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Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

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Von der Sonnen.
Linsen entstehende Refraction/ erweitert/ und dergestalt rarefacirt oder
verseltenet/ daß man sie nicht so leicht deutlich erkennen mag/ sondern die
Augen sehr damit bemühen muß.

Daß aber mehr gedachte Sonnen- und Lichts-Farben eben so we-
nig unsrem Auge können zugeschrieben werden; davon hat man/ über
vorgegebene/ auch noch andre Anzeigungen. Denn/ erstlich/ wofern
die Augen solche Farben uns fürmahleten: würde solches eben so wol auch
erscheinen/ wenn man das Rohr/ mitten in die Sonne/ richtet/ und die
Rände derselben gar nicht berührt: welches doch aber nicht geschicht.

Zweytens; würde es gleichfalls sich zu sehen geben/ wenn man den
Tubum, an den Mond/ richtete: welches doch der Author (Scheinerus)
nicht spühren können.

Drittens; weil/ wenn die Sonne/ bey dem Horizont/ und sich in
eine elliptische Figur gibt/ diese Erscheinung gleichfalls sich verschmählert/
und enger zusammen zeucht. Welches nicht seyn könnte/ wenn nur
solche Figur/ in dem Auge deß Anschauers/ bestünde: denn die Figur deß
Auges/ und die Krystalline Feuchtigkeit/ ziehen sich alsdenn nicht zusam-
men.

Vierdtens; Weil der gleichen sich/ an der Sonnen Gestalt/ eräug-
net/ und praesentirt/ wenn man sie auch nur/ durch ein blosses Loch/ auf
das Papier/ fallen läst. Geschicht nun alsdenn alles/ von Natur/ und
nichts durch eine Täuschung der Augen: so erscheinet je daraus klärlich/
daß es kein Betrug der Augen sey.

Aus diesem Experiment kan man zweyerley gantz unfehlbar schlies-
sen/ vermittelst unmittelbarer Anschauung der Sonnen: für eines/ daß dieDas Mittel
theil der
Sonnen ist
am hellsten

Sonne in dem tieffen Theilen/ gegen dem Mittelpunct zu/ heller sey/
weder an denen Theilen/ die nicht weit von ihrem Rande. Denn wäre
sie/ an solcher Rand-Gegend/ eben so hell/ gleichwie in der Mitte;
würde sie zweifels-frey daselbst dem Auge auch eben so hell fürkom-
men: nun findet sie aber das Auge daselbst nicht so blanck/ klar/ und hell-
gläntzend: also muß das Mittel der Sonnen nothwendig/ die Theile
beym Rande/ mit hellem Glantze/ übertreffen.

Das andre Experiment so man daraus hat/ ist dieses/ daß die SonnenDie Rand-
Farbe der
Sonnen ist
rötlich.

theile so dem Umstriche benachbart seynd/ in einer solchen Farbe sich zeigen/
wie wir am Feuer sehen; nemlich/ in einer rötlichen/ und schwartz-tuncklen.
Und diß wird/ auf gleiche Art/ bewiefen. Denn wenn solche Farbe nicht wür-
cklich/ an der Sonnen/ auf bemeldte Weise/ sich befünde; würde sie dem Ge-
sichte/ durchs Fernglas/ nicht also fürgestellet werden: denn die Sonne könnte

dem
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Von der Sonnen.
Linſen entſtehende Refraction/ erweitert/ und dergeſtalt rarefacirt oder
verſeltenet/ daß man ſie nicht ſo leicht deutlich erkennen mag/ ſondern die
Augen ſehr damit bemuͤhen muß.

Daß aber mehr gedachte Sonnen- und Lichts-Farben eben ſo we-
nig unſrem Auge koͤnnen zugeſchrieben werden; davon hat man/ uͤber
vorgegebene/ auch noch andre Anzeigungen. Denn/ erſtlich/ wofern
die Augen ſolche Farben uns fuͤrmahleten: wuͤrde ſolches eben ſo wol auch
erſcheinen/ wenn man das Rohr/ mitten in die Sonne/ richtet/ und die
Raͤnde derſelben gar nicht beruͤhrt: welches doch aber nicht geſchicht.

Zweytens; wuͤrde es gleichfalls ſich zu ſehen geben/ wenn man den
Tubum, an den Mond/ richtete: welches doch der Author (Scheinerus)
nicht ſpuͤhren koͤnnen.

Drittens; weil/ wenn die Sonne/ bey dem Horizont/ und ſich in
eine elliptiſche Figur gibt/ dieſe Erſcheinung gleichfalls ſich verſchmaͤhlert/
und enger zuſammen zeucht. Welches nicht ſeyn koͤnnte/ wenn nur
ſolche Figur/ in dem Auge deß Anſchauers/ beſtuͤnde: denn die Figur deß
Auges/ und die Kryſtalline Feuchtigkeit/ ziehen ſich alsdenn nicht zuſam-
men.

Vierdtens; Weil der gleichen ſich/ an der Sonnen Geſtalt/ eraͤug-
net/ und præſentirt/ wenn man ſie auch nur/ durch ein bloſſes Loch/ auf
das Papier/ fallen laͤſt. Geſchicht nun alsdenn alles/ von Natur/ und
nichts durch eine Taͤuſchung der Augen: ſo erſcheinet je daraus klaͤrlich/
daß es kein Betrug der Augen ſey.

