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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 2. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820.

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muß ihm von den wilden Stämmen erzählen,
und er schüttelt ihm treuherzig die Hand; den
ehrlichen Jsmael umarmt er, und sagt der kleinen
Korally tausend schmeichelhafte Dinge. Er will
damit niemand gewinnen, es ist der nothwen-
dige Ausdruck seines heiteren Herzens seiner
warmen Menschenliebe, aber er nimmt jeder-
mann ein. Mucius, bloß mit seiner Liebe be-
schäftigt, hat in dem Herzen unserer Reisege-
fährten nur den zweiten Rang, ja in Humphry's
Augen begegne ich sogar zuweilen einem zweideu-
tigen, vorwurfsvollen Blicke. Er ist wohl, nach
und nach, von seinem ersten Gedanken zu Korally's
Voraussetzung über gegangen, und dieß muß dem
ehrlichen Kerl wehe thun, welcher sich gewöhnt
hatte, mich im stillen als die Braut seines
Herrn zu betrachten. Sein stummer Vorwurf
erinnert mich oft mit einiger Aengstlichkeit an
Ellison, welcher jetzt meinetwegen die Meere
durchkreuzt. Was wird der gute William sagen
wenn er zurückkehrt? Zwar spricht mein Ge-
wissen mich frei, ich habe ihn nicht getäuscht,
aber ich habe nicht jede Hoffnung in ihm nie-
der geschlagen, und werfe mir jetzt fast die

kleinste

muß ihm von den wilden Staͤmmen erzaͤhlen,
und er ſchuͤttelt ihm treuherzig die Hand; den
ehrlichen Jsmael umarmt er, und ſagt der kleinen
Korally tauſend ſchmeichelhafte Dinge. Er will
damit niemand gewinnen, es iſt der nothwen-
dige Ausdruck ſeines heiteren Herzens ſeiner
warmen Menſchenliebe, aber er nimmt jeder-
mann ein. Mucius, bloß mit ſeiner Liebe be-
ſchaͤftigt, hat in dem Herzen unſerer Reiſege-
faͤhrten nur den zweiten Rang, ja in Humphry’s
Augen begegne ich ſogar zuweilen einem zweideu-
tigen, vorwurfsvollen Blicke. Er iſt wohl, nach
und nach, von ſeinem erſten Gedanken zu Korally’s
Vorausſetzung uͤber gegangen, und dieß muß dem
ehrlichen Kerl wehe thun, welcher ſich gewoͤhnt
hatte, mich im ſtillen als die Braut ſeines
Herrn zu betrachten. Sein ſtummer Vorwurf
erinnert mich oft mit einiger Aengſtlichkeit an
Elliſon, welcher jetzt meinetwegen die Meere
durchkreuzt. Was wird der gute William ſagen
wenn er zuruͤckkehrt? Zwar ſpricht mein Ge-
wiſſen mich frei, ich habe ihn nicht getaͤuſcht,
aber ich habe nicht jede Hoffnung in ihm nie-
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[64/0074] muß ihm von den wilden Staͤmmen erzaͤhlen, und er ſchuͤttelt ihm treuherzig die Hand; den ehrlichen Jsmael umarmt er, und ſagt der kleinen Korally tauſend ſchmeichelhafte Dinge. Er will damit niemand gewinnen, es iſt der nothwen- dige Ausdruck ſeines heiteren Herzens ſeiner warmen Menſchenliebe, aber er nimmt jeder- mann ein. Mucius, bloß mit ſeiner Liebe be- ſchaͤftigt, hat in dem Herzen unſerer Reiſege- faͤhrten nur den zweiten Rang, ja in Humphry’s Augen begegne ich ſogar zuweilen einem zweideu- tigen, vorwurfsvollen Blicke. Er iſt wohl, nach und nach, von ſeinem erſten Gedanken zu Korally’s Vorausſetzung uͤber gegangen, und dieß muß dem ehrlichen Kerl wehe thun, welcher ſich gewoͤhnt hatte, mich im ſtillen als die Braut ſeines Herrn zu betrachten. Sein ſtummer Vorwurf erinnert mich oft mit einiger Aengſtlichkeit an Elliſon, welcher jetzt meinetwegen die Meere durchkreuzt. Was wird der gute William ſagen wenn er zuruͤckkehrt? Zwar ſpricht mein Ge- wiſſen mich frei, ich habe ihn nicht getaͤuſcht, aber ich habe nicht jede Hoffnung in ihm nie- der geſchlagen, und werfe mir jetzt faſt die kleinſte

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Zitationshilfe: Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 2. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia02_1820/74>, abgerufen am 21.11.2024.