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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.

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Aber die wirkliche Dorothee, die keine Mutter
hatte und keinen Vaterschutz, die von Verführung und
Gemeinheit umgeben war, die so rathlos und hülfe¬
flehend zu mir in die Höhe blickte, unfähig Nein zu
sagen und noch unfähiger Ja: aber meine schöne,
frohlebige, arme, kleine Dorl?

Noch einmal wollte ich in ihrem Namen das
Wort ergreifen und noch einmal schnitt Siegmund
Faber mir es ab. "Ich weiß, daß ich Ungewöhnliches
verlange," fuhr er in viel sicherer Stimmung fort als
zuvor, "und ich fühle, was Sie mir entgegen halten
wollen, Fräulein Hardine. Aber trauen Sie mir nicht
zu, daß ich die Jungfrau, die ich liebe, in ihrer halt¬
losen Lage zurückzulassen, daß ich meine Braut vom
Schenktische zum Altar zu führen gewillt sein kann.
Ich gehe den Weg des Mannes, den Weg der That.
Mir wird es ein Leichtes sein, der Geliebten das Ge¬
fühl dieser Stunde treu bis zum Ziele zu bewahren.
Sie aber, Dorothee! soll ich das Opfer ihres Jugend¬
rechtes annehmen, so muß sie dem Manne ihrer Zu¬
kunft das Recht eines Versorgers auch in der Gegen¬
wart zugestehen. Gern sähe ich sie, als Schützling
einer gebildeten Familie in einer größeren Stadt ein¬
gereiht. Aber ihr Vater lebt und die Kindespflicht

Aber die wirkliche Dorothee, die keine Mutter
hatte und keinen Vaterſchutz, die von Verführung und
Gemeinheit umgeben war, die ſo rathlos und hülfe¬
flehend zu mir in die Höhe blickte, unfähig Nein zu
ſagen und noch unfähiger Ja: aber meine ſchöne,
frohlebige, arme, kleine Dorl?

Noch einmal wollte ich in ihrem Namen das
Wort ergreifen und noch einmal ſchnitt Siegmund
Faber mir es ab. „Ich weiß, daß ich Ungewöhnliches
verlange,“ fuhr er in viel ſicherer Stimmung fort als
zuvor, „und ich fühle, was Sie mir entgegen halten
wollen, Fräulein Hardine. Aber trauen Sie mir nicht
zu, daß ich die Jungfrau, die ich liebe, in ihrer halt¬
loſen Lage zurückzulaſſen, daß ich meine Braut vom
Schenktiſche zum Altar zu führen gewillt ſein kann.
Ich gehe den Weg des Mannes, den Weg der That.
Mir wird es ein Leichtes ſein, der Geliebten das Ge¬
fühl dieſer Stunde treu bis zum Ziele zu bewahren.
Sie aber, Dorothee! ſoll ich das Opfer ihres Jugend¬
rechtes annehmen, ſo muß ſie dem Manne ihrer Zu¬
kunft das Recht eines Verſorgers auch in der Gegen¬
wart zugeſtehen. Gern ſähe ich ſie, als Schützling
einer gebildeten Familie in einer größeren Stadt ein¬
gereiht. Aber ihr Vater lebt und die Kindespflicht

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[136/0143] Aber die wirkliche Dorothee, die keine Mutter hatte und keinen Vaterſchutz, die von Verführung und Gemeinheit umgeben war, die ſo rathlos und hülfe¬ flehend zu mir in die Höhe blickte, unfähig Nein zu ſagen und noch unfähiger Ja: aber meine ſchöne, frohlebige, arme, kleine Dorl? Noch einmal wollte ich in ihrem Namen das Wort ergreifen und noch einmal ſchnitt Siegmund Faber mir es ab. „Ich weiß, daß ich Ungewöhnliches verlange,“ fuhr er in viel ſicherer Stimmung fort als zuvor, „und ich fühle, was Sie mir entgegen halten wollen, Fräulein Hardine. Aber trauen Sie mir nicht zu, daß ich die Jungfrau, die ich liebe, in ihrer halt¬ loſen Lage zurückzulaſſen, daß ich meine Braut vom Schenktiſche zum Altar zu führen gewillt ſein kann. Ich gehe den Weg des Mannes, den Weg der That. Mir wird es ein Leichtes ſein, der Geliebten das Ge¬ fühl dieſer Stunde treu bis zum Ziele zu bewahren. Sie aber, Dorothee! ſoll ich das Opfer ihres Jugend¬ rechtes annehmen, ſo muß ſie dem Manne ihrer Zu¬ kunft das Recht eines Verſorgers auch in der Gegen¬ wart zugeſtehen. Gern ſähe ich ſie, als Schützling einer gebildeten Familie in einer größeren Stadt ein¬ gereiht. Aber ihr Vater lebt und die Kindespflicht

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/143>, abgerufen am 22.11.2024.