Frey, Jacob: Das erfüllte Versprechen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–107. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Zeit, die Ihr noch etwa in meinem Hause verweilet, die grüne Stube im ersten Stockwerke zu beziehen; es ist die beste, die ich Euch anbieten kann. Was giebt es, Meister? rief Theobald, den Mann, der ihm in seiner feierlichen Unbehülflichkeit wie eine Fortsetzung der kaum verscheuchten Traumbilder erschien, verwundert anblickend; ich muß mich wohl verschlafen haben. Bitte um Verzeihung, daß ich Euch gestört habe, erwiderte der Meister; das Frühstück hätte wohl noch warten mögen; aber hier schickt Euch meine Frau diese Blumen zum Glückwünsche, und da ist ein Brief für Euch ... Herr ... Ein Brief ... wer hat ihn gebracht? Der schwarze Jacob, wißt Ihr, der Reitknecht des gnädigen Herrn, des Obersten; ich dachte, es werde Eile haben ... gute Botschaft kommt nie zu früh. Ich danke Euch, Meister, erwiderte Theobald leise, und werde bald hinunterkommen. Der Brief zitterte in seiner Hand, als er die starren, wie mit einem Degenknaufe geschriebenen Buchstaben der Aufschrift betrachtete, und vor seinen Augen zog ein schattenhaftes Flimmern beim Anblicke des großen Familiensiegels; er meinte, ein höhnisches, drohendes Gesicht hinter dem geschlossenen Helmvisire, mit dem das Wappen gekrönt war, hervorstarren zu sehen. Er wendete das Papier einige Male hin und her, indem er vor sich hin murmelte: Dein Richterspruch, Theobald Zeit, die Ihr noch etwa in meinem Hause verweilet, die grüne Stube im ersten Stockwerke zu beziehen; es ist die beste, die ich Euch anbieten kann. Was giebt es, Meister? rief Theobald, den Mann, der ihm in seiner feierlichen Unbehülflichkeit wie eine Fortsetzung der kaum verscheuchten Traumbilder erschien, verwundert anblickend; ich muß mich wohl verschlafen haben. Bitte um Verzeihung, daß ich Euch gestört habe, erwiderte der Meister; das Frühstück hätte wohl noch warten mögen; aber hier schickt Euch meine Frau diese Blumen zum Glückwünsche, und da ist ein Brief für Euch … Herr … Ein Brief … wer hat ihn gebracht? Der schwarze Jacob, wißt Ihr, der Reitknecht des gnädigen Herrn, des Obersten; ich dachte, es werde Eile haben … gute Botschaft kommt nie zu früh. Ich danke Euch, Meister, erwiderte Theobald leise, und werde bald hinunterkommen. Der Brief zitterte in seiner Hand, als er die starren, wie mit einem Degenknaufe geschriebenen Buchstaben der Aufschrift betrachtete, und vor seinen Augen zog ein schattenhaftes Flimmern beim Anblicke des großen Familiensiegels; er meinte, ein höhnisches, drohendes Gesicht hinter dem geschlossenen Helmvisire, mit dem das Wappen gekrönt war, hervorstarren zu sehen. Er wendete das Papier einige Male hin und her, indem er vor sich hin murmelte: Dein Richterspruch, Theobald <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="5"> <p><pb facs="#f0079"/> Zeit, die Ihr noch etwa in meinem Hause verweilet, die grüne Stube im ersten Stockwerke zu beziehen; es ist die beste, die ich Euch anbieten kann.</p><lb/> <p>Was giebt es, Meister? rief Theobald, den Mann, der ihm in seiner feierlichen Unbehülflichkeit wie eine Fortsetzung der kaum verscheuchten Traumbilder erschien, verwundert anblickend; ich muß mich wohl verschlafen haben.</p><lb/> <p>Bitte um Verzeihung, daß ich Euch gestört habe, erwiderte der Meister; das Frühstück hätte wohl noch warten mögen; aber hier schickt Euch meine Frau diese Blumen zum Glückwünsche, und da ist ein Brief für Euch … Herr …</p><lb/> <p>Ein Brief … wer hat ihn gebracht?</p><lb/> <p>Der schwarze Jacob, wißt Ihr, der Reitknecht des gnädigen Herrn, des Obersten; ich dachte, es werde Eile haben … gute Botschaft kommt nie zu früh.</p><lb/> <p>Ich danke Euch, Meister, erwiderte Theobald leise, und werde bald hinunterkommen.</p><lb/> <p>Der Brief zitterte in seiner Hand, als er die starren, wie mit einem Degenknaufe geschriebenen Buchstaben der Aufschrift betrachtete, und vor seinen Augen zog ein schattenhaftes Flimmern beim Anblicke des großen Familiensiegels; er meinte, ein höhnisches, drohendes Gesicht hinter dem geschlossenen Helmvisire, mit dem das Wappen gekrönt war, hervorstarren zu sehen. Er wendete das Papier einige Male hin und her, indem er vor sich hin murmelte: Dein Richterspruch, Theobald<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0079]
Zeit, die Ihr noch etwa in meinem Hause verweilet, die grüne Stube im ersten Stockwerke zu beziehen; es ist die beste, die ich Euch anbieten kann.
Was giebt es, Meister? rief Theobald, den Mann, der ihm in seiner feierlichen Unbehülflichkeit wie eine Fortsetzung der kaum verscheuchten Traumbilder erschien, verwundert anblickend; ich muß mich wohl verschlafen haben.
Bitte um Verzeihung, daß ich Euch gestört habe, erwiderte der Meister; das Frühstück hätte wohl noch warten mögen; aber hier schickt Euch meine Frau diese Blumen zum Glückwünsche, und da ist ein Brief für Euch … Herr …
Ein Brief … wer hat ihn gebracht?
Der schwarze Jacob, wißt Ihr, der Reitknecht des gnädigen Herrn, des Obersten; ich dachte, es werde Eile haben … gute Botschaft kommt nie zu früh.
Ich danke Euch, Meister, erwiderte Theobald leise, und werde bald hinunterkommen.
Der Brief zitterte in seiner Hand, als er die starren, wie mit einem Degenknaufe geschriebenen Buchstaben der Aufschrift betrachtete, und vor seinen Augen zog ein schattenhaftes Flimmern beim Anblicke des großen Familiensiegels; er meinte, ein höhnisches, drohendes Gesicht hinter dem geschlossenen Helmvisire, mit dem das Wappen gekrönt war, hervorstarren zu sehen. Er wendete das Papier einige Male hin und her, indem er vor sich hin murmelte: Dein Richterspruch, Theobald
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