Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895.Uebermuth erwartete, in Anmaßung und Pietätlosigkeit umschlägt. Besinne Dich auf Dich selbst, mein Sohn; am tiefsten hat mich Dein Bestechungsversuch gekränkt! Er ist eigentlich unverzeihlich; ich entschuldige ihn mit Deiner großen Jugend. Einem Dreiundzwanzigjährigen sieht man gewisse Taktlosigkeiten nach. Nur verschone mich mit weiteren Episteln dieser Art, meine Nachsicht hat Grenzen! Dein Onkel Markwort, Pastor. Lisbeth Markwort an Axel Lorenzen. Wedel, 5. November 1892. Ach Axel, was hat Du angerichtet, was hast Du eigentlich Papa geschrieben? Er ist so furchtbar böse, und Mama und Tante würdigen mich keines Wortes, nachdem sie mich entsetzlich heruntergemacht haben. Es ist Alles entdeckt! Deine Bücher, dann daß die arme alte Steenbocken Briefe für mich angenommen hat, meine stillen heimlichen Pläne für die Zukunft - Alles, Alles! Ich komme mir vor wie ein Mensch, dem man alle Kisten und Kasten erbrochen und geleert hat, und dem das Beste und Liebste im Staub herumgezerrt worden. Morgens, wenn ich aufwache - so öde, so leer, und dazu diese nebeligen nassen Herbsttage, so grau, so todt, zum Verzweifeln. Gott mag wissen, was aus mir werden soll! Sie Uebermuth erwartete, in Anmaßung und Pietätlosigkeit umschlägt. Besinne Dich auf Dich selbst, mein Sohn; am tiefsten hat mich Dein Bestechungsversuch gekränkt! Er ist eigentlich unverzeihlich; ich entschuldige ihn mit Deiner großen Jugend. Einem Dreiundzwanzigjährigen sieht man gewisse Taktlosigkeiten nach. Nur verschone mich mit weiteren Episteln dieser Art, meine Nachsicht hat Grenzen! Dein Onkel Markwort, Pastor. Lisbeth Markwort an Axel Lorenzen. Wedel, 5. November 1892. Ach Axel, was hat Du angerichtet, was hast Du eigentlich Papa geschrieben? Er ist so furchtbar böse, und Mama und Tante würdigen mich keines Wortes, nachdem sie mich entsetzlich heruntergemacht haben. Es ist Alles entdeckt! Deine Bücher, dann daß die arme alte Steenbocken Briefe für mich angenommen hat, meine stillen heimlichen Pläne für die Zukunft – Alles, Alles! Ich komme mir vor wie ein Mensch, dem man alle Kisten und Kasten erbrochen und geleert hat, und dem das Beste und Liebste im Staub herumgezerrt worden. Morgens, wenn ich aufwache – so öde, so leer, und dazu diese nebeligen nassen Herbsttage, so grau, so todt, zum Verzweifeln. Gott mag wissen, was aus mir werden soll! Sie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="letter" n="2"> <p><pb facs="#f0352" n="344"/> Uebermuth erwartete, in Anmaßung und Pietätlosigkeit umschlägt. Besinne Dich auf Dich selbst, mein Sohn; am tiefsten hat mich Dein Bestechungsversuch gekränkt! Er ist eigentlich unverzeihlich; ich entschuldige ihn mit Deiner großen Jugend. Einem Dreiundzwanzigjährigen sieht man gewisse Taktlosigkeiten nach. Nur verschone mich mit weiteren Episteln dieser Art, meine Nachsicht hat Grenzen!</p> <closer> <salute> <hi rendition="#right">Dein Onkel Markwort, Pastor.</hi> </salute> </closer> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="letter" n="2"> <head>Lisbeth Markwort an Axel Lorenzen.</head> <opener> <dateline> <hi rendition="#right">Wedel, 5. November 1892.</hi> </dateline> </opener> <p>Ach Axel, was hat Du angerichtet, was hast Du eigentlich Papa geschrieben? Er ist so furchtbar böse, und Mama und Tante würdigen mich keines Wortes, nachdem sie mich entsetzlich heruntergemacht haben. Es ist Alles entdeckt! Deine Bücher, dann daß die arme alte Steenbocken Briefe für mich angenommen hat, meine stillen heimlichen Pläne für die Zukunft – Alles, Alles! Ich komme mir vor wie ein Mensch, dem man alle Kisten und Kasten erbrochen und geleert hat, und dem das Beste und Liebste im Staub herumgezerrt worden. Morgens, wenn ich aufwache – so öde, so leer, und dazu diese nebeligen nassen Herbsttage, so grau, so todt, zum Verzweifeln. Gott mag wissen, was aus mir werden soll! Sie </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [344/0352]
Uebermuth erwartete, in Anmaßung und Pietätlosigkeit umschlägt. Besinne Dich auf Dich selbst, mein Sohn; am tiefsten hat mich Dein Bestechungsversuch gekränkt! Er ist eigentlich unverzeihlich; ich entschuldige ihn mit Deiner großen Jugend. Einem Dreiundzwanzigjährigen sieht man gewisse Taktlosigkeiten nach. Nur verschone mich mit weiteren Episteln dieser Art, meine Nachsicht hat Grenzen!
Dein Onkel Markwort, Pastor.
Lisbeth Markwort an Axel Lorenzen. Wedel, 5. November 1892. Ach Axel, was hat Du angerichtet, was hast Du eigentlich Papa geschrieben? Er ist so furchtbar böse, und Mama und Tante würdigen mich keines Wortes, nachdem sie mich entsetzlich heruntergemacht haben. Es ist Alles entdeckt! Deine Bücher, dann daß die arme alte Steenbocken Briefe für mich angenommen hat, meine stillen heimlichen Pläne für die Zukunft – Alles, Alles! Ich komme mir vor wie ein Mensch, dem man alle Kisten und Kasten erbrochen und geleert hat, und dem das Beste und Liebste im Staub herumgezerrt worden. Morgens, wenn ich aufwache – so öde, so leer, und dazu diese nebeligen nassen Herbsttage, so grau, so todt, zum Verzweifeln. Gott mag wissen, was aus mir werden soll! Sie
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