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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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rer Nahrung läßt. Eben so die harten und zarten
Staudenthiere. So wie die Ver mehrungssucht des
Armpolypen nur durch Quetschen zerstört werden kann,
eben so kann man auch nur durch Quetschen den Fort-
pflanzungstrieb mancher Pflanzen z. B. der kriechen-
den Quecke (Triticum repens) zu Grunde richten. Ei-
nige Arten von Afterpolypen vermehren sich durch ei-
genmächtige Trennung; von Tembley's Federbusch-
polypen söndern sich ganze Büschel ihrer Abtheilungen
von selbst ab, und fangen eine neue Familie an; so
vermehren sich auch Pflanzen durch die Trennung der
Knospen oder Seitentheile z. B. die zwiebeltragende Lili[e]
(Lilium bulbiferum) die keimende oder kleine Natter-
wurzel (poligonum viviparum) beynahe alle Zwiebel-
gewächse vermehren sich wie der Armpolype und der
Bandwurm. -- Das von Elliot beschriebene, ran-
kende Feigenthier, die Pfeissenkoralline und einige
Blasenkorallinen vermehren sich so wie unsere Schilfe
und Laubhölzer durch Aussprossen aus einer fortranken-
den Wurzel u. s. w.

Die Art ihrer Befruchtung durch weibliche und
männliche Theile, daß bald beyde Geschlechter in ei-
ner Blume vereinigt, wie bey der Tulpe, bald in ver-
schiedene Blumen zertheilt, wie bey dem Nußbaume,
bald auf verschiedene Stämme versezt sind, wie beym
Hanfe u. s. w. sind Jedermann bekannte Dinge.

"Sobald die Natur das Geschlecht gesichert
hat, läßt sie allmählig das Individuum sinken. Kaum
ist die Zeit der Begattung vorüber, so verlieret der
Hirsch sein prächtiges Geweih, die Vögel ihren Ge-

sang

rer Nahrung laͤßt. Eben ſo die harten und zarten
Staudenthiere. So wie die Ver mehrungsſucht des
Armpolypen nur durch Quetſchen zerſtoͤrt werden kann,
eben ſo kann man auch nur durch Quetſchen den Fort-
pflanzungstrieb mancher Pflanzen z. B. der kriechen-
den Quecke (Triticum repens) zu Grunde richten. Ei-
nige Arten von Afterpolypen vermehren ſich durch ei-
genmaͤchtige Trennung; von Tembley’s Federbuſch-
polypen ſoͤndern ſich ganze Buͤſchel ihrer Abtheilungen
von ſelbſt ab, und fangen eine neue Familie an; ſo
vermehren ſich auch Pflanzen durch die Trennung der
Knoſpen oder Seitentheile z. B. die zwiebeltragende Lili[e]
(Lilium bulbiferum) die keimende oder kleine Natter-
wurzel (poligonum viviparum) beynahe alle Zwiebel-
gewaͤchſe vermehren ſich wie der Armpolype und der
Bandwurm. — Das von Elliot beſchriebene, ran-
kende Feigenthier, die Pfeiſſenkoralline und einige
Blaſenkorallinen vermehren ſich ſo wie unſere Schilfe
und Laubhoͤlzer durch Ausſproſſen aus einer fortranken-
den Wurzel u. ſ. w.

Die Art ihrer Befruchtung durch weibliche und
maͤnnliche Theile, daß bald beyde Geſchlechter in ei-
ner Blume vereinigt, wie bey der Tulpe, bald in ver-
ſchiedene Blumen zertheilt, wie bey dem Nußbaume,
bald auf verſchiedene Staͤmme verſezt ſind, wie beym
Hanfe u. ſ. w. ſind Jedermann bekannte Dinge.

〟Sobald die Natur das Geſchlecht geſichert
hat, laͤßt ſie allmaͤhlig das Individuum ſinken. Kaum
iſt die Zeit der Begattung voruͤber, ſo verlieret der
Hirſch ſein praͤchtiges Geweih, die Voͤgel ihren Ge-

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[143/0162] rer Nahrung laͤßt. Eben ſo die harten und zarten Staudenthiere. So wie die Ver mehrungsſucht des Armpolypen nur durch Quetſchen zerſtoͤrt werden kann, eben ſo kann man auch nur durch Quetſchen den Fort- pflanzungstrieb mancher Pflanzen z. B. der kriechen- den Quecke (Triticum repens) zu Grunde richten. Ei- nige Arten von Afterpolypen vermehren ſich durch ei- genmaͤchtige Trennung; von Tembley’s Federbuſch- polypen ſoͤndern ſich ganze Buͤſchel ihrer Abtheilungen von ſelbſt ab, und fangen eine neue Familie an; ſo vermehren ſich auch Pflanzen durch die Trennung der Knoſpen oder Seitentheile z. B. die zwiebeltragende Lilie (Lilium bulbiferum) die keimende oder kleine Natter- wurzel (poligonum viviparum) beynahe alle Zwiebel- gewaͤchſe vermehren ſich wie der Armpolype und der Bandwurm. — Das von Elliot beſchriebene, ran- kende Feigenthier, die Pfeiſſenkoralline und einige Blaſenkorallinen vermehren ſich ſo wie unſere Schilfe und Laubhoͤlzer durch Ausſproſſen aus einer fortranken- den Wurzel u. ſ. w. Die Art ihrer Befruchtung durch weibliche und maͤnnliche Theile, daß bald beyde Geſchlechter in ei- ner Blume vereinigt, wie bey der Tulpe, bald in ver- ſchiedene Blumen zertheilt, wie bey dem Nußbaume, bald auf verſchiedene Staͤmme verſezt ſind, wie beym Hanfe u. ſ. w. ſind Jedermann bekannte Dinge. 〟Sobald die Natur das Geſchlecht geſichert hat, laͤßt ſie allmaͤhlig das Individuum ſinken. Kaum iſt die Zeit der Begattung voruͤber, ſo verlieret der Hirſch ſein praͤchtiges Geweih, die Voͤgel ihren Ge- ſang

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/162>, abgerufen am 30.04.2024.