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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.

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vor der Leiche des Majors, zu welcher der Probst
mich unverweilt führte. Es war der erste Todte, den
ich zu sehen kriegte und ich kann Dir gar nicht be¬
schreiben, Lisette, wie er mir gefiel. So hatte mir
noch nie ein Lebender gefallen. Er ruhte wie im
Schlafe, die Rechte ingrimmig geballt; sie mochten
ihr den Säbel, der neben der hohen Ungarnmütze an
seiner Seite lag, mit Gewalt entrissen haben. Und
dann das Ordensband, der blaue Husarenpelz mit
silbernen Schnüren und dem kleinen Brandmal, durch
welches die Kugel in das Herz gedrungen war. Ich
betastete Stück für Stück. Ich konnte mich nicht satt
sehen, bohrte mit dem Finger nach der Wunde, ob
die Kugel zu spüren sei; ich drückte eine kalte Hand
nach der anderen und würde nicht von der Stelle ge¬
wichen sein, wenn mich der Probst nicht mit Gewalt
in die Stube zurückgezogen hätte.

"Dort hielt er mir nun eine feierliche Rede, von
der ich aber nichts weiter gehört oder gemerkt habe,
als daß er den Mann selig pries, der als ein Held
für das Vaterland gestorben sei. -- Ich will auch
für das Vaterland sterben! -- platzte ich heraus und
bei den Worten trat Fräulein Hardine, die ohne daß
ich's gemerkt, am Fenster Platz genommen hatte, rasch

vor der Leiche des Majors, zu welcher der Probſt
mich unverweilt führte. Es war der erſte Todte, den
ich zu ſehen kriegte und ich kann Dir gar nicht be¬
ſchreiben, Liſette, wie er mir gefiel. So hatte mir
noch nie ein Lebender gefallen. Er ruhte wie im
Schlafe, die Rechte ingrimmig geballt; ſie mochten
ihr den Säbel, der neben der hohen Ungarnmütze an
ſeiner Seite lag, mit Gewalt entriſſen haben. Und
dann das Ordensband, der blaue Huſarenpelz mit
ſilbernen Schnüren und dem kleinen Brandmal, durch
welches die Kugel in das Herz gedrungen war. Ich
betaſtete Stück für Stück. Ich konnte mich nicht ſatt
ſehen, bohrte mit dem Finger nach der Wunde, ob
die Kugel zu ſpüren ſei; ich drückte eine kalte Hand
nach der anderen und würde nicht von der Stelle ge¬
wichen ſein, wenn mich der Probſt nicht mit Gewalt
in die Stube zurückgezogen hätte.

„Dort hielt er mir nun eine feierliche Rede, von
der ich aber nichts weiter gehört oder gemerkt habe,
als daß er den Mann ſelig pries, der als ein Held
für das Vaterland geſtorben ſei. — Ich will auch
für das Vaterland ſterben! — platzte ich heraus und
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[20/0027] vor der Leiche des Majors, zu welcher der Probſt mich unverweilt führte. Es war der erſte Todte, den ich zu ſehen kriegte und ich kann Dir gar nicht be¬ ſchreiben, Liſette, wie er mir gefiel. So hatte mir noch nie ein Lebender gefallen. Er ruhte wie im Schlafe, die Rechte ingrimmig geballt; ſie mochten ihr den Säbel, der neben der hohen Ungarnmütze an ſeiner Seite lag, mit Gewalt entriſſen haben. Und dann das Ordensband, der blaue Huſarenpelz mit ſilbernen Schnüren und dem kleinen Brandmal, durch welches die Kugel in das Herz gedrungen war. Ich betaſtete Stück für Stück. Ich konnte mich nicht ſatt ſehen, bohrte mit dem Finger nach der Wunde, ob die Kugel zu ſpüren ſei; ich drückte eine kalte Hand nach der anderen und würde nicht von der Stelle ge¬ wichen ſein, wenn mich der Probſt nicht mit Gewalt in die Stube zurückgezogen hätte. „Dort hielt er mir nun eine feierliche Rede, von der ich aber nichts weiter gehört oder gemerkt habe, als daß er den Mann ſelig pries, der als ein Held für das Vaterland geſtorben ſei. — Ich will auch für das Vaterland ſterben! — platzte ich heraus und bei den Worten trat Fräulein Hardine, die ohne daß ich's gemerkt, am Fenſter Platz genommen hatte, raſch

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/27>, abgerufen am 25.11.2024.