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Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.

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schichte bis ins Detail kennt und in selbst zubereiteter
pikanter Sauce Bekannten und Unbekannten auftischt.
Ich saß wie auf Kohlen, denn ich sah das grinsende
Gesicht der Alten noch süßlicher werden, als sie mich
erblickte, und wie sie mich von Weitem anrief, wurde
mir aufrichtig seekrank. "Sieh' da, Herr Schmidt¬
hammer," sagte sie, "warum haben Sie denn unser
Künstlerfest versäumt? Die Maifee hat sich nach
Ihnen ihre schönen Augen ausgeweint!" Klärchen
war zum Glück an den Frühstückstisch getreten und
hörte nichts, und der Papa ist zu harmlos, war auch
zu sehr in Betrachtung der Ufer vertieft, um die gif¬
tigen Worte zu hören. Die Mutter aber warf mir
einen fragenden Blick zu und flüsterte dann: "Ist das
nicht die Hechingen? Ich kenne sie aus einem Wohl¬
thätigkeitsconcert -- leider -- wenn sie mich nur
nicht sieht!" "Ich will sie unschädlich machen," rief
ich, stürzte mich auf die Granate, die jeden Augen¬
blick platzen konnte und wich nicht mehr von ihrer
Seite, bis wir in Desenzano waren. Ein Jammer
um die schöne Fahrt! Sie ist leider gleichfalls nach
Verona gekommen, und ich habe, während ich sie
überwachte, meine Familie aus den Augen verloren.
In Desenzano auf der Station ging der Doktor an
mir vorüber, beladen mit warmen Koteletts und Bröt¬
chen, er sah mich nicht und ich -- herabgesunken zum
Ritter der Hechingen, der ich eben zwei Apfelsinen

ſchichte bis ins Detail kennt und in ſelbſt zubereiteter
pikanter Sauce Bekannten und Unbekannten auftiſcht.
Ich ſaß wie auf Kohlen, denn ich ſah das grinſende
Geſicht der Alten noch ſüßlicher werden, als ſie mich
erblickte, und wie ſie mich von Weitem anrief, wurde
mir aufrichtig ſeekrank. „Sieh' da, Herr Schmidt¬
hammer,“ ſagte ſie, „warum haben Sie denn unſer
Künſtlerfeſt verſäumt? Die Maifee hat ſich nach
Ihnen ihre ſchönen Augen ausgeweint!“ Klärchen
war zum Glück an den Frühſtückstiſch getreten und
hörte nichts, und der Papa iſt zu harmlos, war auch
zu ſehr in Betrachtung der Ufer vertieft, um die gif¬
tigen Worte zu hören. Die Mutter aber warf mir
einen fragenden Blick zu und flüſterte dann: „Iſt das
nicht die Hechingen? Ich kenne ſie aus einem Wohl¬
thätigkeitsconcert — leider — wenn ſie mich nur
nicht ſieht!“ „Ich will ſie unſchädlich machen,“ rief
ich, ſtürzte mich auf die Granate, die jeden Augen¬
blick platzen konnte und wich nicht mehr von ihrer
Seite, bis wir in Deſenzano waren. Ein Jammer
um die ſchöne Fahrt! Sie iſt leider gleichfalls nach
Verona gekommen, und ich habe, während ich ſie
überwachte, meine Familie aus den Augen verloren.
In Deſenzano auf der Station ging der Doktor an
mir vorüber, beladen mit warmen Koteletts und Bröt¬
chen, er ſah mich nicht und ich — herabgeſunken zum
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[228/0244] ſchichte bis ins Detail kennt und in ſelbſt zubereiteter pikanter Sauce Bekannten und Unbekannten auftiſcht. Ich ſaß wie auf Kohlen, denn ich ſah das grinſende Geſicht der Alten noch ſüßlicher werden, als ſie mich erblickte, und wie ſie mich von Weitem anrief, wurde mir aufrichtig ſeekrank. „Sieh' da, Herr Schmidt¬ hammer,“ ſagte ſie, „warum haben Sie denn unſer Künſtlerfeſt verſäumt? Die Maifee hat ſich nach Ihnen ihre ſchönen Augen ausgeweint!“ Klärchen war zum Glück an den Frühſtückstiſch getreten und hörte nichts, und der Papa iſt zu harmlos, war auch zu ſehr in Betrachtung der Ufer vertieft, um die gif¬ tigen Worte zu hören. Die Mutter aber warf mir einen fragenden Blick zu und flüſterte dann: „Iſt das nicht die Hechingen? Ich kenne ſie aus einem Wohl¬ thätigkeitsconcert — leider — wenn ſie mich nur nicht ſieht!“ „Ich will ſie unſchädlich machen,“ rief ich, ſtürzte mich auf die Granate, die jeden Augen¬ blick platzen konnte und wich nicht mehr von ihrer Seite, bis wir in Deſenzano waren. Ein Jammer um die ſchöne Fahrt! Sie iſt leider gleichfalls nach Verona gekommen, und ich habe, während ich ſie überwachte, meine Familie aus den Augen verloren. In Deſenzano auf der Station ging der Doktor an mir vorüber, beladen mit warmen Koteletts und Bröt¬ chen, er ſah mich nicht und ich — herabgeſunken zum Ritter der Hechingen, der ich eben zwei Apfelſinen

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Zitationshilfe: Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/244>, abgerufen am 21.11.2024.