Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

stärkende und nährende Mittel, Milch u. d. gl. so
wird der Kranke ein schleichendes Fieber bekommen,
und seine Kräfte desto mehr verlieren, je länger und
je mehr er sich dieser Mittel bedient. Eben so ist in
den hitzigen Fiebern von venerischen Ausschweifungen
eine große Schwäche vorhanden, und die Kräfte ge-
hen mit unbegreiflicher Geschwindigkeit verloren. Den-
noch darf man da nicht stärken; sondern man muß lin-
dernde, verdünnende, erweichende, nährende Mittel
geben, welche zugleich die Kräfte erstatten, z. B.
die Buttermilch. Dieses gilt überhaupt bey jeder
verdorbenen Leibesbeschaffenheit, weßwegen ich die gu-
te Leibesbeschaffenheit als das erste Erforderniß auf-
gestellt habe. Indessen gehört viel Scharfsinn dazu,
daß man wiße, wie viel von dem einem und dem an-
dern erfordert werde.

Daß man bey Beurtheilung der Entkräftung
weder den Klagen der Kranken, noch den Berichten
der Freunde trauen solle; -- daß die Entkräftung je-
des Mal nur mit Rücksicht auf die Natur und die Ei-
genheiten der gegenwärtigen Krankheit und ihrer Zeit-
punkte beurtheilt werden müße; -- daß die heftigen,
krampfhaften, unordentlichen Bewegungen, welche
oft nach den häufigsten Ausleerungen, auf der höch-
sten Stufe der wahren Entkräftung entstehen, keine
Beweise einer noch wirksamen und kraftvollen Natur
seyn können; sondern vielmehr anzeigen, daß die Le-
benskräfte bis auf die Ueberbleibsel der Reitzbarkeit
zerstöhrt sind. -- -- Dieses alles ergiebt sich aus dem,
was ich durchgängig von den Kräften gesagt habe.


Drit-

ſtaͤrkende und naͤhrende Mittel, Milch u. d. gl. ſo
wird der Kranke ein ſchleichendes Fieber bekommen,
und ſeine Kraͤfte deſto mehr verlieren, je laͤnger und
je mehr er ſich dieſer Mittel bedient. Eben ſo iſt in
den hitzigen Fiebern von veneriſchen Ausſchweifungen
eine große Schwaͤche vorhanden, und die Kraͤfte ge-
hen mit unbegreiflicher Geſchwindigkeit verloren. Den-
noch darf man da nicht ſtaͤrken; ſondern man muß lin-
dernde, verduͤnnende, erweichende, naͤhrende Mittel
geben, welche zugleich die Kraͤfte erſtatten, z. B.
die Buttermilch. Dieſes gilt uͤberhaupt bey jeder
verdorbenen Leibesbeſchaffenheit, weßwegen ich die gu-
te Leibesbeſchaffenheit als das erſte Erforderniß auf-
geſtellt habe. Indeſſen gehoͤrt viel Scharfſinn dazu,
daß man wiße, wie viel von dem einem und dem an-
dern erfordert werde.

Daß man bey Beurtheilung der Entkraͤftung
weder den Klagen der Kranken, noch den Berichten
der Freunde trauen ſolle; — daß die Entkraͤftung je-
des Mal nur mit Ruͤckſicht auf die Natur und die Ei-
genheiten der gegenwaͤrtigen Krankheit und ihrer Zeit-
punkte beurtheilt werden muͤße; — daß die heftigen,
krampfhaften, unordentlichen Bewegungen, welche
oft nach den haͤufigſten Ausleerungen, auf der hoͤch-
ſten Stufe der wahren Entkraͤftung entſtehen, keine
Beweiſe einer noch wirkſamen und kraftvollen Natur
ſeyn koͤnnen; ſondern vielmehr anzeigen, daß die Le-
benskraͤfte bis auf die Ueberbleibſel der Reitzbarkeit
zerſtoͤhrt ſind. — — Dieſes alles ergiebt ſich aus dem,
was ich durchgaͤngig von den Kraͤften geſagt habe.


