Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite

Achselzuckend und geärgert wollte der Student auf sein Zimmer zurückkehren, als auch die Doktorin vor ihrer Thür erschien und ihn mit ein wenig scheuer und bekümmerter Miene bat, einen Augenblick bei ihr einzutreten.

Jetzt kommt die Exekution, dachte er, und folgte widerwillig in das hübsche Eckzimmer, dessen Fenster so mit Blumentischen voll Palmen und Aralien besetzt waren, daß nur grünes Dämmerlicht in der Mitte des Raumes herrschte.

"Bitte, daß Sie sitzen, Herr Doktor."

Sie kann mir ja gleich kündigen, wozu die Liebenswürdigkeit und die Umschweife? dachte er und lehnte sich an den Bücherschrank, während die Frau an einem winzigen Schreibtisch Platz nahm, der ganz auf ihr Körpermaß zugeschnitten schien.

"Ich habe Ihnen etwas so Unangenehmes zu sagen," begann sie und legte den Kopf in den Nacken, um ihn anzusehen, während ein leises Roth ihr in die Wangen stieg, "ich für mein Theil habe so große Freude gehabt an Ihrem Spiel gestern Abend, es hat mich in vergangene Tage versetzt, so ich selbst musicirte, aber nun - der Hausbesitzer ist ein roher, widriger Mensch, er sei gestört worden -" Sie hatte ein grau-braunes Couvert vom Tische genommen, es zitterte leicht in ihrer Hand.

Iversen's Zorn war verflogen; das gute Frauchen

Achselzuckend und geärgert wollte der Student auf sein Zimmer zurückkehren, als auch die Doktorin vor ihrer Thür erschien und ihn mit ein wenig scheuer und bekümmerter Miene bat, einen Augenblick bei ihr einzutreten.

Jetzt kommt die Exekution, dachte er, und folgte widerwillig in das hübsche Eckzimmer, dessen Fenster so mit Blumentischen voll Palmen und Aralien besetzt waren, daß nur grünes Dämmerlicht in der Mitte des Raumes herrschte.

„Bitte, daß Sie sitzen, Herr Doktor.“

Sie kann mir ja gleich kündigen, wozu die Liebenswürdigkeit und die Umschweife? dachte er und lehnte sich an den Bücherschrank, während die Frau an einem winzigen Schreibtisch Platz nahm, der ganz auf ihr Körpermaß zugeschnitten schien.

„Ich habe Ihnen etwas so Unangenehmes zu sagen,“ begann sie und legte den Kopf in den Nacken, um ihn anzusehen, während ein leises Roth ihr in die Wangen stieg, „ich für mein Theil habe so große Freude gehabt an Ihrem Spiel gestern Abend, es hat mich in vergangene Tage versetzt, so ich selbst musicirte, aber nun – der Hausbesitzer ist ein roher, widriger Mensch, er sei gestört worden –“ Sie hatte ein grau-braunes Couvert vom Tische genommen, es zitterte leicht in ihrer Hand.

Iversen’s Zorn war verflogen; das gute Frauchen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0021" n="13"/>
Achselzuckend und geärgert wollte der Student auf sein Zimmer zurückkehren, als auch die Doktorin vor ihrer Thür erschien und ihn mit ein wenig scheuer und bekümmerter Miene bat, einen Augenblick bei ihr einzutreten.</p>
        <p>Jetzt kommt die Exekution, dachte er, und folgte widerwillig in das hübsche Eckzimmer, dessen Fenster so mit Blumentischen voll Palmen und Aralien besetzt waren, daß nur grünes Dämmerlicht in der Mitte des Raumes herrschte.</p>
        <p>&#x201E;Bitte, daß Sie sitzen, Herr Doktor.&#x201C;</p>
        <p>Sie kann mir ja gleich kündigen, wozu die Liebenswürdigkeit und die Umschweife? dachte er und lehnte sich an den Bücherschrank, während die Frau an einem winzigen Schreibtisch Platz nahm, der ganz auf ihr Körpermaß zugeschnitten schien.</p>
        <p>&#x201E;Ich habe Ihnen etwas so Unangenehmes zu sagen,&#x201C; begann sie und legte den Kopf in den Nacken, um ihn anzusehen, während ein leises Roth ihr in die Wangen stieg, &#x201E;ich für mein Theil habe so große Freude gehabt an Ihrem Spiel gestern Abend, es hat mich in vergangene Tage versetzt, so ich selbst musicirte, aber nun &#x2013; der Hausbesitzer ist ein roher, widriger Mensch, er sei gestört worden &#x2013;&#x201C; Sie hatte ein grau-braunes Couvert vom Tische genommen, es zitterte leicht in ihrer Hand.</p>
        <p>Iversen&#x2019;s Zorn war verflogen; das gute Frauchen
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[13/0021] Achselzuckend und geärgert wollte der Student auf sein Zimmer zurückkehren, als auch die Doktorin vor ihrer Thür erschien und ihn mit ein wenig scheuer und bekümmerter Miene bat, einen Augenblick bei ihr einzutreten. Jetzt kommt die Exekution, dachte er, und folgte widerwillig in das hübsche Eckzimmer, dessen Fenster so mit Blumentischen voll Palmen und Aralien besetzt waren, daß nur grünes Dämmerlicht in der Mitte des Raumes herrschte. „Bitte, daß Sie sitzen, Herr Doktor.“ Sie kann mir ja gleich kündigen, wozu die Liebenswürdigkeit und die Umschweife? dachte er und lehnte sich an den Bücherschrank, während die Frau an einem winzigen Schreibtisch Platz nahm, der ganz auf ihr Körpermaß zugeschnitten schien. „Ich habe Ihnen etwas so Unangenehmes zu sagen,“ begann sie und legte den Kopf in den Nacken, um ihn anzusehen, während ein leises Roth ihr in die Wangen stieg, „ich für mein Theil habe so große Freude gehabt an Ihrem Spiel gestern Abend, es hat mich in vergangene Tage versetzt, so ich selbst musicirte, aber nun – der Hausbesitzer ist ein roher, widriger Mensch, er sei gestört worden –“ Sie hatte ein grau-braunes Couvert vom Tische genommen, es zitterte leicht in ihrer Hand. Iversen’s Zorn war verflogen; das gute Frauchen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895/21
Zitationshilfe: Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895/21>, abgerufen am 03.12.2024.