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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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den Mechanismus, unterhalten wird. 2) Eine Seele
welche von Außen durch die Sinne ein undeutliches
Bewustseyn der gegenwärtigen körperlichen Dinge,
nach dem empfangenen Eindrucke, und bey dem Ge-
genwärtigen durch ihre Einbildungskraft eine verwor-
rene Vorstellung des Vergangenen bekömmt. 3) Ei-
ne innere Empfindung von ihrer und ihres Körpers
Natur und Kräfte; und 4) ein eingepflanztes Be-
mühen zu gewißen der Natur gemäßen Handlungen.
-- Nach ihm hätten die Thiere aber einen Vorzug
vor den Menschen, erstlich in Rücksicht ihrer angebor-
nen Kunstwerkzeuge, die sich der Mensch erst selbst er-
finden und verfertigen muß, indem er nichts als die
Hände von Mutterleibe aus mitbringt. Zweytens in
Rücksicht ihrer vollkommenern äußerlichen Sinne, und
sinnlichen Einbildungskraft, wodurch sie sowohl vom
äußerlichen Guten und Bösen eine genaue Empfindung
bekommen, als zu den dienlichen Bewegungen gereitzt
werden. Der dritte Vorzug besteht in der innern Em-
pfindung ihrer und ihres Körpers Natur und Kräfte.
Der vierte in den eingepflanzten Bemühungen zu be-
stimmten der Natur gemäßen Handlungen. Uiberhaupt
giebt er den Thieren einen vollkommnern Mechanismus.
-- Wir wollen sehen, was sich in Beziehung auf diese
Vorzüge vom Menschen behaupten lasse.




§. 25.

den Mechanismus, unterhalten wird. 2) Eine Seele
welche von Außen durch die Sinne ein undeutliches
Bewuſtſeyn der gegenwaͤrtigen koͤrperlichen Dinge,
nach dem empfangenen Eindrucke, und bey dem Ge-
genwaͤrtigen durch ihre Einbildungskraft eine verwor-
rene Vorſtellung des Vergangenen bekoͤmmt. 3) Ei-
ne innere Empfindung von ihrer und ihres Koͤrpers
Natur und Kraͤfte; und 4) ein eingepflanztes Be-
muͤhen zu gewißen der Natur gemaͤßen Handlungen.
— Nach ihm haͤtten die Thiere aber einen Vorzug
vor den Menſchen, erſtlich in Ruͤckſicht ihrer angebor-
nen Kunſtwerkzeuge, die ſich der Menſch erſt ſelbſt er-
finden und verfertigen muß, indem er nichts als die
Haͤnde von Mutterleibe aus mitbringt. Zweytens in
Ruͤckſicht ihrer vollkommenern aͤußerlichen Sinne, und
ſinnlichen Einbildungskraft, wodurch ſie ſowohl vom
aͤußerlichen Guten und Boͤſen eine genaue Empfindung
bekommen, als zu den dienlichen Bewegungen gereitzt
werden. Der dritte Vorzug beſteht in der innern Em-
pfindung ihrer und ihres Koͤrpers Natur und Kraͤfte.
Der vierte in den eingepflanzten Bemuͤhungen zu be-
ſtimmten der Natur gemaͤßen Handlungen. Uiberhaupt
giebt er den Thieren einen vollkommnern Mechanismus.
— Wir wollen ſehen, was ſich in Beziehung auf dieſe
Vorzuͤge vom Menſchen behaupten laſſe.




§. 25.
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[78/0097] den Mechanismus, unterhalten wird. 2) Eine Seele welche von Außen durch die Sinne ein undeutliches Bewuſtſeyn der gegenwaͤrtigen koͤrperlichen Dinge, nach dem empfangenen Eindrucke, und bey dem Ge- genwaͤrtigen durch ihre Einbildungskraft eine verwor- rene Vorſtellung des Vergangenen bekoͤmmt. 3) Ei- ne innere Empfindung von ihrer und ihres Koͤrpers Natur und Kraͤfte; und 4) ein eingepflanztes Be- muͤhen zu gewißen der Natur gemaͤßen Handlungen. — Nach ihm haͤtten die Thiere aber einen Vorzug vor den Menſchen, erſtlich in Ruͤckſicht ihrer angebor- nen Kunſtwerkzeuge, die ſich der Menſch erſt ſelbſt er- finden und verfertigen muß, indem er nichts als die Haͤnde von Mutterleibe aus mitbringt. Zweytens in Ruͤckſicht ihrer vollkommenern aͤußerlichen Sinne, und ſinnlichen Einbildungskraft, wodurch ſie ſowohl vom aͤußerlichen Guten und Boͤſen eine genaue Empfindung bekommen, als zu den dienlichen Bewegungen gereitzt werden. Der dritte Vorzug beſteht in der innern Em- pfindung ihrer und ihres Koͤrpers Natur und Kraͤfte. Der vierte in den eingepflanzten Bemuͤhungen zu be- ſtimmten der Natur gemaͤßen Handlungen. Uiberhaupt giebt er den Thieren einen vollkommnern Mechanismus. — Wir wollen ſehen, was ſich in Beziehung auf dieſe Vorzuͤge vom Menſchen behaupten laſſe. §. 25.

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/97>, abgerufen am 06.05.2024.