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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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Person erschrack im 6ten Monate der Schwangerschaft
[ - 1 Zeichen fehlt]o sehr, daß sie die heftigsten Zuckungen bekam, und
nach 4 Stunden Tod schien. Nach 4 Stunden lang
vergeblich angewandten stärksten Erweckungsmitteln
hatte Camerer noch den Einfall, die Blasenpflaster
von beyden Fußsohlen abzunehmen, und zugleich die
Gesichtszüge aufs genaueste zu beobachten. Als man
die Oberhaut von der grossen Zehe abzog, bemerk-
te man einen schwachen Zug des Mundes. Man
fieng an, die empfindlichsten Theile zu reitzen; man
gebrauchte selbst das glühende Eisen, und es war
kein Theil, dem man nicht durch Stechen, Brennen
und andere Reitzungen aufs stärkste zugesetzt hätte;
aber alles umsonst; und doch wagte man nicht, im
Vertrauen auf die kleine Spuhr, sie zu begraben. Sie
lag ganze 6 Tage lang mit allen Zeichen des Todes,
eine geringe Wärme in der Gegend des Herzens aus-
genommen. Nun schlug sie aber plötzlich die Augen
auf. Nachdem sie mit einiger Nahrung erquickt war,
wurde sie von einem toden Kinde entbunden, und er-
holte sich bald darauf völlig wieder. -- Ist dieses
nicht etwan der nämliche, aber sehr verlängerte Zu-
stand, den ich §. 123 angeführt habe? -- -- Bey
Leuten, welche schweren Ohnmachten, heftigen Kräm-
pfungen öfters ausgesetzt sind, kann sich das Leben,
endlich an sehr lange Pausen des Außenbleibens ge-
wöhnen, und der Scheintod kann periodisch werden.

Also erst, wenn der Geruch wirklich faul, die
Farbe fleckicht, ins Braune und Blaulichte spielend,

die

Perſon erſchrack im 6ten Monate der Schwangerſchaft
[ – 1 Zeichen fehlt]o ſehr, daß ſie die heftigſten Zuckungen bekam, und
nach 4 Stunden Tod ſchien. Nach 4 Stunden lang
vergeblich angewandten ſtaͤrkſten Erweckungsmitteln
hatte Camerer noch den Einfall, die Blaſenpflaſter
von beyden Fußſohlen abzunehmen, und zugleich die
Geſichtszuͤge aufs genaueſte zu beobachten. Als man
die Oberhaut von der groſſen Zehe abzog, bemerk-
te man einen ſchwachen Zug des Mundes. Man
fieng an, die empfindlichſten Theile zu reitzen; man
gebrauchte ſelbſt das gluͤhende Eiſen, und es war
kein Theil, dem man nicht durch Stechen, Brennen
und andere Reitzungen aufs ſtaͤrkſte zugeſetzt haͤtte;
aber alles umſonſt; und doch wagte man nicht, im
Vertrauen auf die kleine Spuhr, ſie zu begraben. Sie
lag ganze 6 Tage lang mit allen Zeichen des Todes,
eine geringe Waͤrme in der Gegend des Herzens aus-
genommen. Nun ſchlug ſie aber ploͤtzlich die Augen
auf. Nachdem ſie mit einiger Nahrung erquickt war,
wurde ſie von einem toden Kinde entbunden, und er-
holte ſich bald darauf voͤllig wieder. — Iſt dieſes
nicht etwan der naͤmliche, aber ſehr verlaͤngerte Zu-
ſtand, den ich §. 123 angefuͤhrt habe? — — Bey
Leuten, welche ſchweren Ohnmachten, heftigen Kraͤm-
pfungen oͤfters ausgeſetzt ſind, kann ſich das Leben,
endlich an ſehr lange Pauſen des Außenbleibens ge-
woͤhnen, und der Scheintod kann periodiſch werden.

Alſo erſt, wenn der Geruch wirklich faul, die
Farbe fleckicht, ins Braune und Blaulichte ſpielend,

die
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[716/0735] Perſon erſchrack im 6ten Monate der Schwangerſchaft _o ſehr, daß ſie die heftigſten Zuckungen bekam, und nach 4 Stunden Tod ſchien. Nach 4 Stunden lang vergeblich angewandten ſtaͤrkſten Erweckungsmitteln hatte Camerer noch den Einfall, die Blaſenpflaſter von beyden Fußſohlen abzunehmen, und zugleich die Geſichtszuͤge aufs genaueſte zu beobachten. Als man die Oberhaut von der groſſen Zehe abzog, bemerk- te man einen ſchwachen Zug des Mundes. Man fieng an, die empfindlichſten Theile zu reitzen; man gebrauchte ſelbſt das gluͤhende Eiſen, und es war kein Theil, dem man nicht durch Stechen, Brennen und andere Reitzungen aufs ſtaͤrkſte zugeſetzt haͤtte; aber alles umſonſt; und doch wagte man nicht, im Vertrauen auf die kleine Spuhr, ſie zu begraben. Sie lag ganze 6 Tage lang mit allen Zeichen des Todes, eine geringe Waͤrme in der Gegend des Herzens aus- genommen. Nun ſchlug ſie aber ploͤtzlich die Augen auf. Nachdem ſie mit einiger Nahrung erquickt war, wurde ſie von einem toden Kinde entbunden, und er- holte ſich bald darauf voͤllig wieder. — Iſt dieſes nicht etwan der naͤmliche, aber ſehr verlaͤngerte Zu- ſtand, den ich §. 123 angefuͤhrt habe? — — Bey Leuten, welche ſchweren Ohnmachten, heftigen Kraͤm- pfungen oͤfters ausgeſetzt ſind, kann ſich das Leben, endlich an ſehr lange Pauſen des Außenbleibens ge- woͤhnen, und der Scheintod kann periodiſch werden. Alſo erſt, wenn der Geruch wirklich faul, die Farbe fleckicht, ins Braune und Blaulichte ſpielend, die

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 716. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/735>, abgerufen am 21.11.2024.