Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

Koliken, Spannen im Kopfe, Melancholie, Gleich-
gültigkeit, Fadheit, Beängstigung, Mangel an Nah-
rung, Hypochondrie, Funkensehen, Lichtscheue, tief-
liegende Augenschmerzen, zuweilen den schwarzen
Staar, Schlaflosigkeit, Hirnwuth, Staarsucht, Narr-
heit, Schlagflüße, und so, wie alle, die ein schwa-
ches und sehr empfindliches Nervensystem haben, von
jeder ungewöhnlichen Gemüthsbewegung Unverdaulich-
keit und andere Nervenzustände. -- Alle diese Leute
sind mit äußerster Behutsamkeit in allen ihren Ge-
brechen zu behandeln. Sie verfallen von ein Bischen
Honig oder Salz, von einem Klystiere, von einer
widrigen Vorstellung in tödtliche Ohnmachten, Zu-
ckungen, Zittern, in die schwersten Rückfälle u. d. gl.
Mit den Ausleerungen kann man daher nie behutsam
genug seyn. Wenn ich bey dem oben S. 329 ange-
führten Kranken, der fünfmal rückfällig wurde, ei-
nen Fehler begangen habe, so ist es zuverläßig dieser,
daß ich mich durch den Schmutz der Zunge, durch
das anfängliche freywillige Erbrechen, durch den un-
erträglichen Gestank der Ausleerungen verführen ließ,
nebst den angezeigten Mitteln, der Rinde, dem Kam-
pfer und Wein, durch einige Gaben Tamarinden alle
Tage einen oder zwey Stühle zu bewirken. Der näm-
lichen Ursache schreibe ich den Tod jener Frau S. 327
zu, bey der man wider meinen Willen die Heilart auf
Abführungen, und Schwefelgeist einschränkte, obschon
sie sich schon zweymal durch die blos stärkende Heilart
gebessert hatte. Dem Bedienten S. 535 ließ ich
durchaus nicht einmal ein Klystier geben, obschon

er

Koliken, Spannen im Kopfe, Melancholie, Gleich-
guͤltigkeit, Fadheit, Beaͤngſtigung, Mangel an Nah-
rung, Hypochondrie, Funkenſehen, Lichtſcheue, tief-
liegende Augenſchmerzen, zuweilen den ſchwarzen
Staar, Schlafloſigkeit, Hirnwuth, Staarſucht, Narr-
heit, Schlagfluͤße, und ſo, wie alle, die ein ſchwa-
ches und ſehr empfindliches Nervenſyſtem haben, von
jeder ungewoͤhnlichen Gemuͤthsbewegung Unverdaulich-
keit und andere Nervenzuſtaͤnde. — Alle dieſe Leute
ſind mit aͤußerſter Behutſamkeit in allen ihren Ge-
brechen zu behandeln. Sie verfallen von ein Bischen
Honig oder Salz, von einem Klyſtiere, von einer
widrigen Vorſtellung in toͤdtliche Ohnmachten, Zu-
ckungen, Zittern, in die ſchwerſten Ruͤckfaͤlle u. d. gl.
Mit den Ausleerungen kann man daher nie behutſam
genug ſeyn. Wenn ich bey dem oben S. 329 ange-
fuͤhrten Kranken, der fuͤnfmal ruͤckfaͤllig wurde, ei-
nen Fehler begangen habe, ſo iſt es zuverlaͤßig dieſer,
daß ich mich durch den Schmutz der Zunge, durch
das anfaͤngliche freywillige Erbrechen, durch den un-
ertraͤglichen Geſtank der Ausleerungen verfuͤhren ließ,
nebſt den angezeigten Mitteln, der Rinde, dem Kam-
pfer und Wein, durch einige Gaben Tamarinden alle
Tage einen oder zwey Stuͤhle zu bewirken. Der naͤm-
lichen Urſache ſchreibe ich den Tod jener Frau S. 327
zu, bey der man wider meinen Willen die Heilart auf
Abfuͤhrungen, und Schwefelgeiſt einſchraͤnkte, obſchon
ſie ſich ſchon zweymal durch die blos ſtaͤrkende Heilart
gebeſſert hatte. Dem Bedienten S. 535 ließ ich
durchaus nicht einmal ein Klyſtier geben, obſchon

