schon sie manchmal gewisse Bestrebungen äußert, so richtet sie doch nur selten etwas Erhebliches aus. So zum Beyspiel, macht sie in der Lustseuche hie und da kleine Ausfälle; durch das habituelle, hektische Fieber, welches vom venerischen Gift entsteht, und mit Ver- lust der Eßlust, mager werden, schlaflosen Nächten und blassem Aussehen verknüpft ist, bezwingt sie einige von den venerischen Ausschlägen oder Knoten auf der Beinhaut, den Knochen, den Sehnen oder andern Theilen. Allein, bald kehren die alten Zufäl- le zurück, und nie bringt die Natur eine vollkommene Zerstöhrung des Lustseuchengiftes zu Stande. -- In den Krankheiten des Unterleibes veranstaltet sie bald krampfhafte Schauer, wodurch die Verstopfungen der kleinsten Gefäße losgeschüttelt werden sollten, bald fieberhafte Hize; bald bewirkt sie auf einige Zeit ein wohlthätiges Wechselfieber, bald einen Bauchfluß; bald entleert sie zum Theil die Anschoppungen der Pfortader durch den Goldaderfluß oder durch Blut- harnen, Blutbrechen etc.; aber Sie kann den festen Theilen ihre gehörige Reizbarkeit, ihre Schnellkraft, und den flüßigen ihre gute Mischung nicht wieder ge- ben; folglich fängt das alte Uebel in wenig Tagen wieder eben so viel zu wachsen an, als es zuvor ver- mindert worden war.
Geben wir endlich zu, daß die Natur hie und da in den angeführten Fällen vollkommen siege, so kan[n] doch nicht geläugnet werden, daß sie tausendfältige, mühsame Umwege mache, und erst in Jahren erhalte, was die Kunst in wenig Tagen geleistet hätte. Man
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ſchon ſie manchmal gewiſſe Beſtrebungen aͤußert, ſo richtet ſie doch nur ſelten etwas Erhebliches aus. So zum Beyſpiel, macht ſie in der Luſtſeuche hie und da kleine Ausfaͤlle; durch das habituelle, hektiſche Fieber, welches vom veneriſchen Gift entſteht, und mit Ver- luſt der Eßluſt, mager werden, ſchlafloſen Naͤchten und blaſſem Ausſehen verknuͤpft iſt, bezwingt ſie einige von den veneriſchen Ausſchlaͤgen oder Knoten auf der Beinhaut, den Knochen, den Sehnen oder andern Theilen. Allein, bald kehren die alten Zufaͤl- le zuruͤck, und nie bringt die Natur eine vollkommene Zerſtoͤhrung des Luſtſeuchengiftes zu Stande. — In den Krankheiten des Unterleibes veranſtaltet ſie bald krampfhafte Schauer, wodurch die Verſtopfungen der kleinſten Gefaͤße losgeſchuͤttelt werden ſollten, bald fieberhafte Hize; bald bewirkt ſie auf einige Zeit ein wohlthaͤtiges Wechſelfieber, bald einen Bauchfluß; bald entleert ſie zum Theil die Anſchoppungen der Pfortader durch den Goldaderfluß oder durch Blut- harnen, Blutbrechen ꝛc.; aber Sie kann den feſten Theilen ihre gehoͤrige Reizbarkeit, ihre Schnellkraft, und den fluͤßigen ihre gute Miſchung nicht wieder ge- ben; folglich faͤngt das alte Uebel in wenig Tagen wieder eben ſo viel zu wachſen an, als es zuvor ver- mindert worden war.
Geben wir endlich zu, daß die Natur hie und da in den angefuͤhrten Faͤllen vollkommen ſiege, ſo kan[n] doch nicht gelaͤugnet werden, daß ſie tauſendfaͤltige, muͤhſame Umwege mache, und erſt in Jahren erhalte, was die Kunſt in wenig Tagen geleiſtet haͤtte. Man
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ſchon ſie manchmal gewiſſe Beſtrebungen aͤußert, ſo
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zum Beyſpiel, macht ſie in der Luſtſeuche hie und da
kleine Ausfaͤlle; durch das habituelle, hektiſche Fieber,
welches vom veneriſchen Gift entſteht, und mit Ver-
luſt der Eßluſt, mager werden, ſchlafloſen Naͤchten
und blaſſem Ausſehen verknuͤpft iſt, bezwingt ſie
einige von den veneriſchen Ausſchlaͤgen oder Knoten
auf der Beinhaut, den Knochen, den Sehnen oder
andern Theilen. Allein, bald kehren die alten Zufaͤl-
le zuruͤck, und nie bringt die Natur eine vollkommene
Zerſtoͤhrung des Luſtſeuchengiftes zu Stande. — In
den Krankheiten des Unterleibes veranſtaltet ſie bald
krampfhafte Schauer, wodurch die Verſtopfungen der
kleinſten Gefaͤße losgeſchuͤttelt werden ſollten, bald
fieberhafte Hize; bald bewirkt ſie auf einige Zeit ein
wohlthaͤtiges Wechſelfieber, bald einen Bauchfluß;
bald entleert ſie zum Theil die Anſchoppungen der
Pfortader durch den Goldaderfluß oder durch Blut-
harnen, Blutbrechen ꝛc.; aber Sie kann den feſten
Theilen ihre gehoͤrige Reizbarkeit, ihre Schnellkraft,
und den fluͤßigen ihre gute Miſchung nicht wieder ge-
ben; folglich faͤngt das alte Uebel in wenig Tagen
wieder eben ſo viel zu wachſen an, als es zuvor ver-
mindert worden war.
Geben wir endlich zu, daß die Natur hie und da
in den angefuͤhrten Faͤllen vollkommen ſiege, ſo kann
doch nicht gelaͤugnet werden, daß ſie tauſendfaͤltige,
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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/286>, abgerufen am 22.11.2024.
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