Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 2. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite

Wir haben gestern ein freundliches Fest ge-
feiert, Humphrys Hochzeit mit einem sanften,
deutschen Mädchen. Wir führten, in seierlichem
Aufzuge, das mit Myrthen und Rosen gekränzte
Brautpaar zum Tempel. Sie wechselten am
Altar die Ringe, und sprachen laut den
Schwur der ewigen Treue; die Aeltern der
Braut segneten sie, und wir alle beteten für
ihr Glück. Ein frohes Mahl, unter den Pla-
nen, vereinte die ganze Kolonie; der Becher
ging fleißig umher, und mancher herzliche
Trinkspruch wurde ausgebracht. Wir haben
dabei des Heils unsrer europäischen Brüder
nicht vergessen; auch auf Deine Gesundheit
wurde der Becher geleert. Der Tanz, welchen
unsre Neger besonders leidenschaftlich lieben,
dauerte bis spät in die Nacht, und erst gegen
Morgen wurden die Neuvermählten, trotz Mon-
denlicht und Frührothsschimmer, mit Fackeln, zu
ihrer neuen Wohnung geführt. Es gewährte
einen eigenen, schönen Anblick, wie der Zug, bei
dem hellen Fackelschein, durch das lange Thal
wallte, und wie das Licht die Baumgruppen
erhellte, und dann neue Schatten warf. Es

Wir haben geſtern ein freundliches Feſt ge-
feiert, Humphrys Hochzeit mit einem ſanften,
deutſchen Maͤdchen. Wir fuͤhrten, in ſeierlichem
Aufzuge, das mit Myrthen und Roſen gekraͤnzte
Brautpaar zum Tempel. Sie wechſelten am
Altar die Ringe, und ſprachen laut den
Schwur der ewigen Treue; die Aeltern der
Braut ſegneten ſie, und wir alle beteten fuͤr
ihr Gluͤck. Ein frohes Mahl, unter den Pla-
nen, vereinte die ganze Kolonie; der Becher
ging fleißig umher, und mancher herzliche
Trinkſpruch wurde ausgebracht. Wir haben
dabei des Heils unſrer europaͤiſchen Bruͤder
nicht vergeſſen; auch auf Deine Geſundheit
wurde der Becher geleert. Der Tanz, welchen
unſre Neger beſonders leidenſchaftlich lieben,
dauerte bis ſpaͤt in die Nacht, und erſt gegen
Morgen wurden die Neuvermaͤhlten, trotz Mon-
denlicht und Fruͤhrothsſchimmer, mit Fackeln, zu
ihrer neuen Wohnung gefuͤhrt. Es gewaͤhrte
einen eigenen, ſchoͤnen Anblick, wie der Zug, bei
dem hellen Fackelſchein, durch das lange Thal
wallte, und wie das Licht die Baumgruppen
erhellte, und dann neue Schatten warf. Es

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0156" n="146"/>
          <p>Wir haben ge&#x017F;tern ein freundliches Fe&#x017F;t ge-<lb/>
feiert, Humphrys Hochzeit mit einem &#x017F;anften,<lb/>
deut&#x017F;chen Ma&#x0364;dchen. Wir fu&#x0364;hrten, in &#x017F;eierlichem<lb/>
Aufzuge, das mit Myrthen und Ro&#x017F;en gekra&#x0364;nzte<lb/>
Brautpaar zum Tempel. Sie wech&#x017F;elten am<lb/>
Altar die Ringe, und &#x017F;prachen laut den<lb/>
Schwur der ewigen Treue; die Aeltern der<lb/>
Braut &#x017F;egneten &#x017F;ie, und wir alle beteten fu&#x0364;r<lb/>
ihr Glu&#x0364;ck. Ein frohes Mahl, unter den Pla-<lb/>
nen, vereinte die ganze Kolonie; der Becher<lb/>
ging fleißig umher, und mancher herzliche<lb/>
Trink&#x017F;pruch wurde ausgebracht. Wir haben<lb/>
dabei des Heils un&#x017F;rer europa&#x0364;i&#x017F;chen Bru&#x0364;der<lb/>
nicht verge&#x017F;&#x017F;en; auch auf Deine Ge&#x017F;undheit<lb/>
wurde der Becher geleert. Der Tanz, welchen<lb/>
un&#x017F;re Neger be&#x017F;onders leiden&#x017F;chaftlich lieben,<lb/>
dauerte bis &#x017F;pa&#x0364;t in die Nacht, und er&#x017F;t gegen<lb/>
Morgen wurden die Neuverma&#x0364;hlten, trotz Mon-<lb/>
denlicht und Fru&#x0364;hroths&#x017F;chimmer, mit Fackeln, zu<lb/>
ihrer neuen Wohnung gefu&#x0364;hrt. Es gewa&#x0364;hrte<lb/>
einen eigenen, &#x017F;cho&#x0364;nen Anblick, wie der Zug, bei<lb/>
dem hellen Fackel&#x017F;chein, durch das lange Thal<lb/>
wallte, und wie das Licht die Baumgruppen<lb/>
erhellte, und dann neue Schatten warf. Es<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[146/0156] Wir haben geſtern ein freundliches Feſt ge- feiert, Humphrys Hochzeit mit einem ſanften, deutſchen Maͤdchen. Wir fuͤhrten, in ſeierlichem Aufzuge, das mit Myrthen und Roſen gekraͤnzte Brautpaar zum Tempel. Sie wechſelten am Altar die Ringe, und ſprachen laut den Schwur der ewigen Treue; die Aeltern der Braut ſegneten ſie, und wir alle beteten fuͤr ihr Gluͤck. Ein frohes Mahl, unter den Pla- nen, vereinte die ganze Kolonie; der Becher ging fleißig umher, und mancher herzliche Trinkſpruch wurde ausgebracht. Wir haben dabei des Heils unſrer europaͤiſchen Bruͤder nicht vergeſſen; auch auf Deine Geſundheit wurde der Becher geleert. Der Tanz, welchen unſre Neger beſonders leidenſchaftlich lieben, dauerte bis ſpaͤt in die Nacht, und erſt gegen Morgen wurden die Neuvermaͤhlten, trotz Mon- denlicht und Fruͤhrothsſchimmer, mit Fackeln, zu ihrer neuen Wohnung gefuͤhrt. Es gewaͤhrte einen eigenen, ſchoͤnen Anblick, wie der Zug, bei dem hellen Fackelſchein, durch das lange Thal wallte, und wie das Licht die Baumgruppen erhellte, und dann neue Schatten warf. Es

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia02_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia02_1820/156
Zitationshilfe: Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 2. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia02_1820/156>, abgerufen am 17.05.2024.