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Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.

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die entscheidenden Stiche geschahen, da lag Alfreds
Hand fest in der warmen treuen Hand Mariannens,
und wie ein elektrischer Schlag sprang jede Bewegung
von dem seinen in ihren Körper hinüber. Auf ein¬
mal flog es wie ein Blitzstrahl durch ihn hin:

"Licht! Tag! Ich sehe!"

"Schön so! recht so!" rief der Arzt, selber in
lebhafter Bewegung und verdeckte das operirte Auge,
"nun das Andere."

Und abermals schrie er nach standhaft ertragenen
Schmerzen: "Marianne! Marianne! ich kann sehen!
Das Fenster, den Sonnenstrahl, warum nicht Dich?"

Der Arzt hielt ihn fest. "Keine Bewegung zur
Seite, es ist gewonnen, danken Sie Gott und --
dieser Dame!"

"Und Ihnen!" rief er feurig.

Hochaufschluchzend ließ Marianne seine Hand
fahren, um sie gleich wieder zu ergreifen und an ihre
nassen Augen zu drücken. Zum ersten Mal versagte
ihr die Stimme, die im großen Leid so klar und fest
geblieben war.

"Ach, warum schon wieder verdecken?" klagte der
Kranke, "muß es denn sein?"

"Geduld, in einigen Tagen! Es ist ja Alles
gut. Aber still müssen Sie sich halten, kein Glied
rühren heute, Sie wissen ja, wir haben das zuvor
besprochen." --

die entſcheidenden Stiche geſchahen, da lag Alfreds
Hand feſt in der warmen treuen Hand Mariannens,
und wie ein elektriſcher Schlag ſprang jede Bewegung
von dem ſeinen in ihren Körper hinüber. Auf ein¬
mal flog es wie ein Blitzſtrahl durch ihn hin:

„Licht! Tag! Ich ſehe!“

„Schön ſo! recht ſo!“ rief der Arzt, ſelber in
lebhafter Bewegung und verdeckte das operirte Auge,
„nun das Andere.“

Und abermals ſchrie er nach ſtandhaft ertragenen
Schmerzen: „Marianne! Marianne! ich kann ſehen!
Das Fenſter, den Sonnenſtrahl, warum nicht Dich?“

Der Arzt hielt ihn feſt. „Keine Bewegung zur
Seite, es iſt gewonnen, danken Sie Gott und —
dieſer Dame!“

„Und Ihnen!“ rief er feurig.

Hochaufſchluchzend ließ Marianne ſeine Hand
fahren, um ſie gleich wieder zu ergreifen und an ihre
naſſen Augen zu drücken. Zum erſten Mal verſagte
ihr die Stimme, die im großen Leid ſo klar und feſt
geblieben war.

„Ach, warum ſchon wieder verdecken?“ klagte der
Kranke, „muß es denn ſein?“

„Geduld, in einigen Tagen! Es iſt ja Alles
gut. Aber ſtill müſſen Sie ſich halten, kein Glied
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[128/0144] die entſcheidenden Stiche geſchahen, da lag Alfreds Hand feſt in der warmen treuen Hand Mariannens, und wie ein elektriſcher Schlag ſprang jede Bewegung von dem ſeinen in ihren Körper hinüber. Auf ein¬ mal flog es wie ein Blitzſtrahl durch ihn hin: „Licht! Tag! Ich ſehe!“ „Schön ſo! recht ſo!“ rief der Arzt, ſelber in lebhafter Bewegung und verdeckte das operirte Auge, „nun das Andere.“ Und abermals ſchrie er nach ſtandhaft ertragenen Schmerzen: „Marianne! Marianne! ich kann ſehen! Das Fenſter, den Sonnenſtrahl, warum nicht Dich?“ Der Arzt hielt ihn feſt. „Keine Bewegung zur Seite, es iſt gewonnen, danken Sie Gott und — dieſer Dame!“ „Und Ihnen!“ rief er feurig. Hochaufſchluchzend ließ Marianne ſeine Hand fahren, um ſie gleich wieder zu ergreifen und an ihre naſſen Augen zu drücken. Zum erſten Mal verſagte ihr die Stimme, die im großen Leid ſo klar und feſt geblieben war. „Ach, warum ſchon wieder verdecken?“ klagte der Kranke, „muß es denn ſein?“ „Geduld, in einigen Tagen! Es iſt ja Alles gut. Aber ſtill müſſen Sie ſich halten, kein Glied rühren heute, Sie wiſſen ja, wir haben das zuvor beſprochen.“ —

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Zitationshilfe: Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/144>, abgerufen am 25.11.2024.