von der Jugend im Pavillon Pfänder gespielt und ge¬ legentlich getanzt.
Dahingegen saßen wir in der Dämmerstunde aller übrigen Tage nicht abgesondert in unseren Gärten hinter dem Haus, sondern nachbarlich bei einander auf der Bank vor der Straßenthür. Die Männer, bür¬ gerlich und adlig, Militair und Civil spazierten schmau¬ chend auf und nieder, die Frauen plauderten hinüber und herüber, riefen die Vorübergehenden an, rückten zusammen, prüften ihr gegenseitiges Gespinnst und ließen Eine die Andere von ihrem Abendbrod kosten, wobei denn nicht verhehlt werden soll, daß wir und unseres Gleichen die saftigeren Bissen gekostet haben mögen. Auch gab es keine Schlachtschüssel, kein Fest¬ gebäck, keine Wein- und Obsternte bei dem Nachbar Kellermeister hüben und dem Nachbar Tuchmacher drüben, daß die gnädige Frau Rittmeisterin nicht ho¬ noris causa ein Pröbchen zum Schmecken erhalten hätte. Die gnädige Frau Rittmeisterin bedankte sich durch einen schönen Empfehl, rühmte auch gelegentlich die wohlschmeckende Darbietung, daß sie dieselbe aber von ihrer eignen Schlachtschüssel, oder von ihrem eignen Christwecken erwidert hätte, wüßte ich nicht zu berichten.
Unter derlei Anschauungen war ich in die Jahre
von der Jugend im Pavillon Pfänder geſpielt und ge¬ legentlich getanzt.
Dahingegen ſaßen wir in der Dämmerſtunde aller übrigen Tage nicht abgeſondert in unſeren Gärten hinter dem Haus, ſondern nachbarlich bei einander auf der Bank vor der Straßenthür. Die Männer, bür¬ gerlich und adlig, Militair und Civil ſpazierten ſchmau¬ chend auf und nieder, die Frauen plauderten hinüber und herüber, riefen die Vorübergehenden an, rückten zuſammen, prüften ihr gegenſeitiges Geſpinnſt und ließen Eine die Andere von ihrem Abendbrod koſten, wobei denn nicht verhehlt werden ſoll, daß wir und unſeres Gleichen die ſaftigeren Biſſen gekoſtet haben mögen. Auch gab es keine Schlachtſchüſſel, kein Feſt¬ gebäck, keine Wein- und Obſternte bei dem Nachbar Kellermeiſter hüben und dem Nachbar Tuchmacher drüben, daß die gnädige Frau Rittmeiſterin nicht ho¬ noris causa ein Pröbchen zum Schmecken erhalten hätte. Die gnädige Frau Rittmeiſterin bedankte ſich durch einen ſchönen Empfehl, rühmte auch gelegentlich die wohlſchmeckende Darbietung, daß ſie dieſelbe aber von ihrer eignen Schlachtſchüſſel, oder von ihrem eignen Chriſtwecken erwidert hätte, wüßte ich nicht zu berichten.
Unter derlei Anſchauungen war ich in die Jahre
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0101"n="94"/>
von der Jugend im Pavillon Pfänder geſpielt und ge¬<lb/>
legentlich getanzt.</p><lb/><p>Dahingegen ſaßen wir in der Dämmerſtunde<lb/>
aller übrigen Tage nicht abgeſondert in unſeren Gärten<lb/>
hinter dem Haus, ſondern nachbarlich bei einander auf<lb/>
der Bank vor der Straßenthür. Die Männer, bür¬<lb/>
gerlich und adlig, Militair und Civil ſpazierten ſchmau¬<lb/>
chend auf und nieder, die Frauen plauderten hinüber<lb/>
und herüber, riefen die Vorübergehenden an, rückten<lb/>
zuſammen, prüften ihr gegenſeitiges Geſpinnſt und<lb/>
ließen Eine die Andere von ihrem Abendbrod koſten,<lb/>
wobei denn nicht verhehlt werden ſoll, daß wir und<lb/>
unſeres Gleichen die ſaftigeren Biſſen gekoſtet haben<lb/>
mögen. Auch gab es keine Schlachtſchüſſel, kein Feſt¬<lb/>
gebäck, keine Wein- und Obſternte bei dem Nachbar<lb/>
Kellermeiſter hüben und dem Nachbar Tuchmacher<lb/>
drüben, daß die gnädige Frau Rittmeiſterin nicht <hirendition="#aq">ho¬<lb/>
noris causa</hi> ein Pröbchen zum Schmecken erhalten<lb/>
hätte. Die gnädige Frau Rittmeiſterin bedankte ſich<lb/>
durch einen ſchönen Empfehl, rühmte auch gelegentlich<lb/>
die wohlſchmeckende Darbietung, daß ſie dieſelbe aber<lb/>
von ihrer eignen Schlachtſchüſſel, oder von ihrem eignen<lb/>
Chriſtwecken erwidert hätte, wüßte ich nicht zu berichten.</p><lb/><p>Unter derlei Anſchauungen war ich in die Jahre<lb/></p></div></body></text></TEI>
[94/0101]
von der Jugend im Pavillon Pfänder geſpielt und ge¬
legentlich getanzt.
Dahingegen ſaßen wir in der Dämmerſtunde
aller übrigen Tage nicht abgeſondert in unſeren Gärten
hinter dem Haus, ſondern nachbarlich bei einander auf
der Bank vor der Straßenthür. Die Männer, bür¬
gerlich und adlig, Militair und Civil ſpazierten ſchmau¬
chend auf und nieder, die Frauen plauderten hinüber
und herüber, riefen die Vorübergehenden an, rückten
zuſammen, prüften ihr gegenſeitiges Geſpinnſt und
ließen Eine die Andere von ihrem Abendbrod koſten,
wobei denn nicht verhehlt werden ſoll, daß wir und
unſeres Gleichen die ſaftigeren Biſſen gekoſtet haben
mögen. Auch gab es keine Schlachtſchüſſel, kein Feſt¬
gebäck, keine Wein- und Obſternte bei dem Nachbar
Kellermeiſter hüben und dem Nachbar Tuchmacher
drüben, daß die gnädige Frau Rittmeiſterin nicht ho¬
noris causa ein Pröbchen zum Schmecken erhalten
hätte. Die gnädige Frau Rittmeiſterin bedankte ſich
durch einen ſchönen Empfehl, rühmte auch gelegentlich
die wohlſchmeckende Darbietung, daß ſie dieſelbe aber
von ihrer eignen Schlachtſchüſſel, oder von ihrem eignen
Chriſtwecken erwidert hätte, wüßte ich nicht zu berichten.
Unter derlei Anſchauungen war ich in die Jahre
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/101>, abgerufen am 31.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.