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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.

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kehrt, und sieh, diese hier ist seine Tochter, die Dir
zur Erinnerung den Namen Hardine trägt!"

Aber leider in ihrem gegenwärtigen Aufzuge konn¬
ten die Erben der Reckenburg sich nicht im Kreise
ihrer künftigen Standesgenossen präsentiren. Man
mußte ein Wirthshaus suchen und die abendliche Ein¬
samkeit erwarten.

So nahm denn unser Freund die Kleine, die
ihm ermattet nachgeschlichen kam, wieder an die Hand
und schritt forschend die breite, lange Dorfstraße ent¬
lang. Aber seltsam! wie die Gehöfte ihm hüben und
drüben entgegentraten, alle neu, schweigsam, sauber
und so nüchtern solide, da däuchte ihm, als ob aus
jeglichem Fenster die Augen der gestrengen Hardine
auf ihn herniederschauten, so wie sie einst den un¬
bändigen Waisenknaben angeblickt; es summte wieder
wie "Wildling!" vor seinem Ohr und er fuhr mit
der Hand nach seiner glühenden Backe, wie damals
als er ihren züchtigenden Streich auf derselben gefühlt
hatte. Ihn überkam eine Anwandlung zweifelnder
Schwäche; ohne eine herzstärkende Labe hätte er jetzt
nicht vor der handfesten Dame erscheinen mögen. Und
hinwiederum seltsam! in dem langgereihten Dorfe
schien nirgends eine Stätte für solche Labe aufzufin¬

kehrt, und ſieh, dieſe hier iſt ſeine Tochter, die Dir
zur Erinnerung den Namen Hardine trägt!“

Aber leider in ihrem gegenwärtigen Aufzuge konn¬
ten die Erben der Reckenburg ſich nicht im Kreiſe
ihrer künftigen Standesgenoſſen präſentiren. Man
mußte ein Wirthshaus ſuchen und die abendliche Ein¬
ſamkeit erwarten.

So nahm denn unſer Freund die Kleine, die
ihm ermattet nachgeſchlichen kam, wieder an die Hand
und ſchritt forſchend die breite, lange Dorfſtraße ent¬
lang. Aber ſeltſam! wie die Gehöfte ihm hüben und
drüben entgegentraten, alle neu, ſchweigſam, ſauber
und ſo nüchtern ſolide, da däuchte ihm, als ob aus
jeglichem Fenſter die Augen der geſtrengen Hardine
auf ihn herniederſchauten, ſo wie ſie einſt den un¬
bändigen Waiſenknaben angeblickt; es ſummte wieder
wie „Wildling!“ vor ſeinem Ohr und er fuhr mit
der Hand nach ſeiner glühenden Backe, wie damals
als er ihren züchtigenden Streich auf derſelben gefühlt
hatte. Ihn überkam eine Anwandlung zweifelnder
Schwäche; ohne eine herzſtärkende Labe hätte er jetzt
nicht vor der handfeſten Dame erſcheinen mögen. Und
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[66/0073] kehrt, und ſieh, dieſe hier iſt ſeine Tochter, die Dir zur Erinnerung den Namen Hardine trägt!“ Aber leider in ihrem gegenwärtigen Aufzuge konn¬ ten die Erben der Reckenburg ſich nicht im Kreiſe ihrer künftigen Standesgenoſſen präſentiren. Man mußte ein Wirthshaus ſuchen und die abendliche Ein¬ ſamkeit erwarten. So nahm denn unſer Freund die Kleine, die ihm ermattet nachgeſchlichen kam, wieder an die Hand und ſchritt forſchend die breite, lange Dorfſtraße ent¬ lang. Aber ſeltſam! wie die Gehöfte ihm hüben und drüben entgegentraten, alle neu, ſchweigſam, ſauber und ſo nüchtern ſolide, da däuchte ihm, als ob aus jeglichem Fenſter die Augen der geſtrengen Hardine auf ihn herniederſchauten, ſo wie ſie einſt den un¬ bändigen Waiſenknaben angeblickt; es ſummte wieder wie „Wildling!“ vor ſeinem Ohr und er fuhr mit der Hand nach ſeiner glühenden Backe, wie damals als er ihren züchtigenden Streich auf derſelben gefühlt hatte. Ihn überkam eine Anwandlung zweifelnder Schwäche; ohne eine herzſtärkende Labe hätte er jetzt nicht vor der handfeſten Dame erſcheinen mögen. Und hinwiederum ſeltſam! in dem langgereihten Dorfe ſchien nirgends eine Stätte für ſolche Labe aufzufin¬

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/73>, abgerufen am 25.11.2024.