Meiereien an, wo wir uns mit herrlicher Milch und mit Eiern versahen, welche, nebst dem frischen Fleisch, welches wir aus Baltimore mit gebracht hatten, eine leckere Mahlzeit gaben. Zur Nacht haben wir bei dem Hause eines Pflanzers Halt gemacht. Mein Gefolge wird draußen, bei Vieh und Geräth, Corally und ich werden in dem Hause schlafen. Von hier aus möchten wir wohl nicht oft mehr ein Obdach finden; je weiter wir ge- gen das Gebürge kommen, desto sparsamer werden die Wohnungen, und doch habe ich diesen Weg vorgezogen, statt auf Albany zu gehen, die Ge- gend wird hier viel romantischer.
Die Kinder unsres Wirthes sehen mir neu- gierig zu, wie ich beim Schein ihres Küchen- feuers schreibe. Was machst du da? fragt ein kleiner Knabe. Jch spreche mit meiner Schwe- ster, erwiedere ich, welche da über dem gro- ßen Wasser wohnt, Mit den Fingern? sagt er, und sieht mich kopfschüttelnd an. Jch zeichne die Worte auf dieß Papier, wie du dort ein Pferd mit Kohle auf die Wand gemahlt hast, gebe ich zur Antwort. Er blickt hinein, und sagt: du mußt an kein Pferd, an keinen Vogel, keinen Baum,
Meiereien an, wo wir uns mit herrlicher Milch und mit Eiern verſahen, welche, nebſt dem friſchen Fleiſch, welches wir aus Baltimore mit gebracht hatten, eine leckere Mahlzeit gaben. Zur Nacht haben wir bei dem Hauſe eines Pflanzers Halt gemacht. Mein Gefolge wird draußen, bei Vieh und Geraͤth, Corally und ich werden in dem Hauſe ſchlafen. Von hier aus moͤchten wir wohl nicht oft mehr ein Obdach finden; je weiter wir ge- gen das Gebuͤrge kommen, deſto ſparſamer werden die Wohnungen, und doch habe ich dieſen Weg vorgezogen, ſtatt auf Albany zu gehen, die Ge- gend wird hier viel romantiſcher.
Die Kinder unſres Wirthes ſehen mir neu- gierig zu, wie ich beim Schein ihres Kuͤchen- feuers ſchreibe. Was machſt du da? fragt ein kleiner Knabe. Jch ſpreche mit meiner Schwe- ſter, erwiedere ich, welche da uͤber dem gro- ßen Waſſer wohnt, Mit den Fingern? ſagt er, und ſieht mich kopfſchuͤttelnd an. Jch zeichne die Worte auf dieß Papier, wie du dort ein Pferd mit Kohle auf die Wand gemahlt haſt, gebe ich zur Antwort. Er blickt hinein, und ſagt: du mußt an kein Pferd, an keinen Vogel, keinen Baum,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0047"n="39"/>
Meiereien an, wo wir uns mit herrlicher Milch<lb/>
und mit Eiern verſahen, welche, nebſt dem friſchen<lb/>
Fleiſch, welches wir aus Baltimore mit gebracht<lb/>
hatten, eine leckere Mahlzeit gaben. Zur Nacht<lb/>
haben wir bei dem Hauſe eines Pflanzers Halt<lb/>
gemacht. Mein Gefolge wird draußen, bei Vieh<lb/>
und Geraͤth, Corally und ich werden in dem Hauſe<lb/>ſchlafen. Von hier aus moͤchten wir wohl nicht<lb/>
oft mehr ein Obdach finden; je weiter wir ge-<lb/>
gen das Gebuͤrge kommen, deſto ſparſamer werden<lb/>
die Wohnungen, und doch habe ich dieſen Weg<lb/>
vorgezogen, ſtatt auf Albany zu gehen, die Ge-<lb/>
gend wird hier viel romantiſcher.</p><lb/><p>Die Kinder unſres Wirthes ſehen mir neu-<lb/>
gierig zu, wie ich beim Schein ihres Kuͤchen-<lb/>
feuers ſchreibe. Was machſt du da? fragt ein<lb/>
kleiner Knabe. Jch ſpreche mit meiner Schwe-<lb/>ſter, erwiedere ich, welche da uͤber dem gro-<lb/>
ßen Waſſer wohnt, Mit den Fingern? ſagt er,<lb/>
und ſieht mich kopfſchuͤttelnd an. Jch zeichne die<lb/>
Worte auf dieß Papier, wie du dort ein Pferd<lb/>
mit Kohle auf die Wand gemahlt haſt, gebe ich zur<lb/>
Antwort. Er blickt hinein, und ſagt: du mußt an<lb/>
kein Pferd, an keinen Vogel, keinen Baum,<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[39/0047]
Meiereien an, wo wir uns mit herrlicher Milch
und mit Eiern verſahen, welche, nebſt dem friſchen
Fleiſch, welches wir aus Baltimore mit gebracht
hatten, eine leckere Mahlzeit gaben. Zur Nacht
haben wir bei dem Hauſe eines Pflanzers Halt
gemacht. Mein Gefolge wird draußen, bei Vieh
und Geraͤth, Corally und ich werden in dem Hauſe
ſchlafen. Von hier aus moͤchten wir wohl nicht
oft mehr ein Obdach finden; je weiter wir ge-
gen das Gebuͤrge kommen, deſto ſparſamer werden
die Wohnungen, und doch habe ich dieſen Weg
vorgezogen, ſtatt auf Albany zu gehen, die Ge-
gend wird hier viel romantiſcher.
Die Kinder unſres Wirthes ſehen mir neu-
gierig zu, wie ich beim Schein ihres Kuͤchen-
feuers ſchreibe. Was machſt du da? fragt ein
kleiner Knabe. Jch ſpreche mit meiner Schwe-
ſter, erwiedere ich, welche da uͤber dem gro-
ßen Waſſer wohnt, Mit den Fingern? ſagt er,
und ſieht mich kopfſchuͤttelnd an. Jch zeichne die
Worte auf dieß Papier, wie du dort ein Pferd
mit Kohle auf die Wand gemahlt haſt, gebe ich zur
Antwort. Er blickt hinein, und ſagt: du mußt an
kein Pferd, an keinen Vogel, keinen Baum,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 2. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia02_1820/47>, abgerufen am 27.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.