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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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Klystire bewerkstelligte Abgänge eines zähen Mora-
stes, löseten ihr die Zunge, und machten sie gesund.
*) -- Sprachen sind wandelbare Töne, deren Bedeu-
kung willkührlich ist; keine in der Natur gegründete
Wahrheiten; sie können also auf keinerley Weise von
irgend einer Geisteserhöhung erkannt werden. Aber
eine Sprache, in der man keine Uebung hat, im
Rausche oder sonst einer Veranlassung mit einer ge-
wissen Fertigkeit sprechen, ist eben so natürlich, als
daß der Wohlredner aus ähnlichen Ursachen ein elen-
der Stammler wird. -- In der gebundenen Rede
herrschen gewisse Gesetze des Silbenmaßes, vermög
welcher sowohl in Rücksicht der Zeit, als des Ein-
klanges ein harmonischer Gang beobachtet werden
muß. So haben sogar das Geschrey und der Gesang
der Thiere einen gewissen Fall, der auf einem allge-
meinen Tongesetze beruht. Daher sind Verse und
Reime, die ohnehin selten so regelmäßig ausfallen
werden, keine unerklärbare Erscheinung.

In allen diesen Fällen kömmt alles darauf an,
welche Theile, theils des Gehirns, theils des übri-
gen Körpers, wie sie, und durch welche Art von
Reiz sie verändert werden. Diejenigen, die vom
Triebe zum Selbstmord verfolgt werden,**) die
Wahnsinnigen, und die Rasenden in und ausser hitzi-
gen Krankheiten besitzen bey all der gewaltigen Zer-

rüt-
*) Abhandlung über eine neue Methode, die hartnäckigsten
Krankheiten, die ihren Sitz im Unterleih haben, sicher und
gründlich zu heilen. 42te Krankengeschichte.
**) Auenbrugger vom Triebe zum Selbstmord.

Klyſtire bewerkſtelligte Abgaͤnge eines zaͤhen Mora-
ſtes, loͤſeten ihr die Zunge, und machten ſie geſund.
*) — Sprachen ſind wandelbare Toͤne, deren Bedeu-
kung willkuͤhrlich iſt; keine in der Natur gegruͤndete
Wahrheiten; ſie koͤnnen alſo auf keinerley Weiſe von
irgend einer Geiſteserhoͤhung erkannt werden. Aber
eine Sprache, in der man keine Uebung hat, im
Rauſche oder ſonſt einer Veranlaſſung mit einer ge-
wiſſen Fertigkeit ſprechen, iſt eben ſo natuͤrlich, als
daß der Wohlredner aus aͤhnlichen Urſachen ein elen-
der Stammler wird. — In der gebundenen Rede
herrſchen gewiſſe Geſetze des Silbenmaßes, vermoͤg
welcher ſowohl in Ruͤckſicht der Zeit, als des Ein-
klanges ein harmoniſcher Gang beobachtet werden
muß. So haben ſogar das Geſchrey und der Geſang
der Thiere einen gewiſſen Fall, der auf einem allge-
meinen Tongeſetze beruht. Daher ſind Verſe und
Reime, die ohnehin ſelten ſo regelmaͤßig ausfallen
werden, keine unerklaͤrbare Erſcheinung.

In allen dieſen Faͤllen koͤmmt alles darauf an,
welche Theile, theils des Gehirns, theils des uͤbri-
gen Koͤrpers, wie ſie, und durch welche Art von
Reiz ſie veraͤndert werden. Diejenigen, die vom
Triebe zum Selbſtmord verfolgt werden,**) die
Wahnſinnigen, und die Raſenden in und auſſer hitzi-
gen Krankheiten beſitzen bey all der gewaltigen Zer-

ruͤt-
*) Abhandlung uͤber eine neue Methode, die hartnaͤckigſten
Krankheiten, die ihren Sitz im Unterleih haben, ſicher und
gruͤndlich zu heilen. 42te Krankengeſchichte.
**) Auenbrugger vom Triebe zum Selbſtmord.
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[57/0076] Klyſtire bewerkſtelligte Abgaͤnge eines zaͤhen Mora- ſtes, loͤſeten ihr die Zunge, und machten ſie geſund. *) — Sprachen ſind wandelbare Toͤne, deren Bedeu- kung willkuͤhrlich iſt; keine in der Natur gegruͤndete Wahrheiten; ſie koͤnnen alſo auf keinerley Weiſe von irgend einer Geiſteserhoͤhung erkannt werden. Aber eine Sprache, in der man keine Uebung hat, im Rauſche oder ſonſt einer Veranlaſſung mit einer ge- wiſſen Fertigkeit ſprechen, iſt eben ſo natuͤrlich, als daß der Wohlredner aus aͤhnlichen Urſachen ein elen- der Stammler wird. — In der gebundenen Rede herrſchen gewiſſe Geſetze des Silbenmaßes, vermoͤg welcher ſowohl in Ruͤckſicht der Zeit, als des Ein- klanges ein harmoniſcher Gang beobachtet werden muß. So haben ſogar das Geſchrey und der Geſang der Thiere einen gewiſſen Fall, der auf einem allge- meinen Tongeſetze beruht. Daher ſind Verſe und Reime, die ohnehin ſelten ſo regelmaͤßig ausfallen werden, keine unerklaͤrbare Erſcheinung. In allen dieſen Faͤllen koͤmmt alles darauf an, welche Theile, theils des Gehirns, theils des uͤbri- gen Koͤrpers, wie ſie, und durch welche Art von Reiz ſie veraͤndert werden. Diejenigen, die vom Triebe zum Selbſtmord verfolgt werden, **) die Wahnſinnigen, und die Raſenden in und auſſer hitzi- gen Krankheiten beſitzen bey all der gewaltigen Zer- ruͤt- *) Abhandlung uͤber eine neue Methode, die hartnaͤckigſten Krankheiten, die ihren Sitz im Unterleih haben, ſicher und gruͤndlich zu heilen. 42te Krankengeſchichte. **) Auenbrugger vom Triebe zum Selbſtmord.

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/76>, abgerufen am 21.11.2024.