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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.

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"Ingenuite absolue!" glossirte denn auch die
Gräfin mit einer Lippenbewegung, die wohl ein
Lächeln bedeuten sollte. "L'accent passablement
pur
!" setzte sie darauf den Kopf neigend hinzu. "Die
Mutter als Fräulein viel in Dresden zu Hof. Ver¬
ständige Erziehung! -- Wir werden französisch mit
einander reden, Eberhardine!"

"Wie Sie befehlen, gnädige Gräfin."

"Du magst mich Tante nennen," sagte die Gräfin.

Während ich, zum Dank für diese Huld, ma tante
zum zweiten Male die Hand küßte, meldete der dienst¬
thuende Heiduck: "Madame la comtesse est servie!"

"Ein zweites Couvert für meine Nichte, Jacques!"
befahl die Gräfin.

Eberhard und Adelheid, o weise Erziehungsau¬
guren! Ohne den sauren Schweiß Deiner Tanzabende,
mein braver Vater, ohne Deine Sprachmühen, kluge
Mutter, würde die letzte Reckenburgerin Gott weiß in
welchem Winkel des Stammsitzes ihrer Ahnen eine
Abspeisung gefunden haben und wie höchlich durfte sie
nun mit ihrem Entree zufrieden sein!

So folgte ich denn um die Stunde, wo wir da¬
heim unser Vesper zu verzehren pflegten, meiner neuen
Tante zum Souper in den Speisesaal. Seine Aus¬

Ingenuité absolue!“ gloſſirte denn auch die
Gräfin mit einer Lippenbewegung, die wohl ein
Lächeln bedeuten ſollte. „L'accent passablement
pur
!“ ſetzte ſie darauf den Kopf neigend hinzu. „Die
Mutter als Fräulein viel in Dresden zu Hof. Ver¬
ſtändige Erziehung! — Wir werden franzöſiſch mit
einander reden, Eberhardine!“

„Wie Sie befehlen, gnädige Gräfin.“

„Du magſt mich Tante nennen,“ ſagte die Gräfin.

Während ich, zum Dank für dieſe Huld, ma tante
zum zweiten Male die Hand küßte, meldete der dienſt¬
thuende Heiduck: „Madame la comtesse est servie!“

„Ein zweites Couvert für meine Nichte, Jacques!“
befahl die Gräfin.

Eberhard und Adelheid, o weiſe Erziehungsau¬
guren! Ohne den ſauren Schweiß Deiner Tanzabende,
mein braver Vater, ohne Deine Sprachmühen, kluge
Mutter, würde die letzte Reckenburgerin Gott weiß in
welchem Winkel des Stammſitzes ihrer Ahnen eine
Abſpeiſung gefunden haben und wie höchlich durfte ſie
nun mit ihrem Entrée zufrieden ſein!

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[186/0193] „Ingenuité absolue!“ gloſſirte denn auch die Gräfin mit einer Lippenbewegung, die wohl ein Lächeln bedeuten ſollte. „L'accent passablement pur!“ ſetzte ſie darauf den Kopf neigend hinzu. „Die Mutter als Fräulein viel in Dresden zu Hof. Ver¬ ſtändige Erziehung! — Wir werden franzöſiſch mit einander reden, Eberhardine!“ „Wie Sie befehlen, gnädige Gräfin.“ „Du magſt mich Tante nennen,“ ſagte die Gräfin. Während ich, zum Dank für dieſe Huld, ma tante zum zweiten Male die Hand küßte, meldete der dienſt¬ thuende Heiduck: „Madame la comtesse est servie!“ „Ein zweites Couvert für meine Nichte, Jacques!“ befahl die Gräfin. Eberhard und Adelheid, o weiſe Erziehungsau¬ guren! Ohne den ſauren Schweiß Deiner Tanzabende, mein braver Vater, ohne Deine Sprachmühen, kluge Mutter, würde die letzte Reckenburgerin Gott weiß in welchem Winkel des Stammſitzes ihrer Ahnen eine Abſpeiſung gefunden haben und wie höchlich durfte ſie nun mit ihrem Entrée zufrieden ſein! So folgte ich denn um die Stunde, wo wir da¬ heim unſer Vesper zu verzehren pflegten, meiner neuen Tante zum Souper in den Speiſeſaal. Seine Aus¬

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/193>, abgerufen am 28.11.2024.