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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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schleime mit Kindermeth, mit Manna ausrichten!
Ich gebe seit einigen Jahren Kindern von 1--2--3
Jahren 10--14--20 Gran Jalappenharz in einem
Tage, ohne je eine üble Folge, oder Schmerzen da-
durch verursacht zu haben. Schwammichte Leute
kann man zwar mit Salzen, Tamarinden, Manna
abführen, aber sie befinden sich vielmehr schlimmer,
als besser darauf; hingegen ein halbes Quentchen,
oder auch ein ganzes Quentchen von der Maß. pil.
cathol.
und aneth. oder ein mächtiges Brechmittel
verschaft ihnen Erleichterung gegen die immerwähren-
den Eckel, Schwere, Kopfschmerzen etc., welche der
träge rotzige Schleim verursacht hatte. Eine hagere
Frau wurde in einem schleichenden Nervenfieber von
einem gewiß grossen Arzte über zwey Jahre nicht nur
fruchtlos mit gelind auflösenden Mitteln behandelt,
sondern sie war schon in ein deutliches Zehrfieber mit
alltäglicher Abnahme der Kräfte verfallen. Ein junger
Arzt hatte den Muth, ihr ein starkes Brechmittel zu
geben, welches sie zwar gewaltsam hernahm, aber
vollkommen gesund machte. Durch die ersten Mittel
war freylich der Stoff zu dieser Art Ausleerung vor-
bereitet worden. -- Den Bandwurm untersteht man
sich, mit scharfen Purgiermitteln zu vertreiben. Sind
denn aber allemal bey dem rotzigen, gallertartigen
Schleime der Kinder Spulwürmer zugegen? Giebt es
keinen zähen, lederartigen Glasschleim ohne Band-
wurm? Was hat die Natur mit diesen Thieren für
eine Absicht? Heilt man den Kranken, weil man die

Wür-

ſchleime mit Kindermeth, mit Manna ausrichten!
Ich gebe ſeit einigen Jahren Kindern von 1—2—3
Jahren 10—14—20 Gran Jalappenharz in einem
Tage, ohne je eine uͤble Folge, oder Schmerzen da-
durch verurſacht zu haben. Schwammichte Leute
kann man zwar mit Salzen, Tamarinden, Manna
abfuͤhren, aber ſie befinden ſich vielmehr ſchlimmer,
als beſſer darauf; hingegen ein halbes Quentchen,
oder auch ein ganzes Quentchen von der Maß. pil.
cathol.
und aneth. oder ein maͤchtiges Brechmittel
verſchaft ihnen Erleichterung gegen die immerwaͤhren-
den Eckel, Schwere, Kopfſchmerzen ꝛc., welche der
traͤge rotzige Schleim verurſacht hatte. Eine hagere
Frau wurde in einem ſchleichenden Nervenfieber von
einem gewiß groſſen Arzte uͤber zwey Jahre nicht nur
fruchtlos mit gelind aufloͤſenden Mitteln behandelt,
ſondern ſie war ſchon in ein deutliches Zehrfieber mit
alltaͤglicher Abnahme der Kraͤfte verfallen. Ein junger
Arzt hatte den Muth, ihr ein ſtarkes Brechmittel zu
geben, welches ſie zwar gewaltſam hernahm, aber
vollkommen geſund machte. Durch die erſten Mittel
war freylich der Stoff zu dieſer Art Ausleerung vor-
bereitet worden. — Den Bandwurm unterſteht man
ſich, mit ſcharfen Purgiermitteln zu vertreiben. Sind
denn aber allemal bey dem rotzigen, gallertartigen
Schleime der Kinder Spulwuͤrmer zugegen? Giebt es
keinen zaͤhen, lederartigen Glasſchleim ohne Band-
wurm? Was hat die Natur mit dieſen Thieren fuͤr
eine Abſicht? Heilt man den Kranken, weil man die

Wuͤr-
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[685/0704] ſchleime mit Kindermeth, mit Manna ausrichten! Ich gebe ſeit einigen Jahren Kindern von 1—2—3 Jahren 10—14—20 Gran Jalappenharz in einem Tage, ohne je eine uͤble Folge, oder Schmerzen da- durch verurſacht zu haben. Schwammichte Leute kann man zwar mit Salzen, Tamarinden, Manna abfuͤhren, aber ſie befinden ſich vielmehr ſchlimmer, als beſſer darauf; hingegen ein halbes Quentchen, oder auch ein ganzes Quentchen von der Maß. pil. cathol. und aneth. oder ein maͤchtiges Brechmittel verſchaft ihnen Erleichterung gegen die immerwaͤhren- den Eckel, Schwere, Kopfſchmerzen ꝛc., welche der traͤge rotzige Schleim verurſacht hatte. Eine hagere Frau wurde in einem ſchleichenden Nervenfieber von einem gewiß groſſen Arzte uͤber zwey Jahre nicht nur fruchtlos mit gelind aufloͤſenden Mitteln behandelt, ſondern ſie war ſchon in ein deutliches Zehrfieber mit alltaͤglicher Abnahme der Kraͤfte verfallen. Ein junger Arzt hatte den Muth, ihr ein ſtarkes Brechmittel zu geben, welches ſie zwar gewaltſam hernahm, aber vollkommen geſund machte. Durch die erſten Mittel war freylich der Stoff zu dieſer Art Ausleerung vor- bereitet worden. — Den Bandwurm unterſteht man ſich, mit ſcharfen Purgiermitteln zu vertreiben. Sind denn aber allemal bey dem rotzigen, gallertartigen Schleime der Kinder Spulwuͤrmer zugegen? Giebt es keinen zaͤhen, lederartigen Glasſchleim ohne Band- wurm? Was hat die Natur mit dieſen Thieren fuͤr eine Abſicht? Heilt man den Kranken, weil man die Wuͤr-

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 685. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/704>, abgerufen am 21.11.2024.