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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.

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ein gutes Stück Füllung in Deinem Mädchenleben;
das liebe Närrchen brannte, mir bei dieser feier¬
lichen Gelegenheit ein Opfer darzubringen. Sie
hatte von ihrer Pathin einen schweren schwarzen Stoff
als Abendmahlskleid verehrt erhalten, während für
mich nur das zurecht gestutzt worden war, das schon
der Mama bei ihrer Einsegnung gedient. Ich im ab¬
getragenen, angestückten Habit, sie nagelneu von Kopf
zu Fuß, die Kleine verging fast vor Scham bei die¬
ser Vorstellung und ruhte nicht, bis sie einen Aus¬
gleich erklügelt hatte. Schenken durfte sie mir das
werthvolle Angebinde nicht, denn wie hätte solch' ein
großes Glück sich für sie geschickt! Aber sie wollte
ihr altes, schwarzes Sergekleid anlegen, um mir rang¬
gemäß zur Seite zu stehen. Sie wollte es durchaus,
kehrte wieder und immer wieder mit ihrer demüthigen
Bitte zurück. Selbstverständlich vergebens. Ich trug
eine Perlenschnur, welche die Mutter als eignes Pa¬
thengeschenk auf mich vererbte. Aber es hätte dieses
Kleinods nicht bedurft. Eberhardine von Reckenburg
würde sich nicht beschämt gefühlt haben, auch wenn
sie selber in Zindel und Dorothee Müllerin in Bro¬
cat einhergeschritten wäre.

Das rauschende Gros de Tours störte übrigens,

ein gutes Stück Füllung in Deinem Mädchenleben;
das liebe Närrchen brannte, mir bei dieſer feier¬
lichen Gelegenheit ein Opfer darzubringen. Sie
hatte von ihrer Pathin einen ſchweren ſchwarzen Stoff
als Abendmahlskleid verehrt erhalten, während für
mich nur das zurecht geſtutzt worden war, das ſchon
der Mama bei ihrer Einſegnung gedient. Ich im ab¬
getragenen, angeſtückten Habit, ſie nagelneu von Kopf
zu Fuß, die Kleine verging faſt vor Scham bei die¬
ſer Vorſtellung und ruhte nicht, bis ſie einen Aus¬
gleich erklügelt hatte. Schenken durfte ſie mir das
werthvolle Angebinde nicht, denn wie hätte ſolch' ein
großes Glück ſich für ſie geſchickt! Aber ſie wollte
ihr altes, ſchwarzes Sergekleid anlegen, um mir rang¬
gemäß zur Seite zu ſtehen. Sie wollte es durchaus,
kehrte wieder und immer wieder mit ihrer demüthigen
Bitte zurück. Selbſtverſtändlich vergebens. Ich trug
eine Perlenſchnur, welche die Mutter als eignes Pa¬
thengeſchenk auf mich vererbte. Aber es hätte dieſes
Kleinods nicht bedurft. Eberhardine von Reckenburg
würde ſich nicht beſchämt gefühlt haben, auch wenn
ſie ſelber in Zindel und Dorothee Müllerin in Bro¬
cat einhergeſchritten wäre.

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[107/0114] ein gutes Stück Füllung in Deinem Mädchenleben; das liebe Närrchen brannte, mir bei dieſer feier¬ lichen Gelegenheit ein Opfer darzubringen. Sie hatte von ihrer Pathin einen ſchweren ſchwarzen Stoff als Abendmahlskleid verehrt erhalten, während für mich nur das zurecht geſtutzt worden war, das ſchon der Mama bei ihrer Einſegnung gedient. Ich im ab¬ getragenen, angeſtückten Habit, ſie nagelneu von Kopf zu Fuß, die Kleine verging faſt vor Scham bei die¬ ſer Vorſtellung und ruhte nicht, bis ſie einen Aus¬ gleich erklügelt hatte. Schenken durfte ſie mir das werthvolle Angebinde nicht, denn wie hätte ſolch' ein großes Glück ſich für ſie geſchickt! Aber ſie wollte ihr altes, ſchwarzes Sergekleid anlegen, um mir rang¬ gemäß zur Seite zu ſtehen. Sie wollte es durchaus, kehrte wieder und immer wieder mit ihrer demüthigen Bitte zurück. Selbſtverſtändlich vergebens. Ich trug eine Perlenſchnur, welche die Mutter als eignes Pa¬ thengeſchenk auf mich vererbte. Aber es hätte dieſes Kleinods nicht bedurft. Eberhardine von Reckenburg würde ſich nicht beſchämt gefühlt haben, auch wenn ſie ſelber in Zindel und Dorothee Müllerin in Bro¬ cat einhergeſchritten wäre. Das rauſchende Gros de Tours ſtörte übrigens,

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/114>, abgerufen am 22.11.2024.