verrichtungen, auch thierische Verrichtungen wel- che nämlich der Seele ausschließungsweise eigen sind; als: das Gedächtniß, die Einbildungskraft, der Ver- stand, der Wille, die Wirkungen der äußern und innern Sinne, die Leidenschaften, die Bewegung der willkührlichen Muskeln.
Sie stehen alle in naher Verbindung unterein- ander, so, daß die natürlichen Verrichtungen nicht leicht ohne die Lebensverrichtungen, und diese nicht leicht ohne jene bestehen können. Hören das Herz und das Gehirn auf, zu wirken, so hat es mit der Dauung, Ausarbeitung und Vertheilung der Speisen ein Ende; und Hirn und Herz verlieren allmählich ihre Wirksam- keit, wenn die Verrichtungen der Ingeweide, die Ab- und Aussonderungen u. s. w. gestört oder gehemmt sind. So, wie die Seele von Seiten der natürlichen und der Lebensverrichtungen zufälligen Veränderungen unterworfen ist, so sind es auch diese von Seiten der Seelenhandlungen. Es giebt dennoch Fälle, wo nur einzelne Verrichtungen in Unordnung gebracht zu seyn scheinen; obschon höchst wahrscheinlich nur selten nicht in dem feinsten Gewebe der Eingeweide grosse Ver- änderungen statt haben, z. B. bey einigen Arten von Verrückten scheint nur die innere Organisation des Gehirns in Unordnung zu seyn, die sich in den natür- lichen und Lebensverrichtungen sonst gar nicht äußert. Der übrige Körper scheint manchmal nicht im gering- sten krank; er ist nicht nur nicht matt, sondern ge- wöhnlich weit stärker und dauerhafter, als bey völli- ger Gesundheit. Rasende haben weit mehr Stärke;
sie
verrichtungen, auch thieriſche Verrichtungen wel- che naͤmlich der Seele ausſchließungsweiſe eigen ſind; als: das Gedaͤchtniß, die Einbildungskraft, der Ver- ſtand, der Wille, die Wirkungen der aͤußern und innern Sinne, die Leidenſchaften, die Bewegung der willkuͤhrlichen Muskeln.
Sie ſtehen alle in naher Verbindung unterein- ander, ſo, daß die natuͤrlichen Verrichtungen nicht leicht ohne die Lebensverrichtungen, und dieſe nicht leicht ohne jene beſtehen koͤnnen. Hoͤren das Herz und das Gehirn auf, zu wirken, ſo hat es mit der Dauung, Ausarbeitung und Vertheilung der Speiſen ein Ende; und Hirn und Herz verlieren allmaͤhlich ihre Wirkſam- keit, wenn die Verrichtungen der Ingeweide, die Ab- und Ausſonderungen u. ſ. w. geſtoͤrt oder gehemmt ſind. So, wie die Seele von Seiten der natuͤrlichen und der Lebensverrichtungen zufaͤlligen Veraͤnderungen unterworfen iſt, ſo ſind es auch dieſe von Seiten der Seelenhandlungen. Es giebt dennoch Faͤlle, wo nur einzelne Verrichtungen in Unordnung gebracht zu ſeyn ſcheinen; obſchon hoͤchſt wahrſcheinlich nur ſelten nicht in dem feinſten Gewebe der Eingeweide groſſe Ver- aͤnderungen ſtatt haben, z. B. bey einigen Arten von Verruͤckten ſcheint nur die innere Organiſation des Gehirns in Unordnung zu ſeyn, die ſich in den natuͤr- lichen und Lebensverrichtungen ſonſt gar nicht aͤußert. Der uͤbrige Koͤrper ſcheint manchmal nicht im gering- ſten krank; er iſt nicht nur nicht matt, ſondern ge- woͤhnlich weit ſtaͤrker und dauerhafter, als bey voͤlli- ger Geſundheit. Raſende haben weit mehr Staͤrke;
ſie
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verrichtungen, auch thieriſche Verrichtungen wel-
che naͤmlich der Seele ausſchließungsweiſe eigen ſind;
als: das Gedaͤchtniß, die Einbildungskraft, der Ver-
ſtand, der Wille, die Wirkungen der aͤußern und
innern Sinne, die Leidenſchaften, die Bewegung der
willkuͤhrlichen Muskeln.
Sie ſtehen alle in naher Verbindung unterein-
ander, ſo, daß die natuͤrlichen Verrichtungen nicht
leicht ohne die Lebensverrichtungen, und dieſe nicht leicht
ohne jene beſtehen koͤnnen. Hoͤren das Herz und das
Gehirn auf, zu wirken, ſo hat es mit der Dauung,
Ausarbeitung und Vertheilung der Speiſen ein Ende;
und Hirn und Herz verlieren allmaͤhlich ihre Wirkſam-
keit, wenn die Verrichtungen der Ingeweide, die
Ab- und Ausſonderungen u. ſ. w. geſtoͤrt oder gehemmt
ſind. So, wie die Seele von Seiten der natuͤrlichen
und der Lebensverrichtungen zufaͤlligen Veraͤnderungen
unterworfen iſt, ſo ſind es auch dieſe von Seiten der
Seelenhandlungen. Es giebt dennoch Faͤlle, wo nur
einzelne Verrichtungen in Unordnung gebracht zu ſeyn
ſcheinen; obſchon hoͤchſt wahrſcheinlich nur ſelten nicht
in dem feinſten Gewebe der Eingeweide groſſe Ver-
aͤnderungen ſtatt haben, z. B. bey einigen Arten von
Verruͤckten ſcheint nur die innere Organiſation des
Gehirns in Unordnung zu ſeyn, die ſich in den natuͤr-
lichen und Lebensverrichtungen ſonſt gar nicht aͤußert.
Der uͤbrige Koͤrper ſcheint manchmal nicht im gering-
ſten krank; er iſt nicht nur nicht matt, ſondern ge-
woͤhnlich weit ſtaͤrker und dauerhafter, als bey voͤlli-
ger Geſundheit. Raſende haben weit mehr Staͤrke;
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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/186>, abgerufen am 21.11.2024.
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