Frey, Jacob: Das erfüllte Versprechen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–107. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.aber als er endlich, das Papier wieder zusammenfaltend, sich erhob, war auch dieses verschwunden und ruhigen Schrittes ging er der Thüre zu. Er stieg die Treppen hinunter, ohne bei seinem harrenden Meister anzuklopfen, und auch auf der Straße schritt er fürbaß, so wenig auf manchen ehrerbietigen Gruß achtend, als die Gruppen bemerkend, die flüsternd zusammenstanden, um ihm nachzuschauen. Er sah und dachte an nichts Anderes, als wie er dem Obersten, ohne absichtlich zu verletzen, doch mit unverhohlener Festhaltung seines eigenen Selbstgefühles, das Blutgeld zurückzugeben habe, das er nie verlangt, und um das er nicht gedient hatte. Ja, das Blutgeld, sagte er laut, als er sich dem väterlichen Hause Juliens nahte, und es ist jetzt auch deine Pflicht, Theobald, dem alten Manne deutlich zu machen, wie sehr er sein eigenes Fleisch und Blut durch eine solche beabsichtigte Mitgift selbst geschändet habe! Nein, nein, du hochfahrender Aristokrat, du sollst wissen, wo deinem menschenverachtenden Stolze eine Grenze gezogen sein muß, mag kommen darüber, was da will! Unter solchen Gedanken ließ er den schweren Messinghammer auf die Thüre fallen; aber zu seiner Verwunderung mußte er zwei-, dreimal pochen, bis sich langsam stolpernde Schritte die Treppe herab hören ließen. Theobald kannte den Alten wohl, er war ein Invalide, der, im Dienste des Obersten zum Krüppel geschossen, nun das Gnadenbrod des Hauses aß, und aber als er endlich, das Papier wieder zusammenfaltend, sich erhob, war auch dieses verschwunden und ruhigen Schrittes ging er der Thüre zu. Er stieg die Treppen hinunter, ohne bei seinem harrenden Meister anzuklopfen, und auch auf der Straße schritt er fürbaß, so wenig auf manchen ehrerbietigen Gruß achtend, als die Gruppen bemerkend, die flüsternd zusammenstanden, um ihm nachzuschauen. Er sah und dachte an nichts Anderes, als wie er dem Obersten, ohne absichtlich zu verletzen, doch mit unverhohlener Festhaltung seines eigenen Selbstgefühles, das Blutgeld zurückzugeben habe, das er nie verlangt, und um das er nicht gedient hatte. Ja, das Blutgeld, sagte er laut, als er sich dem väterlichen Hause Juliens nahte, und es ist jetzt auch deine Pflicht, Theobald, dem alten Manne deutlich zu machen, wie sehr er sein eigenes Fleisch und Blut durch eine solche beabsichtigte Mitgift selbst geschändet habe! Nein, nein, du hochfahrender Aristokrat, du sollst wissen, wo deinem menschenverachtenden Stolze eine Grenze gezogen sein muß, mag kommen darüber, was da will! Unter solchen Gedanken ließ er den schweren Messinghammer auf die Thüre fallen; aber zu seiner Verwunderung mußte er zwei-, dreimal pochen, bis sich langsam stolpernde Schritte die Treppe herab hören ließen. Theobald kannte den Alten wohl, er war ein Invalide, der, im Dienste des Obersten zum Krüppel geschossen, nun das Gnadenbrod des Hauses aß, und <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="5"> <p><pb facs="#f0082"/> aber als er endlich, das Papier wieder zusammenfaltend, sich erhob, war auch dieses verschwunden und ruhigen Schrittes ging er der Thüre zu.</p><lb/> <p>Er stieg die Treppen hinunter, ohne bei seinem harrenden Meister anzuklopfen, und auch auf der Straße schritt er fürbaß, so wenig auf manchen ehrerbietigen Gruß achtend, als die Gruppen bemerkend, die flüsternd zusammenstanden, um ihm nachzuschauen. Er sah und dachte an nichts Anderes, als wie er dem Obersten, ohne absichtlich zu verletzen, doch mit unverhohlener Festhaltung seines eigenen Selbstgefühles, das Blutgeld zurückzugeben habe, das er nie verlangt, und um das er nicht gedient hatte. Ja, das Blutgeld, sagte er laut, als er sich dem väterlichen Hause Juliens nahte, und es ist jetzt auch deine Pflicht, Theobald, dem alten Manne deutlich zu machen, wie sehr er sein eigenes Fleisch und Blut durch eine solche beabsichtigte Mitgift selbst geschändet habe! Nein, nein, du hochfahrender Aristokrat, du sollst wissen, wo deinem menschenverachtenden Stolze eine Grenze gezogen sein muß, mag kommen darüber, was da will!</p><lb/> <p>Unter solchen Gedanken ließ er den schweren Messinghammer auf die Thüre fallen; aber zu seiner Verwunderung mußte er zwei-, dreimal pochen, bis sich langsam stolpernde Schritte die Treppe herab hören ließen. Theobald kannte den Alten wohl, er war ein Invalide, der, im Dienste des Obersten zum Krüppel geschossen, nun das Gnadenbrod des Hauses aß, und<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0082]
aber als er endlich, das Papier wieder zusammenfaltend, sich erhob, war auch dieses verschwunden und ruhigen Schrittes ging er der Thüre zu.
Er stieg die Treppen hinunter, ohne bei seinem harrenden Meister anzuklopfen, und auch auf der Straße schritt er fürbaß, so wenig auf manchen ehrerbietigen Gruß achtend, als die Gruppen bemerkend, die flüsternd zusammenstanden, um ihm nachzuschauen. Er sah und dachte an nichts Anderes, als wie er dem Obersten, ohne absichtlich zu verletzen, doch mit unverhohlener Festhaltung seines eigenen Selbstgefühles, das Blutgeld zurückzugeben habe, das er nie verlangt, und um das er nicht gedient hatte. Ja, das Blutgeld, sagte er laut, als er sich dem väterlichen Hause Juliens nahte, und es ist jetzt auch deine Pflicht, Theobald, dem alten Manne deutlich zu machen, wie sehr er sein eigenes Fleisch und Blut durch eine solche beabsichtigte Mitgift selbst geschändet habe! Nein, nein, du hochfahrender Aristokrat, du sollst wissen, wo deinem menschenverachtenden Stolze eine Grenze gezogen sein muß, mag kommen darüber, was da will!
Unter solchen Gedanken ließ er den schweren Messinghammer auf die Thüre fallen; aber zu seiner Verwunderung mußte er zwei-, dreimal pochen, bis sich langsam stolpernde Schritte die Treppe herab hören ließen. Theobald kannte den Alten wohl, er war ein Invalide, der, im Dienste des Obersten zum Krüppel geschossen, nun das Gnadenbrod des Hauses aß, und
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Zitationshilfe: | Frey, Jacob: Das erfüllte Versprechen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–107. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frey_versprechen_1910/82>, abgerufen am 05.07.2024. |