Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871.

Bild:
<< vorherige Seite

lallte er, "Faber!" Er tastete nach meiner Hand und
drückte sie mit letzter Kraft an seine Brust: Ein eisiger
Schauder überrieselte ihn, der Todesschweiß tropfte von
seiner Stirn. "Barmherzigkeit, Faber, Barmherzigkeit!"
hauchte er noch und sank in meine Arme -- entseelt.

"Wie eigen war mir zu Muthe, als ich die Uni¬
form meines alten Regimentes löste, und in Erinnerung
der Heimath doppelt begierig hätte helfen mögen, wo
doch alle Hülfe vergeblich war. Der Prinz war nicht
verwundet, wie wir angenommen hatten, nur von der
Kugel gestreift, und ein Blutgefäß des Herzens durch
die Erschütterung, oder den ungestümen Ritt, oder den
Sturz vom Pferde lädirt. Niemals sah ich einen voll¬
kommneren männlichen Körper. Auf seinem Herzen
fand ich ein Band, gehüllt in ein Blatt, das unter
wohlbekannten Zügen einen verehrten Namen trug.
Ich gestatte mir keinerlei Deutung. Aber mit Aller¬
höchster Genehmigung lege ich diese Reliquie, vielleicht
als ein trostreiches Andenken, in der Freundin Hand,
das einzige Angebinde, das ich Ihnen heute zu bieten
habe, theure Dorothee."

Und nun wickelte sich wieder das blaue Haar¬
band vom Frühlingsfeste um meine Finger und ich be¬
trachtete das Blatt, welches nichts als den Namen

lallte er, „Faber!“ Er taſtete nach meiner Hand und
drückte ſie mit letzter Kraft an ſeine Bruſt: Ein eiſiger
Schauder überrieſelte ihn, der Todesſchweiß tropfte von
ſeiner Stirn. „Barmherzigkeit, Faber, Barmherzigkeit!“
hauchte er noch und ſank in meine Arme — entſeelt.

„Wie eigen war mir zu Muthe, als ich die Uni¬
form meines alten Regimentes löſte, und in Erinnerung
der Heimath doppelt begierig hätte helfen mögen, wo
doch alle Hülfe vergeblich war. Der Prinz war nicht
verwundet, wie wir angenommen hatten, nur von der
Kugel geſtreift, und ein Blutgefäß des Herzens durch
die Erſchütterung, oder den ungeſtümen Ritt, oder den
Sturz vom Pferde lädirt. Niemals ſah ich einen voll¬
kommneren männlichen Körper. Auf ſeinem Herzen
fand ich ein Band, gehüllt in ein Blatt, das unter
wohlbekannten Zügen einen verehrten Namen trug.
Ich geſtatte mir keinerlei Deutung. Aber mit Aller¬
höchſter Genehmigung lege ich dieſe Reliquie, vielleicht
als ein troſtreiches Andenken, in der Freundin Hand,
das einzige Angebinde, das ich Ihnen heute zu bieten
habe, theure Dorothee.“

Und nun wickelte ſich wieder das blaue Haar¬
band vom Frühlingsfeſte um meine Finger und ich be¬
trachtete das Blatt, welches nichts als den Namen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0022" n="18"/>
lallte er, &#x201E;Faber!&#x201C; Er ta&#x017F;tete nach meiner Hand und<lb/>
drückte &#x017F;ie mit letzter Kraft an &#x017F;eine Bru&#x017F;t: Ein ei&#x017F;iger<lb/>
Schauder überrie&#x017F;elte ihn, der Todes&#x017F;chweiß tropfte von<lb/>
&#x017F;einer Stirn. &#x201E;Barmherzigkeit, Faber, Barmherzigkeit!&#x201C;<lb/>
hauchte er noch und &#x017F;ank in meine Arme &#x2014; ent&#x017F;eelt.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wie eigen war mir zu Muthe, als ich die Uni¬<lb/>
form meines alten Regimentes lö&#x017F;te, und in Erinnerung<lb/>
der Heimath doppelt begierig hätte helfen mögen, wo<lb/>
doch alle Hülfe vergeblich war. Der Prinz war nicht<lb/>
verwundet, wie wir angenommen hatten, nur von der<lb/>
Kugel ge&#x017F;treift, und ein Blutgefäß des Herzens durch<lb/>
die Er&#x017F;chütterung, oder den unge&#x017F;tümen Ritt, oder den<lb/>
Sturz vom Pferde lädirt. Niemals &#x017F;ah ich einen voll¬<lb/>
kommneren männlichen Körper. Auf &#x017F;einem Herzen<lb/>
fand ich ein Band, gehüllt in ein Blatt, das unter<lb/>
wohlbekannten Zügen einen verehrten Namen trug.<lb/>
Ich ge&#x017F;tatte mir keinerlei Deutung. Aber mit Aller¬<lb/>
höch&#x017F;ter Genehmigung lege ich die&#x017F;e Reliquie, vielleicht<lb/>
als ein tro&#x017F;treiches Andenken, in der Freundin Hand,<lb/>
das einzige Angebinde, das ich Ihnen heute zu bieten<lb/>
habe, theure Dorothee.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Und nun wickelte &#x017F;ich wieder das blaue Haar¬<lb/>
band vom Frühlingsfe&#x017F;te um meine Finger und ich be¬<lb/>
trachtete das Blatt, welches nichts als den Namen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[18/0022] lallte er, „Faber!“ Er taſtete nach meiner Hand und drückte ſie mit letzter Kraft an ſeine Bruſt: Ein eiſiger Schauder überrieſelte ihn, der Todesſchweiß tropfte von ſeiner Stirn. „Barmherzigkeit, Faber, Barmherzigkeit!“ hauchte er noch und ſank in meine Arme — entſeelt. „Wie eigen war mir zu Muthe, als ich die Uni¬ form meines alten Regimentes löſte, und in Erinnerung der Heimath doppelt begierig hätte helfen mögen, wo doch alle Hülfe vergeblich war. Der Prinz war nicht verwundet, wie wir angenommen hatten, nur von der Kugel geſtreift, und ein Blutgefäß des Herzens durch die Erſchütterung, oder den ungeſtümen Ritt, oder den Sturz vom Pferde lädirt. Niemals ſah ich einen voll¬ kommneren männlichen Körper. Auf ſeinem Herzen fand ich ein Band, gehüllt in ein Blatt, das unter wohlbekannten Zügen einen verehrten Namen trug. Ich geſtatte mir keinerlei Deutung. Aber mit Aller¬ höchſter Genehmigung lege ich dieſe Reliquie, vielleicht als ein troſtreiches Andenken, in der Freundin Hand, das einzige Angebinde, das ich Ihnen heute zu bieten habe, theure Dorothee.“ Und nun wickelte ſich wieder das blaue Haar¬ band vom Frühlingsfeſte um meine Finger und ich be¬ trachtete das Blatt, welches nichts als den Namen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871/22
Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871/22>, abgerufen am 18.12.2024.