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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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che aus Schrecken vor einem Panther tode Jungen
zur Welt brachte.*) Wie sehr die Säfte bey Mensch
und Vieh durch die Leidenschaften verdorben werden,
bezeugen die gefährlichen daher entstehenden Krankheiten
der Menschen, und die mißlichen Biße erzürnter Hunde.

Uiberraschung, Furcht, Schrecken, höchste
Kleinmuth wirken in allen Fällen beym Thiere wie beym
Menschen. Es giebt kein besser Mittel, seinen Feind
aus der Faßung zu bringen, als daß man entweder
gerade auf ihn zuläuft, oder ihm sonst auf eine uner-
wartete Art begegnet. Der grimmigste Hund wird
in die Flucht gejagt, wenn man ihm auf allen Vieren
entgegen kriecht, und die Hottentoten wissen dadurch
den Löwen von seinem blutgierigen Vorhaben abzu-
bringen, daß sie gerade auf ihn zugehen, weil er nur
aus dem Hinterhalt seine Beute anzufallen gewöhnt ist.
So lange sich im Schrecken nicht die Furcht und die
Kleinmuth unserer bemeistern, so lange nehmen wir
jedesmal die weisesten Maßregeln. Eben so vertheidigt
sich der Esel in einem Winkel mit den Hinterfüßen,
der Ochse mit dem Horn, und der flüchtige Haase
weiß mittelst falscher Sprünge dem Hunde zu entkom-
men. Aber wenn sich Furcht und Kleinmuth zum
Schrecken gesellen, so ist bey Mensch und Vieh alle
selbstthätige Rettung verloren. Man behandelte eine
ledige, schwangere Frauensperson gerichtlich, weil sie
einem schnell heranfahrenden Wagen nicht ausgewichen
war, da sie es doch gemächlich hätte thun können.
Wäre den Richtern das Betragen des Eichhörnchens

beym
*) Geographische Geschichte des Menschen.

che aus Schrecken vor einem Panther tode Jungen
zur Welt brachte.*) Wie ſehr die Saͤfte bey Menſch
und Vieh durch die Leidenſchaften verdorben werden,
bezeugen die gefaͤhrlichen daher entſtehenden Krankheiten
der Menſchen, und die mißlichen Biße erzuͤrnter Hunde.

Uiberraſchung, Furcht, Schrecken, hoͤchſte
Kleinmuth wirken in allen Faͤllen beym Thiere wie beym
Menſchen. Es giebt kein beſſer Mittel, ſeinen Feind
aus der Faßung zu bringen, als daß man entweder
gerade auf ihn zulaͤuft, oder ihm ſonſt auf eine uner-
wartete Art begegnet. Der grimmigſte Hund wird
in die Flucht gejagt, wenn man ihm auf allen Vieren
entgegen kriecht, und die Hottentoten wiſſen dadurch
den Loͤwen von ſeinem blutgierigen Vorhaben abzu-
bringen, daß ſie gerade auf ihn zugehen, weil er nur
aus dem Hinterhalt ſeine Beute anzufallen gewoͤhnt iſt.
So lange ſich im Schrecken nicht die Furcht und die
Kleinmuth unſerer bemeiſtern, ſo lange nehmen wir
jedesmal die weiſeſten Maßregeln. Eben ſo vertheidigt
ſich der Eſel in einem Winkel mit den Hinterfuͤßen,
der Ochſe mit dem Horn, und der fluͤchtige Haaſe
weiß mittelſt falſcher Spruͤnge dem Hunde zu entkom-
men. Aber wenn ſich Furcht und Kleinmuth zum
Schrecken geſellen, ſo iſt bey Menſch und Vieh alle
ſelbſtthaͤtige Rettung verloren. Man behandelte eine
ledige, ſchwangere Frauensperſon gerichtlich, weil ſie
einem ſchnell heranfahrenden Wagen nicht ausgewichen
war, da ſie es doch gemaͤchlich haͤtte thun koͤnnen.
Waͤre den Richtern das Betragen des Eichhoͤrnchens

beym
*) Geographiſche Geſchichte des Menſchen.
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[39/0058] che aus Schrecken vor einem Panther tode Jungen zur Welt brachte. *) Wie ſehr die Saͤfte bey Menſch und Vieh durch die Leidenſchaften verdorben werden, bezeugen die gefaͤhrlichen daher entſtehenden Krankheiten der Menſchen, und die mißlichen Biße erzuͤrnter Hunde. Uiberraſchung, Furcht, Schrecken, hoͤchſte Kleinmuth wirken in allen Faͤllen beym Thiere wie beym Menſchen. Es giebt kein beſſer Mittel, ſeinen Feind aus der Faßung zu bringen, als daß man entweder gerade auf ihn zulaͤuft, oder ihm ſonſt auf eine uner- wartete Art begegnet. Der grimmigſte Hund wird in die Flucht gejagt, wenn man ihm auf allen Vieren entgegen kriecht, und die Hottentoten wiſſen dadurch den Loͤwen von ſeinem blutgierigen Vorhaben abzu- bringen, daß ſie gerade auf ihn zugehen, weil er nur aus dem Hinterhalt ſeine Beute anzufallen gewoͤhnt iſt. So lange ſich im Schrecken nicht die Furcht und die Kleinmuth unſerer bemeiſtern, ſo lange nehmen wir jedesmal die weiſeſten Maßregeln. Eben ſo vertheidigt ſich der Eſel in einem Winkel mit den Hinterfuͤßen, der Ochſe mit dem Horn, und der fluͤchtige Haaſe weiß mittelſt falſcher Spruͤnge dem Hunde zu entkom- men. Aber wenn ſich Furcht und Kleinmuth zum Schrecken geſellen, ſo iſt bey Menſch und Vieh alle ſelbſtthaͤtige Rettung verloren. Man behandelte eine ledige, ſchwangere Frauensperſon gerichtlich, weil ſie einem ſchnell heranfahrenden Wagen nicht ausgewichen war, da ſie es doch gemaͤchlich haͤtte thun koͤnnen. Waͤre den Richtern das Betragen des Eichhoͤrnchens beym *) Geographiſche Geſchichte des Menſchen.

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/58>, abgerufen am 24.11.2024.