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Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.

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man schon Abschied genommen, hörte sie, wie Loni
mit ihrer unbekümmerten Lebhaftigkeit sagte:

"Weißt, Maxl, ich mein', sie sei garnicht so
wüst, wie Du's gemacht hast! Ich war auf ein
noch weit ärgeres Meerwunder gefaßt. Und dazu,
wenn der Alfred blind ist, wär's fast schad' um 'ne
Schöne, gelt?"

Das Rauschen in den Bäumen übertönte die
Antwort. --

In Mariannens Zimmer brannte das Licht die
halbe Nacht durch, und der Wächter sah sie ruhelos
auf und ab wandern und hörte, daß da drinnen laut
aufgeschluchzt ward. Neugierig trat er an das helle
Fenster, -- da erlosch das Licht, aber immer, wenn
er wieder vorbei kam, scholl es wie unterdrücktes
Weinen.

Die Zeit verging doch, so lang sie ward. Man
kehrte nach München zurück, zurück sogar in das alte
Quartier zur Wittwe Huber, deren Zimmer über
Sommer wenig Annehmlichkeit boten und mithin auch
wenig Liebhaber fanden.

Emerenz, noch dünner und brauner, aber behend
und langzopfig wie sonst, lief ihnen mit einem
Freudenschrei entgegen und machte fast Anstalt, ihren
Bruder Leo zu umarmen, ward aber noch rechtzeitig
durch die unnahbare Miene des Burschen und seine
auf dem Rücken gefaltenen Hände an den Schicklichkeits¬

man ſchon Abſchied genommen, hörte ſie, wie Loni
mit ihrer unbekümmerten Lebhaftigkeit ſagte:

„Weißt, Maxl, ich mein', ſie ſei garnicht ſo
wüſt, wie Du's gemacht haſt! Ich war auf ein
noch weit ärgeres Meerwunder gefaßt. Und dazu,
wenn der Alfred blind iſt, wär's faſt ſchad' um 'ne
Schöne, gelt?“

Das Rauſchen in den Bäumen übertönte die
Antwort. —

In Mariannens Zimmer brannte das Licht die
halbe Nacht durch, und der Wächter ſah ſie ruhelos
auf und ab wandern und hörte, daß da drinnen laut
aufgeſchluchzt ward. Neugierig trat er an das helle
Fenſter, — da erloſch das Licht, aber immer, wenn
er wieder vorbei kam, ſcholl es wie unterdrücktes
Weinen.

Die Zeit verging doch, ſo lang ſie ward. Man
kehrte nach München zurück, zurück ſogar in das alte
Quartier zur Wittwe Huber, deren Zimmer über
Sommer wenig Annehmlichkeit boten und mithin auch
wenig Liebhaber fanden.

Emerenz, noch dünner und brauner, aber behend
und langzopfig wie ſonſt, lief ihnen mit einem
Freudenſchrei entgegen und machte faſt Anſtalt, ihren
Bruder Leo zu umarmen, ward aber noch rechtzeitig
durch die unnahbare Miene des Burſchen und ſeine
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[125/0141] man ſchon Abſchied genommen, hörte ſie, wie Loni mit ihrer unbekümmerten Lebhaftigkeit ſagte: „Weißt, Maxl, ich mein', ſie ſei garnicht ſo wüſt, wie Du's gemacht haſt! Ich war auf ein noch weit ärgeres Meerwunder gefaßt. Und dazu, wenn der Alfred blind iſt, wär's faſt ſchad' um 'ne Schöne, gelt?“ Das Rauſchen in den Bäumen übertönte die Antwort. — In Mariannens Zimmer brannte das Licht die halbe Nacht durch, und der Wächter ſah ſie ruhelos auf und ab wandern und hörte, daß da drinnen laut aufgeſchluchzt ward. Neugierig trat er an das helle Fenſter, — da erloſch das Licht, aber immer, wenn er wieder vorbei kam, ſcholl es wie unterdrücktes Weinen. Die Zeit verging doch, ſo lang ſie ward. Man kehrte nach München zurück, zurück ſogar in das alte Quartier zur Wittwe Huber, deren Zimmer über Sommer wenig Annehmlichkeit boten und mithin auch wenig Liebhaber fanden. Emerenz, noch dünner und brauner, aber behend und langzopfig wie ſonſt, lief ihnen mit einem Freudenſchrei entgegen und machte faſt Anſtalt, ihren Bruder Leo zu umarmen, ward aber noch rechtzeitig durch die unnahbare Miene des Burſchen und ſeine auf dem Rücken gefaltenen Hände an den Schicklichkeits¬

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Zitationshilfe: Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/141>, abgerufen am 22.11.2024.