ßen. Nun weilt der Beschauer sinnend vor der schlich¬ ten Gestalt, welche der Künstler gut gemalt, aber besser noch aufgefaßt hat.
Wir haben eine lange Reihe hinter uns. Zu Anfang die nach Natur und Kunst ziemlich grobschläch¬ tigen ritterlichen Damen und Herren in Schaube und Barett, in Koller und Panzerhemd. Dann, zahlreich vertreten, der Cavalier und sein Gespons, in Locken¬ perrücke und Zopf, uniformirt und besternt, Puder, Toupet und Schönpflästerchen, tanzmeisterliche Haltung und Höflingspas. Endlich die kleine Figur der Gräfin mit dem scharfen Vogelprofil, ein neunperliges Krön¬ chen in der hochgethürmten Frisur, wie sie vor den Ruinen der alten Burg den Bauplan des neuen Schlosses in der beringten Hand entrollt.
Die Spanne eines Jahrhunderts liegt zwischen diesem Bilde und dem, welches die Reihe schließt. Und welches Jahrhunderts! Mit Siebenmeilenstiefeln rennt die gewaltigste Umwälzung, welche die Weltge¬ schichte kennt, an unserem Geiste vorüber. Der Fuß thut einen Schritt, -- und wir stehen vor der Gestalt Fräulein Hardinens.
Alle Frauen der Galerie und selber die Mehrzahl ihrer männlichen Vorgänger überragend, ist sie in
ßen. Nun weilt der Beſchauer ſinnend vor der ſchlich¬ ten Geſtalt, welche der Künſtler gut gemalt, aber beſſer noch aufgefaßt hat.
Wir haben eine lange Reihe hinter uns. Zu Anfang die nach Natur und Kunſt ziemlich grobſchläch¬ tigen ritterlichen Damen und Herren in Schaube und Barett, in Koller und Panzerhemd. Dann, zahlreich vertreten, der Cavalier und ſein Geſpons, in Locken¬ perrücke und Zopf, uniformirt und beſternt, Puder, Toupet und Schönpfläſterchen, tanzmeiſterliche Haltung und Höflingspas. Endlich die kleine Figur der Gräfin mit dem ſcharfen Vogelprofil, ein neunperliges Krön¬ chen in der hochgethürmten Friſur, wie ſie vor den Ruinen der alten Burg den Bauplan des neuen Schloſſes in der beringten Hand entrollt.
Die Spanne eines Jahrhunderts liegt zwiſchen dieſem Bilde und dem, welches die Reihe ſchließt. Und welches Jahrhunderts! Mit Siebenmeilenſtiefeln rennt die gewaltigſte Umwälzung, welche die Weltge¬ ſchichte kennt, an unſerem Geiſte vorüber. Der Fuß thut einen Schritt, — und wir ſtehen vor der Geſtalt Fräulein Hardinens.
Alle Frauen der Galerie und ſelber die Mehrzahl ihrer männlichen Vorgänger überragend, iſt ſie in
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ßen. Nun weilt der Beſchauer ſinnend vor der ſchlich¬
ten Geſtalt, welche der Künſtler gut gemalt, aber beſſer
noch aufgefaßt hat.
Wir haben eine lange Reihe hinter uns. Zu
Anfang die nach Natur und Kunſt ziemlich grobſchläch¬
tigen ritterlichen Damen und Herren in Schaube und
Barett, in Koller und Panzerhemd. Dann, zahlreich
vertreten, der Cavalier und ſein Geſpons, in Locken¬
perrücke und Zopf, uniformirt und beſternt, Puder,
Toupet und Schönpfläſterchen, tanzmeiſterliche Haltung
und Höflingspas. Endlich die kleine Figur der Gräfin
mit dem ſcharfen Vogelprofil, ein neunperliges Krön¬
chen in der hochgethürmten Friſur, wie ſie vor den
Ruinen der alten Burg den Bauplan des neuen
Schloſſes in der beringten Hand entrollt.
Die Spanne eines Jahrhunderts liegt zwiſchen
dieſem Bilde und dem, welches die Reihe ſchließt.
Und welches Jahrhunderts! Mit Siebenmeilenſtiefeln
rennt die gewaltigſte Umwälzung, welche die Weltge¬
ſchichte kennt, an unſerem Geiſte vorüber. Der Fuß
thut einen Schritt, — und wir ſtehen vor der Geſtalt
Fräulein Hardinens.
Alle Frauen der Galerie und ſelber die Mehrzahl
ihrer männlichen Vorgänger überragend, iſt ſie in
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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871/244>, abgerufen am 16.02.2025.
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