Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895.begins at home" und ist doch die einzige im Haus, die fortwährend auf das Mädchen schilt und sich wundert, daß klein Frieda noch nicht so still sitzen mag wie sie. Na, wir haben sie aber auch oft schön geärgert, und Du mit, eben fällt es mir ein. Als Du das letzte Mal mit Deiner Mama bei uns warst und wir fortwährend vor Tantes Sopha auf und ab marschierten und "Bickbeern, blaue Bickbeern! Stint! labennige Stint!" dazu brüllten! Tante hielt sich die Ohren zu und gab uns sogar Püffe, aber wir wollten uns todtlachen und schrieen immer mehr. Man ist doch grausam unartig als Kind. Und wir waren gar nicht mal so klein, Du schon zwölf und ich neun, aber warum nannte sie uns auch immer "abscheuliche Gören", wenn sie allein mit uns zu Haus bleiben mußte - Lieber Axel! Ich muß mein Lehrerinnen-Examen machen, frage mich nicht, wieso, ich muß! Was ich aber von Dir wissen möchte, ist, ob ich mich wohl selber darauf vorbereiten kann. Ich meine allein. Denn ins Seminar gibt Papa mich nicht, er sagt, ich sei nicht kräftig genug und viel zu unruhigen Sinnes, um später als Lehrerin einen Beruf auszuüben. Mein Beruf seien meine kleinen Geschwister, dann die Verschönerung des Hauses durch Heiterkeit und Dienstwilligkeit gegen Jedermann! Und dann citirt er mir: "dienen lerne beizeiten" u. s. w., daß ich schon manchmal gedacht habe: lieber großer Göthe, hättest du doch das begins at home“ und ist doch die einzige im Haus, die fortwährend auf das Mädchen schilt und sich wundert, daß klein Frieda noch nicht so still sitzen mag wie sie. Na, wir haben sie aber auch oft schön geärgert, und Du mit, eben fällt es mir ein. Als Du das letzte Mal mit Deiner Mama bei uns warst und wir fortwährend vor Tantes Sopha auf und ab marschierten und „Bickbeern, blaue Bickbeern! Stint! labennige Stint!“ dazu brüllten! Tante hielt sich die Ohren zu und gab uns sogar Püffe, aber wir wollten uns todtlachen und schrieen immer mehr. Man ist doch grausam unartig als Kind. Und wir waren gar nicht mal so klein, Du schon zwölf und ich neun, aber warum nannte sie uns auch immer „abscheuliche Gören“, wenn sie allein mit uns zu Haus bleiben mußte – Lieber Axel! Ich muß mein Lehrerinnen-Examen machen, frage mich nicht, wieso, ich muß! Was ich aber von Dir wissen möchte, ist, ob ich mich wohl selber darauf vorbereiten kann. Ich meine allein. Denn ins Seminar gibt Papa mich nicht, er sagt, ich sei nicht kräftig genug und viel zu unruhigen Sinnes, um später als Lehrerin einen Beruf auszuüben. Mein Beruf seien meine kleinen Geschwister, dann die Verschönerung des Hauses durch Heiterkeit und Dienstwilligkeit gegen Jedermann! Und dann citirt er mir: „dienen lerne beizeiten“ u. s. w., daß ich schon manchmal gedacht habe: lieber großer Göthe, hättest du doch das <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="letter" n="2"> <p><pb facs="#f0313" n="305"/> begins at home“ und ist doch die einzige im Haus, die fortwährend auf das Mädchen schilt und sich wundert, daß klein Frieda noch nicht so still sitzen mag wie sie. Na, wir haben sie aber auch oft schön geärgert, und Du mit, eben fällt es mir ein. Als Du das letzte Mal mit Deiner Mama bei uns warst und wir fortwährend vor Tantes Sopha auf und ab marschierten und „Bickbeern, blaue Bickbeern! Stint! labennige Stint!“ dazu brüllten! Tante hielt sich die Ohren zu und gab uns sogar Püffe, aber wir wollten uns todtlachen und schrieen immer mehr. Man ist doch grausam unartig als Kind. Und wir waren gar nicht mal so klein, Du schon zwölf und ich neun, aber warum nannte sie uns auch immer „abscheuliche Gören“, wenn sie allein mit uns zu Haus bleiben mußte – Lieber Axel! Ich muß mein Lehrerinnen-Examen machen, frage mich nicht, wieso, ich muß! Was ich aber von Dir wissen möchte, ist, ob ich mich wohl selber darauf vorbereiten kann. Ich meine allein. Denn ins Seminar gibt Papa mich nicht, er sagt, ich sei nicht kräftig genug und viel zu unruhigen Sinnes, um später als Lehrerin einen Beruf auszuüben. Mein Beruf seien meine kleinen Geschwister, dann die Verschönerung des Hauses durch Heiterkeit und Dienstwilligkeit gegen Jedermann! Und dann citirt er mir: „dienen lerne beizeiten“ u. s. w., daß ich schon manchmal gedacht habe: lieber großer Göthe, hättest du doch das </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [305/0313]
begins at home“ und ist doch die einzige im Haus, die fortwährend auf das Mädchen schilt und sich wundert, daß klein Frieda noch nicht so still sitzen mag wie sie. Na, wir haben sie aber auch oft schön geärgert, und Du mit, eben fällt es mir ein. Als Du das letzte Mal mit Deiner Mama bei uns warst und wir fortwährend vor Tantes Sopha auf und ab marschierten und „Bickbeern, blaue Bickbeern! Stint! labennige Stint!“ dazu brüllten! Tante hielt sich die Ohren zu und gab uns sogar Püffe, aber wir wollten uns todtlachen und schrieen immer mehr. Man ist doch grausam unartig als Kind. Und wir waren gar nicht mal so klein, Du schon zwölf und ich neun, aber warum nannte sie uns auch immer „abscheuliche Gören“, wenn sie allein mit uns zu Haus bleiben mußte – Lieber Axel! Ich muß mein Lehrerinnen-Examen machen, frage mich nicht, wieso, ich muß! Was ich aber von Dir wissen möchte, ist, ob ich mich wohl selber darauf vorbereiten kann. Ich meine allein. Denn ins Seminar gibt Papa mich nicht, er sagt, ich sei nicht kräftig genug und viel zu unruhigen Sinnes, um später als Lehrerin einen Beruf auszuüben. Mein Beruf seien meine kleinen Geschwister, dann die Verschönerung des Hauses durch Heiterkeit und Dienstwilligkeit gegen Jedermann! Und dann citirt er mir: „dienen lerne beizeiten“ u. s. w., daß ich schon manchmal gedacht habe: lieber großer Göthe, hättest du doch das
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-26T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-26T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |