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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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§. 35.

Eine schlechte, und schwächliche Leibesbeschaffen-
heit sind manchmal so unzertrennbare Gefehrden, daß
man sie nicht jederzeit abgesondert behandeln kann. --
Hier will ich zu erst darthun, daß überhaupt schwäch-
liche Leute mehrern, und wo nicht immer heftigern,
doch schlimmern Krankheiten unterworfen sind, als
starke und abgehärtete.

Der reiche, wollüstig und müssig lebende Eng-
länder ist weit mehr, als der Bauer, den katarrha-
lischen und entzündlichen Anschoppungen der Lunge,
und folglich der Lungenschwindsucht weit öfter ausge-
setzt. Hoffmann glaubt, die Ursache davon seye,
weil die schwache Natur in den schlappen, schwam-
michten Körpern nicht vermögend ist, die Vollsaftig-
keit gut zu verarbeiten, und den rohen Ueberfluß auf
andern Weegen auszuleeren; es müsten daher alle
Unreinigkeiten den schlappen und weichen Lungen zu-
fließen. Eben dieser Schwächlichkeit schreibt er es
zu, daß ihre Kinder so häufig geknüpft sind. Unter
diejenigen, welche den Krankheiten entgehen, zählt
er starke, arbeitsame, von rauher und einfacher
Kost lebende, den Pöbel, die Landleute, diejenigen,
welche ohne Kummer und ohne Leidenschaften ihr Le-
ben zubringen, Jünglinge, junge Männer, und die
etwas weite Blutgefäße, ein festes Fleisch haben,
aber mager sind, von welchen geschrieben steht, daß
sie keiner Arzney und keines Arztes bedörfen.*) Die-

jenigen
*) De generation[e] morborum ex morbis.
§. 35.

Eine ſchlechte, und ſchwaͤchliche Leibesbeſchaffen-
heit ſind manchmal ſo unzertrennbare Gefehrden, daß
man ſie nicht jederzeit abgeſondert behandeln kann. —
Hier will ich zu erſt darthun, daß uͤberhaupt ſchwaͤch-
liche Leute mehrern, und wo nicht immer heftigern,
doch ſchlimmern Krankheiten unterworfen ſind, als
ſtarke und abgehaͤrtete.

Der reiche, wolluͤſtig und muͤſſig lebende Eng-
laͤnder iſt weit mehr, als der Bauer, den katarrha-
liſchen und entzuͤndlichen Anſchoppungen der Lunge,
und folglich der Lungenſchwindſucht weit oͤfter ausge-
ſetzt. Hoffmann glaubt, die Urſache davon ſeye,
weil die ſchwache Natur in den ſchlappen, ſchwam-
michten Koͤrpern nicht vermoͤgend iſt, die Vollſaftig-
keit gut zu verarbeiten, und den rohen Ueberfluß auf
andern Weegen auszuleeren; es muͤſten daher alle
Unreinigkeiten den ſchlappen und weichen Lungen zu-
fließen. Eben dieſer Schwaͤchlichkeit ſchreibt er es
zu, daß ihre Kinder ſo haͤufig geknuͤpft ſind. Unter
diejenigen, welche den Krankheiten entgehen, zaͤhlt
er ſtarke, arbeitſame, von rauher und einfacher
Koſt lebende, den Poͤbel, die Landleute, diejenigen,
welche ohne Kummer und ohne Leidenſchaften ihr Le-
ben zubringen, Juͤnglinge, junge Maͤnner, und die
etwas weite Blutgefaͤße, ein feſtes Fleiſch haben,
aber mager ſind, von welchen geſchrieben ſteht, daß
ſie keiner Arzney und keines Arztes bedoͤrfen.*) Die-

jenigen
*) De generation[e] morborum ex morbis.
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[344/0363] §. 35. Eine ſchlechte, und ſchwaͤchliche Leibesbeſchaffen- heit ſind manchmal ſo unzertrennbare Gefehrden, daß man ſie nicht jederzeit abgeſondert behandeln kann. — Hier will ich zu erſt darthun, daß uͤberhaupt ſchwaͤch- liche Leute mehrern, und wo nicht immer heftigern, doch ſchlimmern Krankheiten unterworfen ſind, als ſtarke und abgehaͤrtete. Der reiche, wolluͤſtig und muͤſſig lebende Eng- laͤnder iſt weit mehr, als der Bauer, den katarrha- liſchen und entzuͤndlichen Anſchoppungen der Lunge, und folglich der Lungenſchwindſucht weit oͤfter ausge- ſetzt. Hoffmann glaubt, die Urſache davon ſeye, weil die ſchwache Natur in den ſchlappen, ſchwam- michten Koͤrpern nicht vermoͤgend iſt, die Vollſaftig- keit gut zu verarbeiten, und den rohen Ueberfluß auf andern Weegen auszuleeren; es muͤſten daher alle Unreinigkeiten den ſchlappen und weichen Lungen zu- fließen. Eben dieſer Schwaͤchlichkeit ſchreibt er es zu, daß ihre Kinder ſo haͤufig geknuͤpft ſind. Unter diejenigen, welche den Krankheiten entgehen, zaͤhlt er ſtarke, arbeitſame, von rauher und einfacher Koſt lebende, den Poͤbel, die Landleute, diejenigen, welche ohne Kummer und ohne Leidenſchaften ihr Le- ben zubringen, Juͤnglinge, junge Maͤnner, und die etwas weite Blutgefaͤße, ein feſtes Fleiſch haben, aber mager ſind, von welchen geſchrieben ſteht, daß ſie keiner Arzney und keines Arztes bedoͤrfen. *) Die- jenigen *) De generatione morborum ex morbis.

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/363>, abgerufen am 24.11.2024.