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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.

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Gesetztafeln verzeichnet steht, der Geist der Ehrfurcht,
des Rechtes und der Treue? Von beiden diesen Gei¬
stern würde ich mich willig aus dem Diesseit in das
Jenseit haben treiben lassen.

Allein man hatte mich auch noch von einem dritten
Geiste gelehrt, von einem, der jenen beiden ersten oft
schnurstracks zuwider zu treiben schien. Von dem
Geiste, der die Sorge für den anderen Tag verdammt,
der dem ehebrecherischen Weibe vergiebt und dem Be¬
leidiger die Wange reicht. Der Geist stimmte nicht
zu meinem natürlichen Willen und das siebenfache
Selig, das der Erlöser über die erneute Menschheit
ausgesprochen hatte, es war meinem Herzen ein leerer
Schall. Sollte, konnte dieser unverständliche Geist
der Geist der Kindschaft sein?

In derlei Grübeleien über den geheimnißvollen
Wahrspruch ging ich nach dem Frühgottesdienst am
Ostermorgen in unserem Garten auf und nieder. Ich
achtete nicht des goldenen Sonnenlichtes, nicht der er¬
wachenden Vogelstimmen und schwellenden Frühlings¬
blüthen; ich fühlte nicht die Auferstehungslust um mich
her. Da hörte ich hinter mir Dorotheens leichten Schritt;
ich wendete mich rasch und fragte mit Ernst, welche
Deutung sie unserem Einsegnungsspruche gegeben habe.

Geſetztafeln verzeichnet ſteht, der Geiſt der Ehrfurcht,
des Rechtes und der Treue? Von beiden dieſen Gei¬
ſtern würde ich mich willig aus dem Dieſſeit in das
Jenſeit haben treiben laſſen.

Allein man hatte mich auch noch von einem dritten
Geiſte gelehrt, von einem, der jenen beiden erſten oft
ſchnurſtracks zuwider zu treiben ſchien. Von dem
Geiſte, der die Sorge für den anderen Tag verdammt,
der dem ehebrecheriſchen Weibe vergiebt und dem Be¬
leidiger die Wange reicht. Der Geiſt ſtimmte nicht
zu meinem natürlichen Willen und das ſiebenfache
Selig, das der Erlöſer über die erneute Menſchheit
ausgeſprochen hatte, es war meinem Herzen ein leerer
Schall. Sollte, konnte dieſer unverſtändliche Geiſt
der Geiſt der Kindſchaft ſein?

In derlei Grübeleien über den geheimnißvollen
Wahrſpruch ging ich nach dem Frühgottesdienſt am
Oſtermorgen in unſerem Garten auf und nieder. Ich
achtete nicht des goldenen Sonnenlichtes, nicht der er¬
wachenden Vogelſtimmen und ſchwellenden Frühlings¬
blüthen; ich fühlte nicht die Auferſtehungsluſt um mich
her. Da hörte ich hinter mir Dorotheens leichten Schritt;
ich wendete mich raſch und fragte mit Ernſt, welche
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[109/0116] Geſetztafeln verzeichnet ſteht, der Geiſt der Ehrfurcht, des Rechtes und der Treue? Von beiden dieſen Gei¬ ſtern würde ich mich willig aus dem Dieſſeit in das Jenſeit haben treiben laſſen. Allein man hatte mich auch noch von einem dritten Geiſte gelehrt, von einem, der jenen beiden erſten oft ſchnurſtracks zuwider zu treiben ſchien. Von dem Geiſte, der die Sorge für den anderen Tag verdammt, der dem ehebrecheriſchen Weibe vergiebt und dem Be¬ leidiger die Wange reicht. Der Geiſt ſtimmte nicht zu meinem natürlichen Willen und das ſiebenfache Selig, das der Erlöſer über die erneute Menſchheit ausgeſprochen hatte, es war meinem Herzen ein leerer Schall. Sollte, konnte dieſer unverſtändliche Geiſt der Geiſt der Kindſchaft ſein? In derlei Grübeleien über den geheimnißvollen Wahrſpruch ging ich nach dem Frühgottesdienſt am Oſtermorgen in unſerem Garten auf und nieder. Ich achtete nicht des goldenen Sonnenlichtes, nicht der er¬ wachenden Vogelſtimmen und ſchwellenden Frühlings¬ blüthen; ich fühlte nicht die Auferſtehungsluſt um mich her. Da hörte ich hinter mir Dorotheens leichten Schritt; ich wendete mich raſch und fragte mit Ernſt, welche Deutung ſie unſerem Einſegnungsſpruche gegeben habe.

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/116>, abgerufen am 22.11.2024.