Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895.stand, daß er hier in diesem fettigen Morast bis zum Morgen herumtappen sollte, wenigstens würde er sein komisches Mißgeschick für sich behalten, das war nun beschlossene Sache. Vorsichtig tastet er weiter, das Rauschen kommt näher, - er wird im Augenblick an irgend einem Flußufer stehen und dort jedenfalls Halt machen müssen, bis ihm der schwarze Himmel wieder solch ein kurzes, aber mächtig erhellendes Phosphorlicht sendet. Da tritt sein Fuß auf etwas Festes, er fühlt Steine unter der Sohle, sicher schreitet er aus, und unter ihm wühlt und plätschert das Wasser, während er es auf der Brücke überkreuzt. "Das haben wir einmal gut gefingert! Wenn man nur jetzt wüßte, was für ein Fluß oder Bach das hier ist." So geschwätzig die Wellen strömen, sie plaudern nichts aus, auch über das sehr solide Etwas da plötzlich vor ihm, an das er mit dem Hutrand gestreift hat, das er nun mit vorgestreckten Händen abfühlt, haben sie ihm nichts verrathen. Jetzt wird's gefährlich. Er lacht sich selber aus. Wie in einem Kindermärchen läuft er herum, ohne Wehr und Waffe, im wilden schwarzen Wald, oder ist das ein Haus, ein Hütte, was er da mit Stirn und Händen gefunden hat? Es scheint so, aber Fenster hat's nicht, ist ganz klein und von Holz, soweit er fühlen kann. Jetzt fehlen nur noch die Räuber, dann ist's vollständig. stand, daß er hier in diesem fettigen Morast bis zum Morgen herumtappen sollte, wenigstens würde er sein komisches Mißgeschick für sich behalten, das war nun beschlossene Sache. Vorsichtig tastet er weiter, das Rauschen kommt näher, – er wird im Augenblick an irgend einem Flußufer stehen und dort jedenfalls Halt machen müssen, bis ihm der schwarze Himmel wieder solch ein kurzes, aber mächtig erhellendes Phosphorlicht sendet. Da tritt sein Fuß auf etwas Festes, er fühlt Steine unter der Sohle, sicher schreitet er aus, und unter ihm wühlt und plätschert das Wasser, während er es auf der Brücke überkreuzt. „Das haben wir einmal gut gefingert! Wenn man nur jetzt wüßte, was für ein Fluß oder Bach das hier ist.“ So geschwätzig die Wellen strömen, sie plaudern nichts aus, auch über das sehr solide Etwas da plötzlich vor ihm, an das er mit dem Hutrand gestreift hat, das er nun mit vorgestreckten Händen abfühlt, haben sie ihm nichts verrathen. Jetzt wird’s gefährlich. Er lacht sich selber aus. Wie in einem Kindermärchen läuft er herum, ohne Wehr und Waffe, im wilden schwarzen Wald, oder ist das ein Haus, ein Hütte, was er da mit Stirn und Händen gefunden hat? Es scheint so, aber Fenster hat’s nicht, ist ganz klein und von Holz, soweit er fühlen kann. Jetzt fehlen nur noch die Räuber, dann ist’s vollständig. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0106" n="98"/> stand, daß er hier in diesem fettigen Morast bis zum Morgen herumtappen sollte, wenigstens würde er sein komisches Mißgeschick für sich behalten, das war nun beschlossene Sache. Vorsichtig tastet er weiter, das Rauschen kommt näher, – er wird im Augenblick an irgend einem Flußufer stehen und dort jedenfalls Halt machen müssen, bis ihm der schwarze Himmel wieder solch ein kurzes, aber mächtig erhellendes Phosphorlicht sendet.</p> <p>Da tritt sein Fuß auf etwas Festes, er fühlt Steine unter der Sohle, sicher schreitet er aus, und unter ihm wühlt und plätschert das Wasser, während er es auf der Brücke überkreuzt.</p> <p>„Das haben wir einmal gut gefingert! Wenn man nur jetzt wüßte, was für ein Fluß oder Bach das hier ist.“ So geschwätzig die Wellen strömen, sie plaudern nichts aus, auch über das sehr solide Etwas da plötzlich vor ihm, an das er mit dem Hutrand gestreift hat, das er nun mit vorgestreckten Händen abfühlt, haben sie ihm nichts verrathen. Jetzt wird’s gefährlich. Er lacht sich selber aus. Wie in einem Kindermärchen läuft er herum, ohne Wehr und Waffe, im wilden schwarzen Wald, oder ist das ein Haus, ein Hütte, was er da mit Stirn und Händen gefunden hat? Es scheint so, aber Fenster hat’s nicht, ist ganz klein und von Holz, soweit er fühlen kann. Jetzt fehlen nur noch die Räuber, dann ist’s vollständig. </p> </div> </body> </text> </TEI> [98/0106]
stand, daß er hier in diesem fettigen Morast bis zum Morgen herumtappen sollte, wenigstens würde er sein komisches Mißgeschick für sich behalten, das war nun beschlossene Sache. Vorsichtig tastet er weiter, das Rauschen kommt näher, – er wird im Augenblick an irgend einem Flußufer stehen und dort jedenfalls Halt machen müssen, bis ihm der schwarze Himmel wieder solch ein kurzes, aber mächtig erhellendes Phosphorlicht sendet.
Da tritt sein Fuß auf etwas Festes, er fühlt Steine unter der Sohle, sicher schreitet er aus, und unter ihm wühlt und plätschert das Wasser, während er es auf der Brücke überkreuzt.
„Das haben wir einmal gut gefingert! Wenn man nur jetzt wüßte, was für ein Fluß oder Bach das hier ist.“ So geschwätzig die Wellen strömen, sie plaudern nichts aus, auch über das sehr solide Etwas da plötzlich vor ihm, an das er mit dem Hutrand gestreift hat, das er nun mit vorgestreckten Händen abfühlt, haben sie ihm nichts verrathen. Jetzt wird’s gefährlich. Er lacht sich selber aus. Wie in einem Kindermärchen läuft er herum, ohne Wehr und Waffe, im wilden schwarzen Wald, oder ist das ein Haus, ein Hütte, was er da mit Stirn und Händen gefunden hat? Es scheint so, aber Fenster hat’s nicht, ist ganz klein und von Holz, soweit er fühlen kann. Jetzt fehlen nur noch die Räuber, dann ist’s vollständig.
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Zitationshilfe: | Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895/106>, abgerufen am 23.07.2024. |