Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895.Schaible, jetz', Sie werdet a Freud' habe" rief es ihn mit rauher Stimme, aber in freundlichem Ton von einer Bank her an; ein dicker, pelzbesetzter Seidenklumpen, aus dem nur ein großes, rothes Gesicht hervorguckte, wälzte sich mühsam auf die Seite, um ihm die Hand hinzustrecken. Der Souffleur erhob den Kopf, aber ohne den sonderbar pfiffigen und pikanten Ausdruck, der ihm sonst eigen war. "Sie kommt nicht," sagte er kopfschüttelnd. "Wenn's nur erst meine Frau wüßt' Eben hab' ich den Brief - ." Er drückte mit dem Finger auf die Brusttasche, in der es knitterte; man hätte meinen können, er habe dort eine Stelle, die ihn schmerze. "Aber Aber Warum? Wenn mer frage darf? Ist mir aber leid!" staunte die dicke Frau, einst eine hochgefeierte Tänzerin des Hof-Theaters. Schaible blickte verstört vor sich hin. "Ja, ja, mir ist's nur um meine Alte, - die schläft schon seit vierzehn Tagen nimmer! Nun, - nun, - was ist zu machen? Nichts zu machen!" Er griff den Hut und schoß plötzlich davon über den heiteren, belebten Schloßplatz, der an diesem Gründonnerstage so frühlingsmäßig aufgeräumt aussah. Ostern fiel früh, noch in den März dieses Jahres, und doch war schon alles so staunenswerth vorgeschritten. Wie hatte er sich auf dem Herweg an dem Dufte der frisch bestellten, sauber gelockerten Beete, an den neu ergrünenden Rasenflecken gefreut, wo neben Schaible, jetz’, Sie werdet a Freud’ habe“ rief es ihn mit rauher Stimme, aber in freundlichem Ton von einer Bank her an; ein dicker, pelzbesetzter Seidenklumpen, aus dem nur ein großes, rothes Gesicht hervorguckte, wälzte sich mühsam auf die Seite, um ihm die Hand hinzustrecken. Der Souffleur erhob den Kopf, aber ohne den sonderbar pfiffigen und pikanten Ausdruck, der ihm sonst eigen war. „Sie kommt nicht,“ sagte er kopfschüttelnd. „Wenn’s nur erst meine Frau wüßt’ Eben hab’ ich den Brief – .“ Er drückte mit dem Finger auf die Brusttasche, in der es knitterte; man hätte meinen können, er habe dort eine Stelle, die ihn schmerze. „Aber Aber Warum? Wenn mer frage darf? Ist mir aber leid!“ staunte die dicke Frau, einst eine hochgefeierte Tänzerin des Hof-Theaters. Schaible blickte verstört vor sich hin. „Ja, ja, mir ist’s nur um meine Alte, – die schläft schon seit vierzehn Tagen nimmer! Nun, – nun, – was ist zu machen? Nichts zu machen!“ Er griff den Hut und schoß plötzlich davon über den heiteren, belebten Schloßplatz, der an diesem Gründonnerstage so frühlingsmäßig aufgeräumt aussah. Ostern fiel früh, noch in den März dieses Jahres, und doch war schon alles so staunenswerth vorgeschritten. Wie hatte er sich auf dem Herweg an dem Dufte der frisch bestellten, sauber gelockerten Beete, an den neu ergrünenden Rasenflecken gefreut, wo neben <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0284" n="276"/> Schaible, jetz’, Sie werdet a Freud’ habe“ rief es ihn mit rauher Stimme, aber in freundlichem Ton von einer Bank her an; ein dicker, pelzbesetzter Seidenklumpen, aus dem nur ein großes, rothes Gesicht hervorguckte, wälzte sich mühsam auf die Seite, um ihm die Hand hinzustrecken. Der Souffleur erhob den Kopf, aber ohne den sonderbar pfiffigen und pikanten Ausdruck, der ihm sonst eigen war. „Sie kommt nicht,“ sagte er kopfschüttelnd. „Wenn’s nur erst meine Frau wüßt’ Eben hab’ ich den Brief – .“ Er drückte mit dem Finger auf die Brusttasche, in der es knitterte; man hätte meinen können, er habe dort eine Stelle, die ihn schmerze.</p> <p>„Aber Aber Warum? Wenn mer frage darf? Ist mir aber leid!“ staunte die dicke Frau, einst eine hochgefeierte Tänzerin des Hof-Theaters. Schaible blickte verstört vor sich hin. „Ja, ja, mir ist’s nur um meine Alte, – die schläft schon seit vierzehn Tagen nimmer! Nun, – nun, – was ist zu machen? Nichts zu machen!“ Er griff den Hut und schoß plötzlich davon über den heiteren, belebten Schloßplatz, der an diesem Gründonnerstage so frühlingsmäßig aufgeräumt aussah. Ostern fiel früh, noch in den März dieses Jahres, und doch war schon alles so staunenswerth vorgeschritten. Wie hatte er sich auf dem Herweg an dem Dufte der frisch bestellten, sauber gelockerten Beete, an den neu ergrünenden Rasenflecken gefreut, wo neben </p> </div> </body> </text> </TEI> [276/0284]
Schaible, jetz’, Sie werdet a Freud’ habe“ rief es ihn mit rauher Stimme, aber in freundlichem Ton von einer Bank her an; ein dicker, pelzbesetzter Seidenklumpen, aus dem nur ein großes, rothes Gesicht hervorguckte, wälzte sich mühsam auf die Seite, um ihm die Hand hinzustrecken. Der Souffleur erhob den Kopf, aber ohne den sonderbar pfiffigen und pikanten Ausdruck, der ihm sonst eigen war. „Sie kommt nicht,“ sagte er kopfschüttelnd. „Wenn’s nur erst meine Frau wüßt’ Eben hab’ ich den Brief – .“ Er drückte mit dem Finger auf die Brusttasche, in der es knitterte; man hätte meinen können, er habe dort eine Stelle, die ihn schmerze.
„Aber Aber Warum? Wenn mer frage darf? Ist mir aber leid!“ staunte die dicke Frau, einst eine hochgefeierte Tänzerin des Hof-Theaters. Schaible blickte verstört vor sich hin. „Ja, ja, mir ist’s nur um meine Alte, – die schläft schon seit vierzehn Tagen nimmer! Nun, – nun, – was ist zu machen? Nichts zu machen!“ Er griff den Hut und schoß plötzlich davon über den heiteren, belebten Schloßplatz, der an diesem Gründonnerstage so frühlingsmäßig aufgeräumt aussah. Ostern fiel früh, noch in den März dieses Jahres, und doch war schon alles so staunenswerth vorgeschritten. Wie hatte er sich auf dem Herweg an dem Dufte der frisch bestellten, sauber gelockerten Beete, an den neu ergrünenden Rasenflecken gefreut, wo neben
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