Aus dieſem Experiment kan man zweyerley gantz unfehlbar ſchlieſ-
ſen/ vermittelſt unmittelbarer Anſchauung der Sonnen: für eines/ daß dieDas Mittel
theil der
Sonnen iſt
am hellſten

Sonne in dem tieffen Theilen/ gegen dem Mittelpunct zu/ heller ſey/
weder an denen Theilen/ die nicht weit von ihrem Rande. Denn waͤre
ſie/ an ſolcher Rand-Gegend/ eben ſo hell/ gleichwie in der Mitte;
wuͤrde ſie zweifels-frey daſelbſt dem Auge auch eben ſo hell fuͤrkom-
men: nun findet ſie aber das Auge daſelbſt nicht ſo blanck/ klar/ und hell-
glaͤntzend: alſo muß das Mittel der Sonnen nothwendig/ die Theile
beym Rande/ mit hellem Glantze/ uͤbertreffen.

Das andre Experiment ſo man daraus hat/ iſt dieſes/ daß die SonnenDie Rand-
Farbe der
Sonnen iſt
roͤtlich.

theile ſo dem Umſtriche benachbart ſeynd/ in einer ſolchen Farbe ſich zeigen/
wie wir am Feuer ſehen; nemlich/ in einer roͤtlichen/ und ſchwartz-tuncklen.
Und diß wird/ auf gleiche Art/ bewiefen. Deñ wenn ſolche Farbe nicht wuͤꝛ-
cklich/ an der Sonnen/ auf bemeldte Weiſe/ ſich befuͤnde; wuͤrde ſie dem Ge-
ſichte/ durchs Fernglas/ nicht alſo fuͤrgeſtellet werdẽ: denn die Sonne koͤñte

dem
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[681/0727] Von der Sonnen. Linſen entſtehende Refraction/ erweitert/ und dergeſtalt rarefacirt oder verſeltenet/ daß man ſie nicht ſo leicht deutlich erkennen mag/ ſondern die Augen ſehr damit bemuͤhen muß. Daß aber mehr gedachte Sonnen- und Lichts-Farben eben ſo we- nig unſrem Auge koͤnnen zugeſchrieben werden; davon hat man/ uͤber vorgegebene/ auch noch andre Anzeigungen. Denn/ erſtlich/ wofern die Augen ſolche Farben uns fuͤrmahleten: wuͤrde ſolches eben ſo wol auch erſcheinen/ wenn man das Rohr/ mitten in die Sonne/ richtet/ und die Raͤnde derſelben gar nicht beruͤhrt: welches doch aber nicht geſchicht. Zweytens; wuͤrde es gleichfalls ſich zu ſehen geben/ wenn man den Tubum, an den Mond/ richtete: welches doch der Author (Scheinerus) nicht ſpuͤhren koͤnnen. Drittens; weil/ wenn die Sonne/ bey dem Horizont/ und ſich in eine elliptiſche Figur gibt/ dieſe Erſcheinung gleichfalls ſich verſchmaͤhlert/ und enger zuſammen zeucht. Welches nicht ſeyn koͤnnte/ wenn nur ſolche Figur/ in dem Auge deß Anſchauers/ beſtuͤnde: denn die Figur deß Auges/ und die Kryſtalline Feuchtigkeit/ ziehen ſich alsdenn nicht zuſam- men. Vierdtens; Weil der gleichen ſich/ an der Sonnen Geſtalt/ eraͤug- net/ und præſentirt/ wenn man ſie auch nur/ durch ein bloſſes Loch/ auf das Papier/ fallen laͤſt. Geſchicht nun alsdenn alles/ von Natur/ und nichts durch eine Taͤuſchung der Augen: ſo erſcheinet je daraus klaͤrlich/ daß es kein Betrug der Augen ſey. Aus dieſem Experiment kan man zweyerley gantz unfehlbar ſchlieſ- ſen/ vermittelſt unmittelbarer Anſchauung der Sonnen: für eines/ daß die Sonne in dem tieffen Theilen/ gegen dem Mittelpunct zu/ heller ſey/ weder an denen Theilen/ die nicht weit von ihrem Rande. Denn waͤre ſie/ an ſolcher Rand-Gegend/ eben ſo hell/ gleichwie in der Mitte; wuͤrde ſie zweifels-frey daſelbſt dem Auge auch eben ſo hell fuͤrkom- men: nun findet ſie aber das Auge daſelbſt nicht ſo blanck/ klar/ und hell- glaͤntzend: alſo muß das Mittel der Sonnen nothwendig/ die Theile beym Rande/ mit hellem Glantze/ uͤbertreffen. Das Mittel theil der Sonnen iſt am hellſten Das andre Experiment ſo man daraus hat/ iſt dieſes/ daß die Sonnen theile ſo dem Umſtriche benachbart ſeynd/ in einer ſolchen Farbe ſich zeigen/ wie wir am Feuer ſehen; nemlich/ in einer roͤtlichen/ und ſchwartz-tuncklen. Und diß wird/ auf gleiche Art/ bewiefen. Deñ wenn ſolche Farbe nicht wuͤꝛ- cklich/ an der Sonnen/ auf bemeldte Weiſe/ ſich befuͤnde; wuͤrde ſie dem Ge- ſichte/ durchs Fernglas/ nicht alſo fuͤrgeſtellet werdẽ: denn die Sonne koͤñte dem Die Rand- Farbe der Sonnen iſt roͤtlich. R r r r

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 681. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/727>, abgerufen am 13.06.2024.