Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

wirke ich in acht, höchstens vierzehn Tagen so viel,
daß ich anfänglich in kurzer Zeit die vollständige Hei-
lung erwartete; allein ich fand meine Hoffnung öfters
getäuscht, indem ich diese entweder nie zu Stand
brachte, oder aber baldige Rückfälle erfahren muste-
Seitdem ich aber die vorigen Arzneyen, nachdem sie
die erste gute Wirkung gethan haben, alsogleich mit
der Rinde, mit Eisen, Eisenvitriol u. d. gl. versetze,
habe ich viele, dem Anschein nach unmögliche, schnel-
le und standhafte Kuren bewirkt.

§. 52.

Um einzusehen, warum die eigenmächtigen Ku-
ren in langwierigen Krankheiten der Natur nur selten
glücken können, darf man nur die Zufälle beherzigen,
welche sich gewöhnlich dergleichen Krankheiten in einem
oder dem andern Zeitpunkte beygesellen.

Es äußern sich alle Zeichen eines schlechten Ma-
gens und einer verdorbenen Verdauung, Eckel, Dru-
cken, Sodbrennen, stinkendes, saures, scharfes Auf-
stoßen, unordentliche, bald unersättliche, bald ganz
mangelnde Eßlust; Müdigkeit in allen Gliedern;
kleiner, geschwinder, langsamer, krampfhafter, sehr
abwechselnder Aderschlag; roher, wässerichter, häu-
figer, sparsamer, sehr gefärbter, trüber, mit dickem,
ziegelmehlähnlichem Bodensatz versehner, mit Zwang
abgehender oder ganz zurückgehaltener Harn; amei-
senartiges Kribbeln nach der Länge des Rückgrades
und der Lenden; beschwerliches kurzes, geschwindes,
beym Steigen, und endlich selbst beym geradeaus Lie-

gen
D d 2

wirke ich in acht, hoͤchſtens vierzehn Tagen ſo viel,
daß ich anfaͤnglich in kurzer Zeit die vollſtaͤndige Hei-
lung erwartete; allein ich fand meine Hoffnung oͤfters
getaͤuſcht, indem ich dieſe entweder nie zu Stand
brachte, oder aber baldige Ruͤckfaͤlle erfahren muſte-
Seitdem ich aber die vorigen Arzneyen, nachdem ſie
die erſte gute Wirkung gethan haben, alſogleich mit
der Rinde, mit Eiſen, Eiſenvitriol u. d. gl. verſetze,
habe ich viele, dem Anſchein nach unmoͤgliche, ſchnel-
le und ſtandhafte Kuren bewirkt.

§. 52.

Um einzuſehen, warum die eigenmaͤchtigen Ku-
ren in langwierigen Krankheiten der Natur nur ſelten
gluͤcken koͤnnen, darf man nur die Zufaͤlle beherzigen,
welche ſich gewoͤhnlich dergleichen Krankheiten in einem
oder dem andern Zeitpunkte beygeſellen.

Es aͤußern ſich alle Zeichen eines ſchlechten Ma-
gens und einer verdorbenen Verdauung, Eckel, Dru-
cken, Sodbrennen, ſtinkendes, ſaures, ſcharfes Auf-
ſtoßen, unordentliche, bald unerſaͤttliche, bald ganz
mangelnde Eßluſt; Muͤdigkeit in allen Gliedern;
kleiner, geſchwinder, langſamer, krampfhafter, ſehr
abwechſelnder Aderſchlag; roher, waͤſſerichter, haͤu-
figer, ſparſamer, ſehr gefaͤrbter, truͤber, mit dickem,
ziegelmehlaͤhnlichem Bodenſatz verſehner, mit Zwang
abgehender oder ganz zuruͤckgehaltener Harn; amei-
ſenartiges Kribbeln nach der Laͤnge des Ruͤckgrades
und der Lenden; beſchwerliches kurzes, geſchwindes,
beym Steigen, und endlich ſelbſt beym geradeaus Lie-

