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Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.

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Wolff hob die Hand mit dem Pinsel und drohte
ihm lächelnd. "Heute ist Montag," sagte er bedeut¬
sam; und als ihn Alfred fragend ansah:

"Sonntags die Liebe, und Wochentags die Ar¬
beit, sonst kommt man auf den Hund," erklärte der
Maler -- schon wieder mit den Augen auf der Leinwand.

"Sie haben Recht," rief Alfred etwas betroffen,
"ich möchte mir ein kleines Atelier miethen, anfan¬
gen zu arbeiten. Ich weiß zwar noch nicht, was --

Der Maler legte die Palette hin und kam mit
ernstem theilnehmenden Gesicht auf ihn zu. "Ich bitte
Sie, sehen Sie sich die Babett an, die könnte Sie auf
Gedanken bringen. Wenn ich das Ding sehe, fallen
mir alle Kindermärchen ein; so ein Rothkäppchen
oder Schneewittchen, Sie werden schon wissen, wofür
Sie sich entscheiden. Ein Atelier im Nachbarhause
ist frei, im Hintergebäude, hell und still, wie Sie's
brauchen. Miethen Sie's, wenn es Ihnen zusagt,
und dann kommen Sie wieder und sehen sich das
Kind an."

Der Maler hatte mit dem Arbeitskittel einen
ganz andern Menschen angezogen. Alfred gehorchte
voll Freude. Nun erst wünschte er sich von Herzen
zu der Bekanntschaft Glück.

Das Atelier, von dem Wolff gesprochen, lag zu
ebener Erde und hauchte eine feuchte Kellerluft aus,
da es den Winter über leer gestanden hatte; dennoch

Wolff hob die Hand mit dem Pinſel und drohte
ihm lächelnd. „Heute iſt Montag,“ ſagte er bedeut¬
ſam; und als ihn Alfred fragend anſah:

„Sonntags die Liebe, und Wochentags die Ar¬
beit, ſonſt kommt man auf den Hund,“ erklärte der
Maler — ſchon wieder mit den Augen auf der Leinwand.

„Sie haben Recht,“ rief Alfred etwas betroffen,
„ich möchte mir ein kleines Atelier miethen, anfan¬
gen zu arbeiten. Ich weiß zwar noch nicht, was —

Der Maler legte die Palette hin und kam mit
ernſtem theilnehmenden Geſicht auf ihn zu. „Ich bitte
Sie, ſehen Sie ſich die Babett an, die könnte Sie auf
Gedanken bringen. Wenn ich das Ding ſehe, fallen
mir alle Kindermärchen ein; ſo ein Rothkäppchen
oder Schneewittchen, Sie werden ſchon wiſſen, wofür
Sie ſich entſcheiden. Ein Atelier im Nachbarhauſe
iſt frei, im Hintergebäude, hell und ſtill, wie Sie's
brauchen. Miethen Sie's, wenn es Ihnen zuſagt,
und dann kommen Sie wieder und ſehen ſich das
Kind an.“

Der Maler hatte mit dem Arbeitskittel einen
ganz andern Menſchen angezogen. Alfred gehorchte
voll Freude. Nun erſt wünſchte er ſich von Herzen
zu der Bekanntſchaft Glück.

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ebener Erde und hauchte eine feuchte Kellerluft aus,
da es den Winter über leer geſtanden hatte; dennoch

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[45/0061] Wolff hob die Hand mit dem Pinſel und drohte ihm lächelnd. „Heute iſt Montag,“ ſagte er bedeut¬ ſam; und als ihn Alfred fragend anſah: „Sonntags die Liebe, und Wochentags die Ar¬ beit, ſonſt kommt man auf den Hund,“ erklärte der Maler — ſchon wieder mit den Augen auf der Leinwand. „Sie haben Recht,“ rief Alfred etwas betroffen, „ich möchte mir ein kleines Atelier miethen, anfan¬ gen zu arbeiten. Ich weiß zwar noch nicht, was — Der Maler legte die Palette hin und kam mit ernſtem theilnehmenden Geſicht auf ihn zu. „Ich bitte Sie, ſehen Sie ſich die Babett an, die könnte Sie auf Gedanken bringen. Wenn ich das Ding ſehe, fallen mir alle Kindermärchen ein; ſo ein Rothkäppchen oder Schneewittchen, Sie werden ſchon wiſſen, wofür Sie ſich entſcheiden. Ein Atelier im Nachbarhauſe iſt frei, im Hintergebäude, hell und ſtill, wie Sie's brauchen. Miethen Sie's, wenn es Ihnen zuſagt, und dann kommen Sie wieder und ſehen ſich das Kind an.“ Der Maler hatte mit dem Arbeitskittel einen ganz andern Menſchen angezogen. Alfred gehorchte voll Freude. Nun erſt wünſchte er ſich von Herzen zu der Bekanntſchaft Glück. Das Atelier, von dem Wolff geſprochen, lag zu ebener Erde und hauchte eine feuchte Kellerluft aus, da es den Winter über leer geſtanden hatte; dennoch

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Zitationshilfe: Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/61>, abgerufen am 24.11.2024.