Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895.brauchte -" riß er entzückt die Augen auf und meinte, es sei alles nichts als vorahnendes Trennungsweh und grenzenlose Liebe zu ihm, und sein erster widriger Eindruck habe ihn schändlich irre geführt. Geschmeichelt und zärtlich wie nie zuvor wandte er nun alle Beredtsamkeit auf, um sie zu trösten, sie zu überzeugen, daß sie noch kinderjung, die Mama im kräftigsten Frauenalter, er ihr treuer Verlobter und Gatte sei. "Ach, aber wie lange kann es noch dauern?" seufzte Toni verwirrt, "es ist wirklich zu unangenehm, und wenn es Dir möglich wäre, diese Zeit abzukürzen -" Schon erschien Mama auf der Schwelle, sie hatte einen so wissenden Zug um den Mund, und ihre Augen befragten die Tochter, obgleich ihre Lippen von lauter unbefangener Freundlichkeit für den Schwiegersohn überflossen. Tonis geröthete Augen schien sie nicht zu bemerken. "Wagners sind auch wieder da gewesen; Sie finden keinen Geschmack an den Leuten; aber ich muß sagen, es sind höchst liebenswürdige, reizende Menschen." "Toni kann ja ihn heirathen, es sind ja doch zwei so reizende Menschen da!" fuhr Hausdörffer tückisch heraus. "Richard! Und das sagst Du mir!" Die Braut war glühend roth geworden. "Ich höre jeden Tag, wie reizend sie sind, da fällt einem so allerlei ein." brauchte –“ riß er entzückt die Augen auf und meinte, es sei alles nichts als vorahnendes Trennungsweh und grenzenlose Liebe zu ihm, und sein erster widriger Eindruck habe ihn schändlich irre geführt. Geschmeichelt und zärtlich wie nie zuvor wandte er nun alle Beredtsamkeit auf, um sie zu trösten, sie zu überzeugen, daß sie noch kinderjung, die Mama im kräftigsten Frauenalter, er ihr treuer Verlobter und Gatte sei. „Ach, aber wie lange kann es noch dauern?“ seufzte Toni verwirrt, „es ist wirklich zu unangenehm, und wenn es Dir möglich wäre, diese Zeit abzukürzen –“ Schon erschien Mama auf der Schwelle, sie hatte einen so wissenden Zug um den Mund, und ihre Augen befragten die Tochter, obgleich ihre Lippen von lauter unbefangener Freundlichkeit für den Schwiegersohn überflossen. Tonis geröthete Augen schien sie nicht zu bemerken. „Wagners sind auch wieder da gewesen; Sie finden keinen Geschmack an den Leuten; aber ich muß sagen, es sind höchst liebenswürdige, reizende Menschen.“ „Toni kann ja ihn heirathen, es sind ja doch zwei so reizende Menschen da!“ fuhr Hausdörffer tückisch heraus. „Richard! Und das sagst Du mir!“ Die Braut war glühend roth geworden. „Ich höre jeden Tag, wie reizend sie sind, da fällt einem so allerlei ein.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0160" n="152"/> brauchte –“ riß er entzückt die Augen auf und meinte, es sei alles nichts als vorahnendes Trennungsweh und grenzenlose Liebe zu ihm, und sein erster widriger Eindruck habe ihn schändlich irre geführt. Geschmeichelt und zärtlich wie nie zuvor wandte er nun alle Beredtsamkeit auf, um sie zu trösten, sie zu überzeugen, daß sie noch kinderjung, die Mama im kräftigsten Frauenalter, er ihr treuer Verlobter und Gatte sei.</p> <p>„Ach, aber wie lange kann es noch dauern?“ seufzte Toni verwirrt, „es ist wirklich zu unangenehm, und wenn es Dir möglich wäre, diese Zeit abzukürzen –“</p> <p>Schon erschien Mama auf der Schwelle, sie hatte einen so wissenden Zug um den Mund, und ihre Augen befragten die Tochter, obgleich ihre Lippen von lauter unbefangener Freundlichkeit für den Schwiegersohn überflossen. Tonis geröthete Augen schien sie nicht zu bemerken.</p> <p>„Wagners sind auch wieder da gewesen; Sie finden keinen Geschmack an den Leuten; aber ich muß sagen, es sind höchst liebenswürdige, reizende Menschen.“</p> <p>„Toni kann ja ihn heirathen, es sind ja doch zwei so reizende Menschen da!“ fuhr Hausdörffer tückisch heraus.</p> <p>„Richard! Und das sagst Du mir!“ Die Braut war glühend roth geworden.</p> <p>„Ich höre jeden Tag, wie reizend sie sind, da fällt einem so allerlei ein.“</p> </div> </body> </text> </TEI> [152/0160]
brauchte –“ riß er entzückt die Augen auf und meinte, es sei alles nichts als vorahnendes Trennungsweh und grenzenlose Liebe zu ihm, und sein erster widriger Eindruck habe ihn schändlich irre geführt. Geschmeichelt und zärtlich wie nie zuvor wandte er nun alle Beredtsamkeit auf, um sie zu trösten, sie zu überzeugen, daß sie noch kinderjung, die Mama im kräftigsten Frauenalter, er ihr treuer Verlobter und Gatte sei.
„Ach, aber wie lange kann es noch dauern?“ seufzte Toni verwirrt, „es ist wirklich zu unangenehm, und wenn es Dir möglich wäre, diese Zeit abzukürzen –“
Schon erschien Mama auf der Schwelle, sie hatte einen so wissenden Zug um den Mund, und ihre Augen befragten die Tochter, obgleich ihre Lippen von lauter unbefangener Freundlichkeit für den Schwiegersohn überflossen. Tonis geröthete Augen schien sie nicht zu bemerken.
„Wagners sind auch wieder da gewesen; Sie finden keinen Geschmack an den Leuten; aber ich muß sagen, es sind höchst liebenswürdige, reizende Menschen.“
„Toni kann ja ihn heirathen, es sind ja doch zwei so reizende Menschen da!“ fuhr Hausdörffer tückisch heraus.
„Richard! Und das sagst Du mir!“ Die Braut war glühend roth geworden.
„Ich höre jeden Tag, wie reizend sie sind, da fällt einem so allerlei ein.“
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