gen
D d 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0438" n="419"/>
wirke ich in acht, ho&#x0364;ch&#x017F;tens vierzehn Tagen &#x017F;o viel,<lb/>
daß ich anfa&#x0364;nglich in kurzer Zeit die voll&#x017F;ta&#x0364;ndige Hei-<lb/>
lung erwartete; allein ich fand meine Hoffnung o&#x0364;fters<lb/>
geta&#x0364;u&#x017F;cht, indem ich die&#x017F;e entweder nie zu Stand<lb/>
brachte, oder aber baldige Ru&#x0364;ckfa&#x0364;lle erfahren mu&#x017F;te-<lb/>
Seitdem ich aber die vorigen Arzneyen, nachdem &#x017F;ie<lb/>
die er&#x017F;te gute Wirkung gethan haben, al&#x017F;ogleich mit<lb/>
der Rinde, mit Ei&#x017F;en, Ei&#x017F;envitriol u. d. gl. ver&#x017F;etze,<lb/>
habe ich viele, dem An&#x017F;chein nach unmo&#x0364;gliche, &#x017F;chnel-<lb/>
le und &#x017F;tandhafte Kuren bewirkt.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 52.</head><lb/>
              <p>Um einzu&#x017F;ehen, warum die eigenma&#x0364;chtigen Ku-<lb/>
ren in langwierigen Krankheiten der Natur nur &#x017F;elten<lb/>
glu&#x0364;cken ko&#x0364;nnen, darf man nur die Zufa&#x0364;lle beherzigen,<lb/>
welche &#x017F;ich gewo&#x0364;hnlich dergleichen Krankheiten in einem<lb/>
oder dem andern Zeitpunkte beyge&#x017F;ellen.</p><lb/>
              <p>Es a&#x0364;ußern &#x017F;ich alle Zeichen eines &#x017F;chlechten Ma-<lb/>
gens und einer verdorbenen Verdauung, Eckel, Dru-<lb/>
cken, Sodbrennen, &#x017F;tinkendes, &#x017F;aures, &#x017F;charfes Auf-<lb/>
&#x017F;toßen, unordentliche, bald uner&#x017F;a&#x0364;ttliche, bald ganz<lb/>
mangelnde Eßlu&#x017F;t; Mu&#x0364;digkeit in allen Gliedern;<lb/>
kleiner, ge&#x017F;chwinder, lang&#x017F;amer, krampfhafter, &#x017F;ehr<lb/>
abwech&#x017F;elnder Ader&#x017F;chlag; roher, wa&#x0364;&#x017F;&#x017F;erichter, ha&#x0364;u-<lb/>
figer, &#x017F;par&#x017F;amer, &#x017F;ehr gefa&#x0364;rbter, tru&#x0364;ber, mit dickem,<lb/>
ziegelmehla&#x0364;hnlichem Boden&#x017F;atz ver&#x017F;ehner, mit Zwang<lb/>
abgehender oder ganz zuru&#x0364;ckgehaltener Harn; amei-<lb/>
&#x017F;enartiges Kribbeln nach der La&#x0364;nge des Ru&#x0364;ckgrades<lb/>
und der Lenden; be&#x017F;chwerliches kurzes, ge&#x017F;chwindes,<lb/>
beym Steigen, und endlich &#x017F;elb&#x017F;t beym geradeaus Lie-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D d 2</fw><fw place="bottom" type="catch">gen</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[419/0438] wirke ich in acht, hoͤchſtens vierzehn Tagen ſo viel, daß ich anfaͤnglich in kurzer Zeit die vollſtaͤndige Hei- lung erwartete; allein ich fand meine Hoffnung oͤfters getaͤuſcht, indem ich dieſe entweder nie zu Stand brachte, oder aber baldige Ruͤckfaͤlle erfahren muſte- Seitdem ich aber die vorigen Arzneyen, nachdem ſie die erſte gute Wirkung gethan haben, alſogleich mit der Rinde, mit Eiſen, Eiſenvitriol u. d. gl. verſetze, habe ich viele, dem Anſchein nach unmoͤgliche, ſchnel- le und ſtandhafte Kuren bewirkt. §. 52. Um einzuſehen, warum die eigenmaͤchtigen Ku- ren in langwierigen Krankheiten der Natur nur ſelten gluͤcken koͤnnen, darf man nur die Zufaͤlle beherzigen, welche ſich gewoͤhnlich dergleichen Krankheiten in einem oder dem andern Zeitpunkte beygeſellen. Es aͤußern ſich alle Zeichen eines ſchlechten Ma- gens und einer verdorbenen Verdauung, Eckel, Dru- cken, Sodbrennen, ſtinkendes, ſaures, ſcharfes Auf- ſtoßen, unordentliche, bald unerſaͤttliche, bald ganz mangelnde Eßluſt; Muͤdigkeit in allen Gliedern; kleiner, geſchwinder, langſamer, krampfhafter, ſehr abwechſelnder Aderſchlag; roher, waͤſſerichter, haͤu- figer, ſparſamer, ſehr gefaͤrbter, truͤber, mit dickem, ziegelmehlaͤhnlichem Bodenſatz verſehner, mit Zwang abgehender oder ganz zuruͤckgehaltener Harn; amei- ſenartiges Kribbeln nach der Laͤnge des Ruͤckgrades und der Lenden; beſchwerliches kurzes, geſchwindes, beym Steigen, und endlich ſelbſt beym geradeaus Lie- gen D d 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der erste Band von Franz Joseph Galls "Philosophi… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/438
Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/438>, abgerufen am 21.11.2024.