Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

Heher und Sperlinge aus der Luft fallen, so lebt der
Mensch noch frisch und gesund. Die kanadischen Wil-
den, welche bis gegen die Hudsonsbay hinauf wohnen
und die Eskimos gehen den Winter hindurch bey ei-
ner Kälte auf die Jagd, wobey die Seen auf zwölf
Fuß dicht gefroren, und in den geheitzten Stuben
der Brantwein nicht flüssig erhalten werden kann.
Bey den Holländern, welche im Jahr 1597. im
67ten Grad nördlicher Breite auf Neuzemlja über-
wintern musten, blieb nichts als der weisse Fuchs.
Gegen den 68ten Grad nördlicher Breite, sagt Pal-
las
, verliert sich die Birke und Esche, die in Nor-
den einheimische hohe Tanne, und Lerchenbäume
kriechen nur als Zwergbäume auf dem kaum im Som-
mer aufthauenden Boden fort. Der Grönländer heizet
nicht ein, und sitzt in seinem Hause bis auf die Bein-
kleider nackend. -- Blagden hielt eine künstliche Hize
aus, bey der das Eyweis gerann, und das Wachs
schmolz. -- Er hielt sie sogar noch, da sie die Hize
des kochenden Wassers um 48 Grad übertraf, gegen
acht Minuten aus, da er dann eine Unbequemlichkeit
im Athmen fühlte, und sehr abgemattet wurde.
Hamel
und Tillet fanden einige Mädchen, welche
in einem Backofen, worinn Obst und Fleisch kochten,
über zehn Minuten ganz bequem aushielten. Nach
einem Reaumarischen Quecksilberthermometer, wel-
ches 85 Grade für den Siedepunkt des kochenden Was-
sers angab, war die Hitze völlig 112 Grad, nach
Fahrenheitsthermometer 275 1/17. Bey Blagden hielt
eine Hündin 220 Grad aus; bey Tillet starb ein Kern-

beisser

Heher und Sperlinge aus der Luft fallen, ſo lebt der
Menſch noch friſch und geſund. Die kanadiſchen Wil-
den, welche bis gegen die Hudſonsbay hinauf wohnen
und die Eskimos gehen den Winter hindurch bey ei-
ner Kaͤlte auf die Jagd, wobey die Seen auf zwoͤlf
Fuß dicht gefroren, und in den geheitzten Stuben
der Brantwein nicht fluͤſſig erhalten werden kann.
Bey den Hollaͤndern, welche im Jahr 1597. im
67ten Grad noͤrdlicher Breite auf Neuzemlja uͤber-
wintern muſten, blieb nichts als der weiſſe Fuchs.
Gegen den 68ten Grad noͤrdlicher Breite, ſagt Pal-
las
, verliert ſich die Birke und Eſche, die in Nor-
den einheimiſche hohe Tanne, und Lerchenbaͤume
kriechen nur als Zwergbaͤume auf dem kaum im Som-
mer aufthauenden Boden fort. Der Groͤnlaͤnder heizet
nicht ein, und ſitzt in ſeinem Hauſe bis auf die Bein-
kleider nackend. — Blagden hielt eine kuͤnſtliche Hize
aus, bey der das Eyweis gerann, und das Wachs
ſchmolz. — Er hielt ſie ſogar noch, da ſie die Hize
des kochenden Waſſers um 48 Grad uͤbertraf, gegen
acht Minuten aus, da er dann eine Unbequemlichkeit
im Athmen fuͤhlte, und ſehr abgemattet wurde.
Hamel
und Tillet fanden einige Maͤdchen, welche
in einem Backofen, worinn Obſt und Fleiſch kochten,
uͤber zehn Minuten ganz bequem aushielten. Nach
einem Reaumariſchen Queckſilberthermometer, wel-
ches 85 Grade fuͤr den Siedepunkt des kochenden Waſ-
ſers angab, war die Hitze voͤllig 112 Grad, nach
Fahrenheitsthermometer 275 1/17. Bey Blagden hielt
eine Huͤndin 220 Grad aus; bey Tillet ſtarb ein Kern-