Drit-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0551" n="532"/>
&#x017F;ta&#x0364;rkende und na&#x0364;hrende Mittel, Milch u. d. gl. &#x017F;o<lb/>
wird der Kranke ein &#x017F;chleichendes Fieber bekommen,<lb/>
und &#x017F;eine Kra&#x0364;fte de&#x017F;to mehr verlieren, je la&#x0364;nger und<lb/>
je mehr er &#x017F;ich die&#x017F;er Mittel bedient. Eben &#x017F;o i&#x017F;t in<lb/>
den hitzigen Fiebern von veneri&#x017F;chen Aus&#x017F;chweifungen<lb/>
eine große Schwa&#x0364;che vorhanden, und die Kra&#x0364;fte ge-<lb/>
hen mit unbegreiflicher Ge&#x017F;chwindigkeit verloren. Den-<lb/>
noch darf man da nicht &#x017F;ta&#x0364;rken; &#x017F;ondern man muß lin-<lb/>
dernde, verdu&#x0364;nnende, erweichende, na&#x0364;hrende Mittel<lb/>
geben, welche zugleich die Kra&#x0364;fte er&#x017F;tatten, z. B.<lb/>
die Buttermilch. Die&#x017F;es gilt u&#x0364;berhaupt bey jeder<lb/>
verdorbenen Leibesbe&#x017F;chaffenheit, weßwegen ich die gu-<lb/>
te Leibesbe&#x017F;chaffenheit als das er&#x017F;te Erforderniß auf-<lb/>
ge&#x017F;tellt habe. Inde&#x017F;&#x017F;en geho&#x0364;rt viel Scharf&#x017F;inn dazu,<lb/>
daß man wiße, wie viel von dem einem und dem an-<lb/>
dern erfordert werde.</p><lb/>
            <p>Daß man bey Beurtheilung der Entkra&#x0364;ftung<lb/>
weder den Klagen der Kranken, noch den Berichten<lb/>
der Freunde trauen &#x017F;olle; &#x2014; daß die Entkra&#x0364;ftung je-<lb/>
des Mal nur mit Ru&#x0364;ck&#x017F;icht auf die Natur und die Ei-<lb/>
genheiten der gegenwa&#x0364;rtigen Krankheit und ihrer Zeit-<lb/>
punkte beurtheilt werden mu&#x0364;ße; &#x2014; daß die heftigen,<lb/>
krampfhaften, unordentlichen Bewegungen, welche<lb/>
oft nach den ha&#x0364;ufig&#x017F;ten Ausleerungen, auf der ho&#x0364;ch-<lb/>
&#x017F;ten Stufe der wahren Entkra&#x0364;ftung ent&#x017F;tehen, keine<lb/>
Bewei&#x017F;e einer noch wirk&#x017F;amen und kraftvollen Natur<lb/>
&#x017F;eyn ko&#x0364;nnen; &#x017F;ondern vielmehr anzeigen, daß die Le-<lb/>
benskra&#x0364;fte bis auf die Ueberbleib&#x017F;el der Reitzbarkeit<lb/>
zer&#x017F;to&#x0364;hrt &#x017F;ind. &#x2014; &#x2014; Die&#x017F;es alles ergiebt &#x017F;ich aus dem,<lb/>
was ich durchga&#x0364;ngig von den Kra&#x0364;ften ge&#x017F;agt habe.</p>
          </div><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Drit-</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[532/0551] ſtaͤrkende und naͤhrende Mittel, Milch u. d. gl. ſo wird der Kranke ein ſchleichendes Fieber bekommen, und ſeine Kraͤfte deſto mehr verlieren, je laͤnger und je mehr er ſich dieſer Mittel bedient. Eben ſo iſt in den hitzigen Fiebern von veneriſchen Ausſchweifungen eine große Schwaͤche vorhanden, und die Kraͤfte ge- hen mit unbegreiflicher Geſchwindigkeit verloren. Den- noch darf man da nicht ſtaͤrken; ſondern man muß lin- dernde, verduͤnnende, erweichende, naͤhrende Mittel geben, welche zugleich die Kraͤfte erſtatten, z. B. die Buttermilch. Dieſes gilt uͤberhaupt bey jeder verdorbenen Leibesbeſchaffenheit, weßwegen ich die gu- te Leibesbeſchaffenheit als das erſte Erforderniß auf- geſtellt habe. Indeſſen gehoͤrt viel Scharfſinn dazu, daß man wiße, wie viel von dem einem und dem an- dern erfordert werde. Daß man bey Beurtheilung der Entkraͤftung weder den Klagen der Kranken, noch den Berichten der Freunde trauen ſolle; — daß die Entkraͤftung je- des Mal nur mit Ruͤckſicht auf die Natur und die Ei- genheiten der gegenwaͤrtigen Krankheit und ihrer Zeit- punkte beurtheilt werden muͤße; — daß die heftigen, krampfhaften, unordentlichen Bewegungen, welche oft nach den haͤufigſten Ausleerungen, auf der hoͤch- ſten Stufe der wahren Entkraͤftung entſtehen, keine Beweiſe einer noch wirkſamen und kraftvollen Natur ſeyn koͤnnen; ſondern vielmehr anzeigen, daß die Le- benskraͤfte bis auf die Ueberbleibſel der Reitzbarkeit zerſtoͤhrt ſind. — — Dieſes alles ergiebt ſich aus dem, was ich durchgaͤngig von den Kraͤften geſagt habe. Drit-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der erste Band von Franz Joseph Galls "Philosophi… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/551
Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 532. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/551>, abgerufen am 23.11.2024.