Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.

Bild:
<< vorherige Seite

Kreis sein Fähnlein aufgeboten? Oh! nur die Sub¬
sidien Ihrer Reckenburg, Gnädigste," setzte er mit
einem schelmischen Augenblinzeln hinzu, "nur die Sub¬
sidien Ihrer Reckenburg und ich lege den ersten Lor¬
beerkranz zu Ihren Füßen, den ich wie mein braver
Vetter von Weimar als preußischer Soldat errungen
haben werde."

Der Tanz ging während dieser Tirade zu Ende
und ich erhob mich, um mich vor den ärgerlichen
Blicken der Gesellschaft unter die Flügel meiner Mut¬
ter zurückzuziehen. Der Prinz folgte mir. Das erste
Menuet wurde eben angestimmt.

"Sie scheinen eine Virtuosin in der Kunst, sich
mit Anstand zu ennuyiren," sagte er, "wollen Sie
mir Stümper in derselben noch diesen Tanz hindurch
als guter Kamerad zur Seite stehen?"

Freilich wäre ich lieber im Rundtanz als flotte
Partnerin in seinen Armen durch den Saal gewirbelt,
aber auch nur, als guter Kamerad eine Viertelstunde
länger ihm vis-a-vis, dünkte mich eine Herzenslust.
Als wir, nach vollbrachter Tour am Ende der Co¬
lonne anlangten, seufzte mein Chapeau so herzbeweg¬
lich, daß ich die Ungalanterie mit einem Lächeln zu
beantworten vermochte. Auch er lachte. "Diese feier¬

Kreis ſein Fähnlein aufgeboten? Oh! nur die Sub¬
ſidien Ihrer Reckenburg, Gnädigſte,“ ſetzte er mit
einem ſchelmiſchen Augenblinzeln hinzu, „nur die Sub¬
ſidien Ihrer Reckenburg und ich lege den erſten Lor¬
beerkranz zu Ihren Füßen, den ich wie mein braver
Vetter von Weimar als preußiſcher Soldat errungen
haben werde.“

Der Tanz ging während dieſer Tirade zu Ende
und ich erhob mich, um mich vor den ärgerlichen
Blicken der Geſellſchaft unter die Flügel meiner Mut¬
ter zurückzuziehen. Der Prinz folgte mir. Das erſte
Menuet wurde eben angeſtimmt.

„Sie ſcheinen eine Virtuoſin in der Kunſt, ſich
mit Anſtand zu ennuyiren,“ ſagte er, „wollen Sie
mir Stümper in derſelben noch dieſen Tanz hindurch
als guter Kamerad zur Seite ſtehen?“

Freilich wäre ich lieber im Rundtanz als flotte
Partnerin in ſeinen Armen durch den Saal gewirbelt,
aber auch nur, als guter Kamerad eine Viertelſtunde
länger ihm vis-à-vis, dünkte mich eine Herzensluſt.
Als wir, nach vollbrachter Tour am Ende der Co¬
lonne anlangten, ſeufzte mein Chapeau ſo herzbeweg¬
lich, daß ich die Ungalanterie mit einem Lächeln zu
beantworten vermochte. Auch er lachte. „Dieſe feier¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0244" n="237"/>
Kreis &#x017F;ein Fähnlein aufgeboten? Oh! nur die Sub¬<lb/>
&#x017F;idien Ihrer Reckenburg, Gnädig&#x017F;te,&#x201C; &#x017F;etzte er mit<lb/>
einem &#x017F;chelmi&#x017F;chen Augenblinzeln hinzu, &#x201E;nur die Sub¬<lb/>
&#x017F;idien Ihrer Reckenburg und ich lege den er&#x017F;ten Lor¬<lb/>
beerkranz zu Ihren Füßen, den ich wie mein braver<lb/>
Vetter von Weimar als preußi&#x017F;cher Soldat errungen<lb/>
haben werde.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Der Tanz ging während die&#x017F;er Tirade zu Ende<lb/>
und ich erhob mich, um mich vor den ärgerlichen<lb/>
Blicken der Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft unter die Flügel meiner Mut¬<lb/>
ter zurückzuziehen. Der Prinz folgte mir. Das er&#x017F;te<lb/>
Menuet wurde eben ange&#x017F;timmt.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sie &#x017F;cheinen eine Virtuo&#x017F;in in der Kun&#x017F;t, &#x017F;ich<lb/>
mit An&#x017F;tand zu ennuyiren,&#x201C; &#x017F;agte er, &#x201E;wollen Sie<lb/>
mir Stümper in der&#x017F;elben noch die&#x017F;en Tanz hindurch<lb/>
als guter Kamerad zur Seite &#x017F;tehen?&#x201C;</p><lb/>
        <p>Freilich wäre ich lieber im Rundtanz als flotte<lb/>
Partnerin in &#x017F;einen Armen durch den Saal gewirbelt,<lb/>
aber auch nur, als guter Kamerad eine Viertel&#x017F;tunde<lb/>
länger ihm <hi rendition="#aq">vis-à-vis</hi>, dünkte mich eine Herzenslu&#x017F;t.<lb/>
Als wir, nach vollbrachter Tour am Ende der Co¬<lb/>
lonne anlangten, &#x017F;eufzte mein <hi rendition="#aq">Chapeau</hi> &#x017F;o herzbeweg¬<lb/>
lich, daß ich die Ungalanterie mit einem Lächeln zu<lb/>
beantworten vermochte. Auch er lachte. &#x201E;Die&#x017F;e feier¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[237/0244] Kreis ſein Fähnlein aufgeboten? Oh! nur die Sub¬ ſidien Ihrer Reckenburg, Gnädigſte,“ ſetzte er mit einem ſchelmiſchen Augenblinzeln hinzu, „nur die Sub¬ ſidien Ihrer Reckenburg und ich lege den erſten Lor¬ beerkranz zu Ihren Füßen, den ich wie mein braver Vetter von Weimar als preußiſcher Soldat errungen haben werde.“ Der Tanz ging während dieſer Tirade zu Ende und ich erhob mich, um mich vor den ärgerlichen Blicken der Geſellſchaft unter die Flügel meiner Mut¬ ter zurückzuziehen. Der Prinz folgte mir. Das erſte Menuet wurde eben angeſtimmt. „Sie ſcheinen eine Virtuoſin in der Kunſt, ſich mit Anſtand zu ennuyiren,“ ſagte er, „wollen Sie mir Stümper in derſelben noch dieſen Tanz hindurch als guter Kamerad zur Seite ſtehen?“ Freilich wäre ich lieber im Rundtanz als flotte Partnerin in ſeinen Armen durch den Saal gewirbelt, aber auch nur, als guter Kamerad eine Viertelſtunde länger ihm vis-à-vis, dünkte mich eine Herzensluſt. Als wir, nach vollbrachter Tour am Ende der Co¬ lonne anlangten, ſeufzte mein Chapeau ſo herzbeweg¬ lich, daß ich die Ungalanterie mit einem Lächeln zu beantworten vermochte. Auch er lachte. „Dieſe feier¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/244
Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/244>, abgerufen am 25.11.2024.