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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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Drücken, und einen heftigen Husten unmittelbar sich
äußern; ich sehe Leute, die einen schwachen Magen
haben, die unerträglichsten Reitzungen zum Brechen
auf jede Gemüthserschütterung ausstehen, und andere
in die grausamsten Magenkrämpfe verfallen; ich sehe
Leute, die sehr schwache Därme haben, plötzlich in
die grausamsten Kolicken verfallen, oder unmittelbar
auf die Gemüthserschütterung den ganzen Tag zu Stuh-
le gehen; ich sehe andere, die eine schwache Harn-
blase haben, heftige Krämpfungen in derselben leiden,
oder ohne Aufhören harnen; ich sehe Frauen, die den
weißen Fluß sehr stark, und nicht nur unmittelbar
vor oder nach ihrer Reinigung, sondern immerfort
haben, jede Gemüthserschütterung vorzüglich in den
Lenden fühlen; ich sehe bey andern, die vor vielen
Jahren das Gliederreissen hatten, auf jede Gemüths-
erschütterung ein plötzliches, und wie ich oft bemerkt,
sogar mit Geschwulst begleitetes Gliederreissen entste-
hen; ich sehe endlich auf jede Gemüthserschütterung
ein heftiges Zittern, plötzliches Aufjucken, Schluksen,
Schreyen, bey Leuten entstehen, die den Konvulsionen
unterworfen sind. Aus allen diesen fast täglich von
mir wiederholten Beobachtungen ziehe ich also den
Schluß, daß derjenige Theil in dem Menschen der
schwächeste ist, auf welchen die Folgen von jeder Ge-
müthserschütterung sich vorzüglich äußern.*) Er be-
merkt noch, daß die meisten gelegentlichen Ursachen
der Krankheiten auf diesen schwächern Theil vorzüg-
lich wirken, und daß eben dieser schwächere Theil

sehr
*) Von der Erfahrung 4tes Buch 14tes K.

Druͤcken, und einen heftigen Huſten unmittelbar ſich
aͤußern; ich ſehe Leute, die einen ſchwachen Magen
haben, die unertraͤglichſten Reitzungen zum Brechen
auf jede Gemuͤthserſchuͤtterung ausſtehen, und andere
in die grauſamſten Magenkraͤmpfe verfallen; ich ſehe
Leute, die ſehr ſchwache Daͤrme haben, ploͤtzlich in
die grauſamſten Kolicken verfallen, oder unmittelbar
auf die Gemuͤthserſchuͤtterung den ganzen Tag zu Stuh-
le gehen; ich ſehe andere, die eine ſchwache Harn-
blaſe haben, heftige Kraͤmpfungen in derſelben leiden,
oder ohne Aufhoͤren harnen; ich ſehe Frauen, die den
weißen Fluß ſehr ſtark, und nicht nur unmittelbar
vor oder nach ihrer Reinigung, ſondern immerfort
haben, jede Gemuͤthserſchuͤtterung vorzuͤglich in den
Lenden fuͤhlen; ich ſehe bey andern, die vor vielen
Jahren das Gliederreiſſen hatten, auf jede Gemuͤths-
erſchuͤtterung ein ploͤtzliches, und wie ich oft bemerkt,
ſogar mit Geſchwulſt begleitetes Gliederreiſſen entſte-
hen; ich ſehe endlich auf jede Gemuͤthserſchuͤtterung
ein heftiges Zittern, ploͤtzliches Aufjucken, Schlukſen,
Schreyen, bey Leuten entſtehen, die den Konvulſionen
unterworfen ſind. Aus allen dieſen faſt taͤglich von
mir wiederholten Beobachtungen ziehe ich alſo den
Schluß, daß derjenige Theil in dem Menſchen der
ſchwaͤcheſte iſt, auf welchen die Folgen von jeder Ge-
muͤthserſchuͤtterung ſich vorzuͤglich aͤußern.*) Er be-
merkt noch, daß die meiſten gelegentlichen Urſachen
der Krankheiten auf dieſen ſchwaͤchern Theil vorzuͤg-
lich wirken, und daß eben dieſer ſchwaͤchere Theil

ſehr
*) Von der Erfahrung 4tes Buch 14tes K.
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[453/0472] Druͤcken, und einen heftigen Huſten unmittelbar ſich aͤußern; ich ſehe Leute, die einen ſchwachen Magen haben, die unertraͤglichſten Reitzungen zum Brechen auf jede Gemuͤthserſchuͤtterung ausſtehen, und andere in die grauſamſten Magenkraͤmpfe verfallen; ich ſehe Leute, die ſehr ſchwache Daͤrme haben, ploͤtzlich in die grauſamſten Kolicken verfallen, oder unmittelbar auf die Gemuͤthserſchuͤtterung den ganzen Tag zu Stuh- le gehen; ich ſehe andere, die eine ſchwache Harn- blaſe haben, heftige Kraͤmpfungen in derſelben leiden, oder ohne Aufhoͤren harnen; ich ſehe Frauen, die den weißen Fluß ſehr ſtark, und nicht nur unmittelbar vor oder nach ihrer Reinigung, ſondern immerfort haben, jede Gemuͤthserſchuͤtterung vorzuͤglich in den Lenden fuͤhlen; ich ſehe bey andern, die vor vielen Jahren das Gliederreiſſen hatten, auf jede Gemuͤths- erſchuͤtterung ein ploͤtzliches, und wie ich oft bemerkt, ſogar mit Geſchwulſt begleitetes Gliederreiſſen entſte- hen; ich ſehe endlich auf jede Gemuͤthserſchuͤtterung ein heftiges Zittern, ploͤtzliches Aufjucken, Schlukſen, Schreyen, bey Leuten entſtehen, die den Konvulſionen unterworfen ſind. Aus allen dieſen faſt taͤglich von mir wiederholten Beobachtungen ziehe ich alſo den Schluß, daß derjenige Theil in dem Menſchen der ſchwaͤcheſte iſt, auf welchen die Folgen von jeder Ge- muͤthserſchuͤtterung ſich vorzuͤglich aͤußern. *) Er be- merkt noch, daß die meiſten gelegentlichen Urſachen der Krankheiten auf dieſen ſchwaͤchern Theil vorzuͤg- lich wirken, und daß eben dieſer ſchwaͤchere Theil ſehr *) Von der Erfahrung 4tes Buch 14tes K.

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/472>, abgerufen am 24.11.2024.