hebend, "Dir kann ich's schon sagen, gelt? Du ver¬ rath'st mich nit?"
Und wie er athemlos sie anstarrte, flüsterte sie, ihm mit der Hand übers Gesicht streichend: "Ja, was kuckst mich denn an, wie verdonnert? Für sie sind's nur en paar Markeln, en paar lumpige, für mich ist's viel Geld! Und ich muß doch an meine Zukunft denken! Und's is alles so theuer -- und sauber möcht' ich doch auch geh'n." Und wie er vor Schrecken gar keine Antwort fand, fuhr sie in halb ängstlichem Ton fort: "Schau, Du sprichst vom Hei¬ rathen, -- thust, als ob Du mich gern hätt'st, aber nach¬ her würd'st schauen, wenn ich nit emal etwas Weißzeug mitbringen thät!" Sie streckte schmeichelnd den Arm aus; als sie aber sah, daß er zurückschrak, wurde ihre Stimme hart und kalt.
"Oder vielleicht hast nur so geschwätzt vom Gern¬ haben, weil Du was von mir möcht'st?" fragte sie spöttisch. "O, Ihr Mannsbilder seid überein, alle miteinander! Meinst, ich kennt' Euch nit? Wie ich sieben Jahr g'wesen bin, hab' ich schon alles g'wißt, -- nichts sucht Ihr bei uns, als Euer Vergnügen; Ihr geht davon, wie die Katz' vom Taubenschlag, und für uns bleiben die Schmerzen und die Schande."
"Du hascht Urkundefälschung b'gange, weißt, was des heißt? des heißt" -- Michel brach ab und schluchzte.
Frapan, Bittersüß. 12
hebend, „Dir kann ich's ſchon ſagen, gelt? Du ver¬ rath'ſt mich nit?“
Und wie er athemlos ſie anſtarrte, flüſterte ſie, ihm mit der Hand übers Geſicht ſtreichend: „Ja, was kuckſt mich denn an, wie verdonnert? Für ſie ſind's nur en paar Markeln, en paar lumpige, für mich iſt's viel Geld! Und ich muß doch an meine Zukunft denken! Und's is alles ſo theuer — und ſauber möcht' ich doch auch geh'n.“ Und wie er vor Schrecken gar keine Antwort fand, fuhr ſie in halb ängſtlichem Ton fort: „Schau, Du ſprichſt vom Hei¬ rathen, — thuſt, als ob Du mich gern hätt'ſt, aber nach¬ her würd'ſt ſchauen, wenn ich nit emal etwas Weißzeug mitbringen thät!“ Sie ſtreckte ſchmeichelnd den Arm aus; als ſie aber ſah, daß er zurückſchrak, wurde ihre Stimme hart und kalt.
„Oder vielleicht haſt nur ſo geſchwätzt vom Gern¬ haben, weil Du was von mir möcht'ſt?“ fragte ſie ſpöttiſch. „O, Ihr Mannsbilder ſeid überein, alle miteinander! Meinſt, ich kennt' Euch nit? Wie ich ſieben Jahr g'weſen bin, hab' ich ſchon alles g'wißt, — nichts ſucht Ihr bei uns, als Euer Vergnügen; Ihr geht davon, wie die Katz' vom Taubenſchlag, und für uns bleiben die Schmerzen und die Schande.“
„Du haſcht Urkundefälſchung b'gange, weißt, was des heißt? des heißt“ — Michel brach ab und ſchluchzte.
Frapan, Bitterſüß. 12
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hebend, „Dir kann ich's ſchon ſagen, gelt? Du ver¬
rath'ſt mich nit?“
Und wie er athemlos ſie anſtarrte, flüſterte ſie,
ihm mit der Hand übers Geſicht ſtreichend: „Ja,
was kuckſt mich denn an, wie verdonnert? Für ſie
ſind's nur en paar Markeln, en paar lumpige, für
mich iſt's viel Geld! Und ich muß doch an meine
Zukunft denken! Und's is alles ſo theuer — und
ſauber möcht' ich doch auch geh'n.“ Und wie er vor
Schrecken gar keine Antwort fand, fuhr ſie in halb
ängſtlichem Ton fort: „Schau, Du ſprichſt vom Hei¬
rathen, — thuſt, als ob Du mich gern hätt'ſt, aber nach¬
her würd'ſt ſchauen, wenn ich nit emal etwas Weißzeug
mitbringen thät!“ Sie ſtreckte ſchmeichelnd den Arm
aus; als ſie aber ſah, daß er zurückſchrak, wurde ihre
Stimme hart und kalt.
„Oder vielleicht haſt nur ſo geſchwätzt vom Gern¬
haben, weil Du was von mir möcht'ſt?“ fragte ſie
ſpöttiſch. „O, Ihr Mannsbilder ſeid überein, alle
miteinander! Meinſt, ich kennt' Euch nit? Wie ich
ſieben Jahr g'weſen bin, hab' ich ſchon alles g'wißt,
— nichts ſucht Ihr bei uns, als Euer Vergnügen;
Ihr geht davon, wie die Katz' vom Taubenſchlag, und
für uns bleiben die Schmerzen und die Schande.“
„Du haſcht Urkundefälſchung b'gange, weißt,
was des heißt? des heißt“ — Michel brach ab und
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Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/193>, abgerufen am 16.02.2025.
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