Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 2. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite

allem im Ueberfluß, was das physische Leben
angenehm machen kann. Wöchentlich bringt
der älteste Sohn des Hauses, die Produkte,
welche man nicht verzehren kann, auf einem
einspännigen Karren nach Venago welches fünf
Stunden entfernt ist. Die Familie besteht,
sammt den Kindern, aus 19 Personen, worunter
zwei deutsche Knechte sich befinden, welche sich
auf 6 Jahre vermiethet haben; dieß ist bei
dem ärmern Theil der Ausgewanderten sehr ge-
bräuchlich. Nach Ablauf der Dienstzeit, erhal-
ten sie eine Summe Geldes, Vieh, Getreide
und dergleichen, um sich anzusiedeln. Bis da-
hin werden sie völlig zur Familie gerechnet, und
den Söhnen des Hauses gleich behandelt, ge-
nährt, und gekleidet. Heiterkeit und Frohsinn
mahlt sich auf allen Gesichtern der hiesigen
Hausbewohner, und ich muß sie glücklich prei-
sen, in ihrer Abgeschiedenheit welche sie gegen
die tausend Plagen der Gesellschaft sicher stellt.
Nur selten kehrt hier ein Reisender ein, wird
aber dann auch mit der größten Gastfreund-
schaft empfangen, und man gedenkt seiner noch
lange. Als etwas seltenes wurde bemerkt, daß

allem im Ueberfluß, was das phyſiſche Leben
angenehm machen kann. Woͤchentlich bringt
der aͤlteſte Sohn des Hauſes, die Produkte,
welche man nicht verzehren kann, auf einem
einſpaͤnnigen Karren nach Venago welches fuͤnf
Stunden entfernt iſt. Die Familie beſteht,
ſammt den Kindern, aus 19 Perſonen, worunter
zwei deutſche Knechte ſich befinden, welche ſich
auf 6 Jahre vermiethet haben; dieß iſt bei
dem aͤrmern Theil der Ausgewanderten ſehr ge-
braͤuchlich. Nach Ablauf der Dienſtzeit, erhal-
ten ſie eine Summe Geldes, Vieh, Getreide
und dergleichen, um ſich anzuſiedeln. Bis da-
hin werden ſie voͤllig zur Familie gerechnet, und
den Soͤhnen des Hauſes gleich behandelt, ge-
naͤhrt, und gekleidet. Heiterkeit und Frohſinn
mahlt ſich auf allen Geſichtern der hieſigen
Hausbewohner, und ich muß ſie gluͤcklich prei-
ſen, in ihrer Abgeſchiedenheit welche ſie gegen
die tauſend Plagen der Geſellſchaft ſicher ſtellt.
Nur ſelten kehrt hier ein Reiſender ein, wird
aber dann auch mit der groͤßten Gaſtfreund-
ſchaft empfangen, und man gedenkt ſeiner noch
lange. Als etwas ſeltenes wurde bemerkt, daß

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0054" n="46"/>
allem im Ueberfluß, was das phy&#x017F;i&#x017F;che Leben<lb/>
angenehm machen kann. Wo&#x0364;chentlich bringt<lb/>
der a&#x0364;lte&#x017F;te Sohn des Hau&#x017F;es, die Produkte,<lb/>
welche man nicht verzehren kann, auf einem<lb/>
ein&#x017F;pa&#x0364;nnigen Karren nach Venago welches fu&#x0364;nf<lb/>
Stunden entfernt i&#x017F;t. Die Familie be&#x017F;teht,<lb/>
&#x017F;ammt den Kindern, aus 19 Per&#x017F;onen, worunter<lb/>
zwei deut&#x017F;che Knechte &#x017F;ich befinden, welche &#x017F;ich<lb/>
auf 6 Jahre vermiethet haben; dieß i&#x017F;t bei<lb/>
dem a&#x0364;rmern Theil der Ausgewanderten &#x017F;ehr ge-<lb/>
bra&#x0364;uchlich. Nach Ablauf der Dien&#x017F;tzeit, erhal-<lb/>
ten &#x017F;ie eine Summe Geldes, Vieh, Getreide<lb/>
und dergleichen, um &#x017F;ich anzu&#x017F;iedeln. Bis da-<lb/>
hin werden &#x017F;ie vo&#x0364;llig zur Familie gerechnet, und<lb/>
den So&#x0364;hnen des Hau&#x017F;es gleich behandelt, ge-<lb/>
na&#x0364;hrt, und gekleidet. Heiterkeit und Froh&#x017F;inn<lb/>
mahlt &#x017F;ich auf allen Ge&#x017F;ichtern der hie&#x017F;igen<lb/>
Hausbewohner, und ich muß &#x017F;ie glu&#x0364;cklich prei-<lb/>
&#x017F;en, in ihrer Abge&#x017F;chiedenheit welche &#x017F;ie gegen<lb/>
die tau&#x017F;end Plagen der Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft &#x017F;icher &#x017F;tellt.<lb/>
Nur &#x017F;elten kehrt hier ein Rei&#x017F;ender ein, wird<lb/>
aber dann auch mit der gro&#x0364;ßten Ga&#x017F;tfreund-<lb/>
&#x017F;chaft empfangen, und man gedenkt &#x017F;einer noch<lb/>
lange. Als etwas &#x017F;eltenes wurde bemerkt, daß<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[46/0054] allem im Ueberfluß, was das phyſiſche Leben angenehm machen kann. Woͤchentlich bringt der aͤlteſte Sohn des Hauſes, die Produkte, welche man nicht verzehren kann, auf einem einſpaͤnnigen Karren nach Venago welches fuͤnf Stunden entfernt iſt. Die Familie beſteht, ſammt den Kindern, aus 19 Perſonen, worunter zwei deutſche Knechte ſich befinden, welche ſich auf 6 Jahre vermiethet haben; dieß iſt bei dem aͤrmern Theil der Ausgewanderten ſehr ge- braͤuchlich. Nach Ablauf der Dienſtzeit, erhal- ten ſie eine Summe Geldes, Vieh, Getreide und dergleichen, um ſich anzuſiedeln. Bis da- hin werden ſie voͤllig zur Familie gerechnet, und den Soͤhnen des Hauſes gleich behandelt, ge- naͤhrt, und gekleidet. Heiterkeit und Frohſinn mahlt ſich auf allen Geſichtern der hieſigen Hausbewohner, und ich muß ſie gluͤcklich prei- ſen, in ihrer Abgeſchiedenheit welche ſie gegen die tauſend Plagen der Geſellſchaft ſicher ſtellt. Nur ſelten kehrt hier ein Reiſender ein, wird aber dann auch mit der groͤßten Gaſtfreund- ſchaft empfangen, und man gedenkt ſeiner noch lange. Als etwas ſeltenes wurde bemerkt, daß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia02_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia02_1820/54
Zitationshilfe: Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 2. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia02_1820/54>, abgerufen am 17.05.2024.