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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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Man fragte ihn einige Erklärungen aus seinem Hei-
neccius
; er antwortete so gut, als in seinen gesunden
Tagen, und konnte immer diese ihm unbewußte Ge-
schicklichkeit nicht fassen. Endlich kam ihm sein or-
dentliches Gedächtniß wieder. -- -- --

"Ich hab einen Jungen gekannt, fährt Weikard
fort, der nach langer Ruhr endlich genaß, auch wie-
der Kräfte zum Gehen hatte. Er war aber ohne
Vernunft, und just so, wie ein Vieh von der dümmern
Gattung. Er aß und trank, wenn es ihm vorkam;
er nahm auch andern Speise weg, ohne jemals et-
was ordentlich zu begehren. Er war ohne Scheu,
ohne Schaam, und gieng auf Wasser oder jede ge-
fährliche Gegenden ohne Ueberlegung zu. Er nennte
Niemand mit dem rechten Namen. Er sprach beyna-
he nichts, als nur manchmal ein verstelltes oder un-
gewöhnliches Wort. Er erwischte eines Tages häu-
figen starken Wein, Kafee und Zuckerbrod, und ver-
zehrte alles. Er schlief, und rufte den andern Mor-
gen seine Schwester mit Namen und verlangte eine
Suppe. So klug war er seit seiner Krankheit noch
nie gewesen. Man kochte ihm die Suppe, und fand
ihn wieder in seiner Unvernunft, als die Suppe fer-
rig war. Er war den folgenden Tag einige Stunden,
hierauf einen halben und endlich einen ganzen Tag
vernünftig, so daß er wieder seine völlige Vernunft
bekam.*)

Sydenham hat oft bemerkt, daß, wenn Wech-
[s]elfieber lange gedauert, viele Anfälle gemacht haben,

oder
*) Der Philosophische Arzt. 1 St. S. 39.

Man fragte ihn einige Erklaͤrungen aus ſeinem Hei-
neccius
; er antwortete ſo gut, als in ſeinen geſunden
Tagen, und konnte immer dieſe ihm unbewußte Ge-
ſchicklichkeit nicht faſſen. Endlich kam ihm ſein or-
dentliches Gedaͤchtniß wieder. — — —

“Ich hab einen Jungen gekannt, faͤhrt Weikard
fort, der nach langer Ruhr endlich genaß, auch wie-
der Kraͤfte zum Gehen hatte. Er war aber ohne
Vernunft, und juſt ſo, wie ein Vieh von der duͤmmern
Gattung. Er aß und trank, wenn es ihm vorkam;
er nahm auch andern Speiſe weg, ohne jemals et-
was ordentlich zu begehren. Er war ohne Scheu,
ohne Schaam, und gieng auf Waſſer oder jede ge-
faͤhrliche Gegenden ohne Ueberlegung zu. Er nennte
Niemand mit dem rechten Namen. Er ſprach beyna-
he nichts, als nur manchmal ein verſtelltes oder un-
gewoͤhnliches Wort. Er erwiſchte eines Tages haͤu-
figen ſtarken Wein, Kafee und Zuckerbrod, und ver-
zehrte alles. Er ſchlief, und rufte den andern Mor-
gen ſeine Schweſter mit Namen und verlangte eine
Suppe. So klug war er ſeit ſeiner Krankheit noch
nie geweſen. Man kochte ihm die Suppe, und fand
ihn wieder in ſeiner Unvernunft, als die Suppe fer-
rig war. Er war den folgenden Tag einige Stunden,
hierauf einen halben und endlich einen ganzen Tag
vernuͤnftig, ſo daß er wieder ſeine voͤllige Vernunft
bekam.*)

Sydenham hat oft bemerkt, daß, wenn Wech-
[ſ]elfieber lange gedauert, viele Anfaͤlle gemacht haben,

oder
*) Der Philoſophiſche Arzt. 1 St. S. 39.
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[391/0410] Man fragte ihn einige Erklaͤrungen aus ſeinem Hei- neccius; er antwortete ſo gut, als in ſeinen geſunden Tagen, und konnte immer dieſe ihm unbewußte Ge- ſchicklichkeit nicht faſſen. Endlich kam ihm ſein or- dentliches Gedaͤchtniß wieder. — — — “Ich hab einen Jungen gekannt, faͤhrt Weikard fort, der nach langer Ruhr endlich genaß, auch wie- der Kraͤfte zum Gehen hatte. Er war aber ohne Vernunft, und juſt ſo, wie ein Vieh von der duͤmmern Gattung. Er aß und trank, wenn es ihm vorkam; er nahm auch andern Speiſe weg, ohne jemals et- was ordentlich zu begehren. Er war ohne Scheu, ohne Schaam, und gieng auf Waſſer oder jede ge- faͤhrliche Gegenden ohne Ueberlegung zu. Er nennte Niemand mit dem rechten Namen. Er ſprach beyna- he nichts, als nur manchmal ein verſtelltes oder un- gewoͤhnliches Wort. Er erwiſchte eines Tages haͤu- figen ſtarken Wein, Kafee und Zuckerbrod, und ver- zehrte alles. Er ſchlief, und rufte den andern Mor- gen ſeine Schweſter mit Namen und verlangte eine Suppe. So klug war er ſeit ſeiner Krankheit noch nie geweſen. Man kochte ihm die Suppe, und fand ihn wieder in ſeiner Unvernunft, als die Suppe fer- rig war. Er war den folgenden Tag einige Stunden, hierauf einen halben und endlich einen ganzen Tag vernuͤnftig, ſo daß er wieder ſeine voͤllige Vernunft bekam. *) Sydenham hat oft bemerkt, daß, wenn Wech- ſelfieber lange gedauert, viele Anfaͤlle gemacht haben, oder *) Der Philoſophiſche Arzt. 1 St. S. 39.

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/410>, abgerufen am 22.11.2024.