beiſſer
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0099" n="80"/>
Heher und Sperlinge aus der Luft fallen, &#x017F;o lebt der<lb/>
Men&#x017F;ch noch fri&#x017F;ch und ge&#x017F;und. Die kanadi&#x017F;chen Wil-<lb/>
den, welche bis gegen die Hud&#x017F;onsbay hinauf wohnen<lb/>
und die Eskimos gehen den Winter hindurch bey ei-<lb/>
ner Ka&#x0364;lte auf die Jagd, wobey die Seen auf zwo&#x0364;lf<lb/>
Fuß dicht gefroren, und in den geheitzten Stuben<lb/>
der Brantwein nicht flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ig erhalten werden kann.<lb/>
Bey den Holla&#x0364;ndern, welche im Jahr 1597. im<lb/>
67ten Grad no&#x0364;rdlicher Breite auf Neuzemlja u&#x0364;ber-<lb/>
wintern mu&#x017F;ten, blieb nichts als der wei&#x017F;&#x017F;e Fuchs.<lb/>
Gegen den 68ten Grad no&#x0364;rdlicher Breite, &#x017F;agt <hi rendition="#fr">Pal-<lb/>
las</hi>, verliert &#x017F;ich die Birke und E&#x017F;che, die in Nor-<lb/>
den einheimi&#x017F;che hohe Tanne, und Lerchenba&#x0364;ume<lb/>
kriechen nur als Zwergba&#x0364;ume auf dem kaum im Som-<lb/>
mer aufthauenden Boden fort. Der Gro&#x0364;nla&#x0364;nder heizet<lb/>
nicht ein, und &#x017F;itzt in &#x017F;einem Hau&#x017F;e bis auf die Bein-<lb/>
kleider nackend. &#x2014; <hi rendition="#fr">Blagden</hi> hielt eine ku&#x0364;n&#x017F;tliche Hize<lb/>
aus, bey der das Eyweis gerann, und das Wachs<lb/>
&#x017F;chmolz. &#x2014; Er hielt &#x017F;ie &#x017F;ogar noch, da &#x017F;ie die Hize<lb/>
des kochenden Wa&#x017F;&#x017F;ers um 48 Grad u&#x0364;bertraf, gegen<lb/>
acht Minuten aus, da er dann eine Unbequemlichkeit<lb/>
im Athmen fu&#x0364;hlte, und &#x017F;ehr abgemattet wurde. <hi rendition="#fr"><lb/>
Hamel</hi> und <hi rendition="#fr">Tillet</hi> fanden einige Ma&#x0364;dchen, welche<lb/>
in einem Backofen, worinn Ob&#x017F;t und Flei&#x017F;ch kochten,<lb/>
u&#x0364;ber zehn Minuten ganz bequem aushielten. Nach<lb/>
einem Reaumari&#x017F;chen Queck&#x017F;ilberthermometer, wel-<lb/>
ches 85 Grade fu&#x0364;r den Siedepunkt des kochenden Wa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ers angab, war die Hitze vo&#x0364;llig 112 Grad, nach<lb/>
Fahrenheitsthermometer 275 1/17. Bey <hi rendition="#fr">Blagden</hi> hielt<lb/>
eine Hu&#x0364;ndin 220 Grad aus; bey <hi rendition="#fr">Tillet</hi> &#x017F;tarb ein Kern-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">bei&#x017F;&#x017F;er</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[80/0099] Heher und Sperlinge aus der Luft fallen, ſo lebt der Menſch noch friſch und geſund. Die kanadiſchen Wil- den, welche bis gegen die Hudſonsbay hinauf wohnen und die Eskimos gehen den Winter hindurch bey ei- ner Kaͤlte auf die Jagd, wobey die Seen auf zwoͤlf Fuß dicht gefroren, und in den geheitzten Stuben der Brantwein nicht fluͤſſig erhalten werden kann. Bey den Hollaͤndern, welche im Jahr 1597. im 67ten Grad noͤrdlicher Breite auf Neuzemlja uͤber- wintern muſten, blieb nichts als der weiſſe Fuchs. Gegen den 68ten Grad noͤrdlicher Breite, ſagt Pal- las, verliert ſich die Birke und Eſche, die in Nor- den einheimiſche hohe Tanne, und Lerchenbaͤume kriechen nur als Zwergbaͤume auf dem kaum im Som- mer aufthauenden Boden fort. Der Groͤnlaͤnder heizet nicht ein, und ſitzt in ſeinem Hauſe bis auf die Bein- kleider nackend. — Blagden hielt eine kuͤnſtliche Hize aus, bey der das Eyweis gerann, und das Wachs ſchmolz. — Er hielt ſie ſogar noch, da ſie die Hize des kochenden Waſſers um 48 Grad uͤbertraf, gegen acht Minuten aus, da er dann eine Unbequemlichkeit im Athmen fuͤhlte, und ſehr abgemattet wurde. Dü Hamel und Tillet fanden einige Maͤdchen, welche in einem Backofen, worinn Obſt und Fleiſch kochten, uͤber zehn Minuten ganz bequem aushielten. Nach einem Reaumariſchen Queckſilberthermometer, wel- ches 85 Grade fuͤr den Siedepunkt des kochenden Waſ- ſers angab, war die Hitze voͤllig 112 Grad, nach Fahrenheitsthermometer 275 1/17. Bey Blagden hielt eine Huͤndin 220 Grad aus; bey Tillet ſtarb ein Kern- beiſſer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der erste Band von Franz Joseph Galls "Philosophi… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/99
Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/99>, abgerufen am 05.05.2024.