Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871.

Bild:
<< vorherige Seite

Röcklein" deiner Reckenburger Flur. So ein Röcklein
aber ist kleidsam auch ohne Venusgürtel. Fehlte es
dir an Freiern, oder spieltest du die Amazone?

Keines von Beiden, meine jungen Querulanten.
Fräulein Ehrenhardine war sattsam ernüchtert, um
auch sonder Sehnsucht und Neigung, eine verständige,
anständige Heirath für ein besseres Correctiv ihres
Siechthums zu halten als selber den Heimfall ihrer
Reckenburg. Was aber die Schaar ihrer Freiwerber
anbelangt, oho! eine väterliche Schwadron hätte sie
mit ihren Cavalieren füllen können. Alt und jung,
bekannt und unbekannt, von fern und nah meldeten
sie sich, durchdrungen von den Reizen und Tugenden
der letzten Reckenburgerin. Sobald diese Letzte aber,
wahrheitsgemäß, die Reize und Tugenden als das
einzige verbriefte Kunkellehn der Reckenburgs in Er¬
wägung stellte, da sah sie jenen Zustand der Latenz
sich plötzlich auch über die flott avancirte Ritterschaft
verbreiten. Männiglich dämpfte sich die Leidenschaft
zu einem rhytmischen Tempo gleich dem der Menuet
in der choreographischen Schule Eberhards von Recken¬
burg: Cavaliers a droite, a gauche, en arriere!
nicht einen ganzen Pas, kaum einen halben und
jederzeit mit tiefer Reverenz und graziösem Portebras,

Röcklein“ deiner Reckenburger Flur. So ein Röcklein
aber iſt kleidſam auch ohne Venusgürtel. Fehlte es
dir an Freiern, oder ſpielteſt du die Amazone?

Keines von Beiden, meine jungen Querulanten.
Fräulein Ehrenhardine war ſattſam ernüchtert, um
auch ſonder Sehnſucht und Neigung, eine verſtändige,
anſtändige Heirath für ein beſſeres Correctiv ihres
Siechthums zu halten als ſelber den Heimfall ihrer
Reckenburg. Was aber die Schaar ihrer Freiwerber
anbelangt, oho! eine väterliche Schwadron hätte ſie
mit ihren Cavalieren füllen können. Alt und jung,
bekannt und unbekannt, von fern und nah meldeten
ſie ſich, durchdrungen von den Reizen und Tugenden
der letzten Reckenburgerin. Sobald dieſe Letzte aber,
wahrheitsgemäß, die Reize und Tugenden als das
einzige verbriefte Kunkellehn der Reckenburgs in Er¬
wägung ſtellte, da ſah ſie jenen Zuſtand der Latenz
ſich plötzlich auch über die flott avancirte Ritterſchaft
verbreiten. Männiglich dämpfte ſich die Leidenſchaft
zu einem rhytmiſchen Tempo gleich dem der Menuet
in der choreographiſchen Schule Eberhards von Recken¬
burg: Cavaliers à droite, à gauche, en arrière!
nicht einen ganzen Pas, kaum einen halben und
jederzeit mit tiefer Reverenz und graziöſem Portebras,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0118" n="114"/>
Röcklein&#x201C; deiner Reckenburger Flur. So ein Röcklein<lb/>
aber i&#x017F;t kleid&#x017F;am auch ohne Venusgürtel. Fehlte es<lb/>
dir an Freiern, oder &#x017F;pielte&#x017F;t du die Amazone?</p><lb/>
        <p>Keines von Beiden, meine jungen Querulanten.<lb/>
Fräulein Ehrenhardine war &#x017F;att&#x017F;am ernüchtert, um<lb/>
auch &#x017F;onder Sehn&#x017F;ucht und Neigung, eine ver&#x017F;tändige,<lb/>
an&#x017F;tändige Heirath für ein be&#x017F;&#x017F;eres Correctiv ihres<lb/>
Siechthums zu halten als &#x017F;elber den Heimfall ihrer<lb/>
Reckenburg. Was aber die Schaar ihrer Freiwerber<lb/>
anbelangt, oho! eine väterliche Schwadron hätte &#x017F;ie<lb/>
mit ihren Cavalieren füllen können. Alt und jung,<lb/>
bekannt und unbekannt, von fern und nah meldeten<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich, durchdrungen von den Reizen und Tugenden<lb/>
der letzten Reckenburgerin. Sobald die&#x017F;e Letzte aber,<lb/>
wahrheitsgemäß, die Reize und Tugenden als das<lb/>
einzige verbriefte Kunkellehn der Reckenburgs in Er¬<lb/>
wägung &#x017F;tellte, da &#x017F;ah &#x017F;ie jenen Zu&#x017F;tand der Latenz<lb/>
&#x017F;ich plötzlich auch über die flott avancirte Ritter&#x017F;chaft<lb/>
verbreiten. Männiglich dämpfte &#x017F;ich die Leiden&#x017F;chaft<lb/>
zu einem rhytmi&#x017F;chen Tempo gleich dem der Menuet<lb/>
in der choreographi&#x017F;chen Schule Eberhards von Recken¬<lb/>
burg: <hi rendition="#aq">Cavaliers à droite, à gauche, en arrière!</hi><lb/>
nicht einen <hi rendition="#g">ganzen</hi> Pas, kaum einen <hi rendition="#g">halben</hi> und<lb/>
jederzeit mit tiefer Reverenz und graziö&#x017F;em Portebras,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[114/0118] Röcklein“ deiner Reckenburger Flur. So ein Röcklein aber iſt kleidſam auch ohne Venusgürtel. Fehlte es dir an Freiern, oder ſpielteſt du die Amazone? Keines von Beiden, meine jungen Querulanten. Fräulein Ehrenhardine war ſattſam ernüchtert, um auch ſonder Sehnſucht und Neigung, eine verſtändige, anſtändige Heirath für ein beſſeres Correctiv ihres Siechthums zu halten als ſelber den Heimfall ihrer Reckenburg. Was aber die Schaar ihrer Freiwerber anbelangt, oho! eine väterliche Schwadron hätte ſie mit ihren Cavalieren füllen können. Alt und jung, bekannt und unbekannt, von fern und nah meldeten ſie ſich, durchdrungen von den Reizen und Tugenden der letzten Reckenburgerin. Sobald dieſe Letzte aber, wahrheitsgemäß, die Reize und Tugenden als das einzige verbriefte Kunkellehn der Reckenburgs in Er¬ wägung ſtellte, da ſah ſie jenen Zuſtand der Latenz ſich plötzlich auch über die flott avancirte Ritterſchaft verbreiten. Männiglich dämpfte ſich die Leidenſchaft zu einem rhytmiſchen Tempo gleich dem der Menuet in der choreographiſchen Schule Eberhards von Recken¬ burg: Cavaliers à droite, à gauche, en arrière! nicht einen ganzen Pas, kaum einen halben und jederzeit mit tiefer Reverenz und graziöſem Portebras,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871/118
Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871/118>, abgerufen am 19.04.2024.