieſelſäure.
1. Salpeterſäure, Scheidewaſſer, HNO3, hat ihren Namen vom Sal-
peter, aus dem ſie durch Deſtillation mit Schwefelſäure in eigenen Fabriken
gewonnen wird. Die Salpeterſäure des Handels iſt eine klare, farbloſe oder
gelb gefärbte, an der Luft rauchende Flüſſigkeit von eigentümlichem unan-
genehmem Geruch. Sie färbt die Haut gelb, ebenſo Wolle und Seide. An
feuchter Luft ſtößt ſie einen weißen, beißenden Dampf aus, weshalb ſie in
Glasflaſchen mit Glasſtöpfel oder in ſteinernen Flaſchen mit Schraubenſtöpſeln
aufbewahrt werden muß. Die käufliche Säure iſt zwar mit mancherlei
anderen Stoffen (ſalpetrige Säure, Salzſäure, Schwefelſäure, Eiſen u. a. m.)
verunreinigt; für ihre Verwendung in der Färberei iſt ſie jedoch genügend
rein. Sie enthält gemeinhin 50 bis 52 Prozent an waſſerfreier Säure,
was einem ſpezifiſchen Gewicht von 1,2 bis 1,4 und einer Stärke von 35
bis 36° Bé. entſpricht. Mit Waſſer iſt ſie in jedem Verhältniſſe
miſchbar. Anwendung: Zur Auflöſung von Metallen bei der Bereitung
von Beizen (z. B. des Zinns), und zur Löſung metalliſcher Niederſchläge
(z. B. des Eiſenoxydes bei Darſtellung des ſalpeterſauren Eiſens). Pflanzen-
farben, ſelbſt die des Indigos, werden dadurch zerſtört, weshalb man ſie auch
zum Beizen von Indigo benutzt hat.
2. Schwefelſäure, Vitriolöl, H2 S O4, kommt in 2 verſchiedenen
Marken in den Handel, welche beide in der Färberei ſtarke Verwendung
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Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ganswindt_faerberei_1889/259>, abgerufen am 22.11.2024.
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