und Schwäche auf der Oberfläche eines einzigen Men- schengesichts! Und in allem diesem herrscht bey allen Nationen, die Verschiedenheiten des lebhaftern oder mattern Ausdruckes ausgenommen, eine auffallende Aehnlichkeit.
Selbst von Seiten der Gemüthskräfte hat der Mensch angeborne Fähigkeiten, deren Anwendung zwar nach Umständen verschieden ausfallen kann, obschon sie als Grundanlagen betrachtet unveränderlich sind. So kann er sich die Vergangenen Dinge wieder so vorstellen, daß er sie von gegenwärtigen unterscheidet und mit denselben vergleichet. Vermög seiner ange- bornen Vernunftfähigkeit vergleichet er in seiner Vor- stellung die Dinge nach den Regeln der Einstimmung und des Wiederspruches untereinander. Daher wissen sich die Kinder von selbst, ohne Anweisung, allge- meine abgezogene Begriffe von ganzen Arten und Ge- schlechten zu machen, die blos das Aehnliche verschie- dener einzelner Dinge oder Arten in sich halten. Und darinn ist die Grundlage einer Vernunftkunst gegrün- det. Auch machen sich die Kinder selbst, vermög eben dem Nachdenken und der Einsicht in die Aehnlichkeit der Wortbiegungen, Wortfügungen und Redensarten, eine natürliche Sprachlehre, und lernen eine Sprache nach undeutlicher Einsicht der Regeln recht verstehen und sprechen. Dieses erklärt zum Theil die so oft bewunderte Erscheinung, daß zuweilen Kinder auf ganz unerwartete, nie gehörte, sonderbare und dennoch richtig zusammengestellte Ausdrücke zu gerathen pfle- gen. -- Endlich war das Wohl aller lebenden Dinge
ihrem
und Schwaͤche auf der Oberflaͤche eines einzigen Men- ſchengeſichts! Und in allem dieſem herrſcht bey allen Nationen, die Verſchiedenheiten des lebhaftern oder mattern Ausdruckes ausgenommen, eine auffallende Aehnlichkeit.
Selbſt von Seiten der Gemuͤthskraͤfte hat der Menſch angeborne Faͤhigkeiten, deren Anwendung zwar nach Umſtaͤnden verſchieden ausfallen kann, obſchon ſie als Grundanlagen betrachtet unveraͤnderlich ſind. So kann er ſich die Vergangenen Dinge wieder ſo vorſtellen, daß er ſie von gegenwaͤrtigen unterſcheidet und mit denſelben vergleichet. Vermoͤg ſeiner ange- bornen Vernunftfaͤhigkeit vergleichet er in ſeiner Vor- ſtellung die Dinge nach den Regeln der Einſtimmung und des Wiederſpruches untereinander. Daher wiſſen ſich die Kinder von ſelbſt, ohne Anweiſung, allge- meine abgezogene Begriffe von ganzen Arten und Ge- ſchlechten zu machen, die blos das Aehnliche verſchie- dener einzelner Dinge oder Arten in ſich halten. Und darinn iſt die Grundlage einer Vernunftkunſt gegruͤn- det. Auch machen ſich die Kinder ſelbſt, vermoͤg eben dem Nachdenken und der Einſicht in die Aehnlichkeit der Wortbiegungen, Wortfuͤgungen und Redensarten, eine natuͤrliche Sprachlehre, und lernen eine Sprache nach undeutlicher Einſicht der Regeln recht verſtehen und ſprechen. Dieſes erklaͤrt zum Theil die ſo oft bewunderte Erſcheinung, daß zuweilen Kinder auf ganz unerwartete, nie gehoͤrte, ſonderbare und dennoch richtig zuſammengeſtellte Ausdruͤcke zu gerathen pfle- gen. — Endlich war das Wohl aller lebenden Dinge
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und Schwaͤche auf der Oberflaͤche eines einzigen Men-
ſchengeſichts! Und in allem dieſem herrſcht bey allen
Nationen, die Verſchiedenheiten des lebhaftern oder
mattern Ausdruckes ausgenommen, eine auffallende
Aehnlichkeit.
Selbſt von Seiten der Gemuͤthskraͤfte hat der
Menſch angeborne Faͤhigkeiten, deren Anwendung zwar
nach Umſtaͤnden verſchieden ausfallen kann, obſchon
ſie als Grundanlagen betrachtet unveraͤnderlich ſind.
So kann er ſich die Vergangenen Dinge wieder ſo
vorſtellen, daß er ſie von gegenwaͤrtigen unterſcheidet
und mit denſelben vergleichet. Vermoͤg ſeiner ange-
bornen Vernunftfaͤhigkeit vergleichet er in ſeiner Vor-
ſtellung die Dinge nach den Regeln der Einſtimmung
und des Wiederſpruches untereinander. Daher wiſſen
ſich die Kinder von ſelbſt, ohne Anweiſung, allge-
meine abgezogene Begriffe von ganzen Arten und Ge-
ſchlechten zu machen, die blos das Aehnliche verſchie-
dener einzelner Dinge oder Arten in ſich halten. Und
darinn iſt die Grundlage einer Vernunftkunſt gegruͤn-
det. Auch machen ſich die Kinder ſelbſt, vermoͤg eben
dem Nachdenken und der Einſicht in die Aehnlichkeit
der Wortbiegungen, Wortfuͤgungen und Redensarten,
eine natuͤrliche Sprachlehre, und lernen eine Sprache
nach undeutlicher Einſicht der Regeln recht verſtehen
und ſprechen. Dieſes erklaͤrt zum Theil die ſo oft
bewunderte Erſcheinung, daß zuweilen Kinder auf ganz
unerwartete, nie gehoͤrte, ſonderbare und dennoch
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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/136>, abgerufen am 24.11.2024.
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