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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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d. gl., theils durch den vermehrten Kreislauf zu ent-
ledigen. Bey Leuten, welche sich von einer thätigen,
arbeitsamen Lebensart gählings zur Ruhe begeben,
ereignen sich öfters blutige Stühle; Galenus sagt,*)
er habe aus dieser Ursache vielmal einen schleimichten
Harn, schleimichte, gekochte, eiterförmige, aber nie
wie der unächte Hippokrates sagte, wahrhaft eite-
rigte Stühle gesehen, und diese Auslerungen kehrten
bald zu bestimmten, bald zu unbestimmten Zeitverläu-
fen zurück. Die viel essen, oder einige Zeit müssig
gehen, seyen eben solchen Ausleerungen unterworfen,
welche sich aber an keine gewisse Zeit binden, sondern,
je nachdem das Bedürfniß ist, Tage, Wochen, Mo-
nate, ja Jahre lang anhalten. Nam ipsa, quan-
tum satis sit, Natura expurgat.
Sanctorius glaub-
te, daß jeder Mensch alle Monate an Gewicht etwas
zunähme, dieses aber wieder zu Ende des Monats
durch einen trüben Harn verlöre. So viel ist gewiß,
daß diese Erscheinung bey starken, wohlbeschaffenen
Leuten jedesmal statt hat, wo sie einen beträchtlichen
Fehler in ihrer Lebensart begangen haben. Sie ist
manchmal mit leichten Ungemächlichkeiten, vorüberge-
hender Hitze oder Schauder, Kopfweh, einiger Abge-
schlagenheit des Körpers und des Gemüthes verbun-
den; alles dieses aber verschwindet nach einem solchen
Harn und etwas mehr als gewöhnlicher Geneigtheit
zum Schwitzen.


Ge-
*) De Natura hominis, lib. II. comment, in text X.

d. gl., theils durch den vermehrten Kreislauf zu ent-
ledigen. Bey Leuten, welche ſich von einer thaͤtigen,
arbeitſamen Lebensart gaͤhlings zur Ruhe begeben,
ereignen ſich oͤfters blutige Stuͤhle; Galenus ſagt,*)
er habe aus dieſer Urſache vielmal einen ſchleimichten
Harn, ſchleimichte, gekochte, eiterfoͤrmige, aber nie
wie der unaͤchte Hippokrates ſagte, wahrhaft eite-
rigte Stuͤhle geſehen, und dieſe Auslerungen kehrten
bald zu beſtimmten, bald zu unbeſtimmten Zeitverlaͤu-
fen zuruͤck. Die viel eſſen, oder einige Zeit muͤſſig
gehen, ſeyen eben ſolchen Ausleerungen unterworfen,
welche ſich aber an keine gewiſſe Zeit binden, ſondern,
je nachdem das Beduͤrfniß iſt, Tage, Wochen, Mo-
nate, ja Jahre lang anhalten. Nam ipſa, quan-
tum ſatis ſit, Natura expurgat.
Sanctorius glaub-
te, daß jeder Menſch alle Monate an Gewicht etwas
zunaͤhme, dieſes aber wieder zu Ende des Monats
durch einen truͤben Harn verloͤre. So viel iſt gewiß,
daß dieſe Erſcheinung bey ſtarken, wohlbeſchaffenen
Leuten jedesmal ſtatt hat, wo ſie einen betraͤchtlichen
Fehler in ihrer Lebensart begangen haben. Sie iſt
manchmal mit leichten Ungemaͤchlichkeiten, voruͤberge-
hender Hitze oder Schauder, Kopfweh, einiger Abge-
ſchlagenheit des Koͤrpers und des Gemuͤthes verbun-
den; alles dieſes aber verſchwindet nach einem ſolchen
Harn und etwas mehr als gewoͤhnlicher Geneigtheit
zum Schwitzen.


Ge-
*) De Natura hominis, lib. II. comment, in text X.
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[217/0236] d. gl., theils durch den vermehrten Kreislauf zu ent- ledigen. Bey Leuten, welche ſich von einer thaͤtigen, arbeitſamen Lebensart gaͤhlings zur Ruhe begeben, ereignen ſich oͤfters blutige Stuͤhle; Galenus ſagt, *) er habe aus dieſer Urſache vielmal einen ſchleimichten Harn, ſchleimichte, gekochte, eiterfoͤrmige, aber nie wie der unaͤchte Hippokrates ſagte, wahrhaft eite- rigte Stuͤhle geſehen, und dieſe Auslerungen kehrten bald zu beſtimmten, bald zu unbeſtimmten Zeitverlaͤu- fen zuruͤck. Die viel eſſen, oder einige Zeit muͤſſig gehen, ſeyen eben ſolchen Ausleerungen unterworfen, welche ſich aber an keine gewiſſe Zeit binden, ſondern, je nachdem das Beduͤrfniß iſt, Tage, Wochen, Mo- nate, ja Jahre lang anhalten. Nam ipſa, quan- tum ſatis ſit, Natura expurgat. Sanctorius glaub- te, daß jeder Menſch alle Monate an Gewicht etwas zunaͤhme, dieſes aber wieder zu Ende des Monats durch einen truͤben Harn verloͤre. So viel iſt gewiß, daß dieſe Erſcheinung bey ſtarken, wohlbeſchaffenen Leuten jedesmal ſtatt hat, wo ſie einen betraͤchtlichen Fehler in ihrer Lebensart begangen haben. Sie iſt manchmal mit leichten Ungemaͤchlichkeiten, voruͤberge- hender Hitze oder Schauder, Kopfweh, einiger Abge- ſchlagenheit des Koͤrpers und des Gemuͤthes verbun- den; alles dieſes aber verſchwindet nach einem ſolchen Harn und etwas mehr als gewoͤhnlicher Geneigtheit zum Schwitzen. Ge- *) De Natura hominis, lib. II. comment, in text X.

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/236>, abgerufen am 04.05.2024.