er
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0590" n="571"/>
Koliken, Spannen im Kopfe, Melancholie, Gleich-<lb/>
gu&#x0364;ltigkeit, Fadheit, Bea&#x0364;ng&#x017F;tigung, Mangel an Nah-<lb/>
rung, Hypochondrie, Funken&#x017F;ehen, Licht&#x017F;cheue, tief-<lb/>
liegende Augen&#x017F;chmerzen, zuweilen den &#x017F;chwarzen<lb/>
Staar, Schlaflo&#x017F;igkeit, Hirnwuth, Staar&#x017F;ucht, Narr-<lb/>
heit, Schlagflu&#x0364;ße, und &#x017F;o, wie alle, die ein &#x017F;chwa-<lb/>
ches und &#x017F;ehr empfindliches Nerven&#x017F;y&#x017F;tem haben, von<lb/>
jeder ungewo&#x0364;hnlichen Gemu&#x0364;thsbewegung Unverdaulich-<lb/>
keit und andere Nervenzu&#x017F;ta&#x0364;nde. &#x2014; Alle die&#x017F;e Leute<lb/>
&#x017F;ind mit a&#x0364;ußer&#x017F;ter Behut&#x017F;amkeit in allen ihren Ge-<lb/>
brechen zu behandeln. Sie verfallen von ein Bischen<lb/>
Honig oder Salz, von einem Kly&#x017F;tiere, von einer<lb/>
widrigen Vor&#x017F;tellung in to&#x0364;dtliche Ohnmachten, Zu-<lb/>
ckungen, Zittern, in die &#x017F;chwer&#x017F;ten Ru&#x0364;ckfa&#x0364;lle u. d. gl.<lb/>
Mit den Ausleerungen kann man daher nie behut&#x017F;am<lb/>
genug &#x017F;eyn. Wenn ich bey dem oben S. 329 ange-<lb/>
fu&#x0364;hrten Kranken, der fu&#x0364;nfmal ru&#x0364;ckfa&#x0364;llig wurde, ei-<lb/>
nen Fehler begangen habe, &#x017F;o i&#x017F;t es zuverla&#x0364;ßig die&#x017F;er,<lb/>
daß ich mich durch den Schmutz der Zunge, durch<lb/>
das anfa&#x0364;ngliche freywillige Erbrechen, durch den un-<lb/>
ertra&#x0364;glichen Ge&#x017F;tank der Ausleerungen verfu&#x0364;hren ließ,<lb/>
neb&#x017F;t den angezeigten Mitteln, der Rinde, dem Kam-<lb/>
pfer und Wein, durch einige Gaben Tamarinden alle<lb/>
Tage einen oder zwey Stu&#x0364;hle zu bewirken. Der na&#x0364;m-<lb/>
lichen Ur&#x017F;ache &#x017F;chreibe ich den Tod jener Frau S. 327<lb/>
zu, bey der man wider meinen Willen die Heilart auf<lb/>
Abfu&#x0364;hrungen, und Schwefelgei&#x017F;t ein&#x017F;chra&#x0364;nkte, ob&#x017F;chon<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich &#x017F;chon zweymal durch die blos &#x017F;ta&#x0364;rkende Heilart<lb/>
gebe&#x017F;&#x017F;ert hatte. Dem Bedienten S. 535 ließ ich<lb/>
durchaus nicht einmal ein Kly&#x017F;tier geben, ob&#x017F;chon<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">er</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[571/0590] Koliken, Spannen im Kopfe, Melancholie, Gleich- guͤltigkeit, Fadheit, Beaͤngſtigung, Mangel an Nah- rung, Hypochondrie, Funkenſehen, Lichtſcheue, tief- liegende Augenſchmerzen, zuweilen den ſchwarzen Staar, Schlafloſigkeit, Hirnwuth, Staarſucht, Narr- heit, Schlagfluͤße, und ſo, wie alle, die ein ſchwa- ches und ſehr empfindliches Nervenſyſtem haben, von jeder ungewoͤhnlichen Gemuͤthsbewegung Unverdaulich- keit und andere Nervenzuſtaͤnde. — Alle dieſe Leute ſind mit aͤußerſter Behutſamkeit in allen ihren Ge- brechen zu behandeln. Sie verfallen von ein Bischen Honig oder Salz, von einem Klyſtiere, von einer widrigen Vorſtellung in toͤdtliche Ohnmachten, Zu- ckungen, Zittern, in die ſchwerſten Ruͤckfaͤlle u. d. gl. Mit den Ausleerungen kann man daher nie behutſam genug ſeyn. Wenn ich bey dem oben S. 329 ange- fuͤhrten Kranken, der fuͤnfmal ruͤckfaͤllig wurde, ei- nen Fehler begangen habe, ſo iſt es zuverlaͤßig dieſer, daß ich mich durch den Schmutz der Zunge, durch das anfaͤngliche freywillige Erbrechen, durch den un- ertraͤglichen Geſtank der Ausleerungen verfuͤhren ließ, nebſt den angezeigten Mitteln, der Rinde, dem Kam- pfer und Wein, durch einige Gaben Tamarinden alle Tage einen oder zwey Stuͤhle zu bewirken. Der naͤm- lichen Urſache ſchreibe ich den Tod jener Frau S. 327 zu, bey der man wider meinen Willen die Heilart auf Abfuͤhrungen, und Schwefelgeiſt einſchraͤnkte, obſchon ſie ſich ſchon zweymal durch die blos ſtaͤrkende Heilart gebeſſert hatte. Dem Bedienten S. 535 ließ ich durchaus nicht einmal ein Klyſtier geben, obſchon er

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der erste Band von Franz Joseph Galls "Philosophi… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/590
Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 571. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/590>, abgerufen am 23.11.2024.